Frage an Till Backhaus bezüglich Umwelt

Dr. Till Backhaus
Till Backhaus
SPD
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Frage von Birgitt T. •

Frage an Till Backhaus von Birgitt T. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Backhaus,

ich bin für erneuerbare Energien. Aber zuerst muss doch wohl Energie gespart werden. Oder?
In den letzten Jahren wurden wir aber immer mehr mit "Biogas" - Anlagen "zu gepflastert".
Da gibt es doch einige Fragen:
Wie werden bei der Genehmigung dieser Anlagen die Gesamt-Energie-Bilanzen berechnet? Oder werden etwa gar keine derartigen Bilanzen erstellt?
Welche gesamten Umweltpolitischen Aspekte (Folgeschäden für Flora, Fauna, Böden, erhöhte Pilzbefälle an Bäumen, Entstehung von EHEC und Co., Veränderung des Mikroklimas etc.) werden grundsätzlich in Betrachtung gezogen, vor Genehmigung der Anlagen?
Wer kommt für die Folgeschäden auf?

Die "Biogasanlage" in Kobande vergast Abfälle aus der Fische- und Fleischverarbeitung. Diese werden sogar aus Holland und Dänemark abgeholt. Gesamtenergie - Bilanz? Es ist davon aus zu gehen, dass bei der Vergasung in dieser Anlage durchaus auch hochtoxische Reststoffe, wie Butolinumtoxin anfallen.
Welche und wieviel unangemeldete Kontrollen werden durch die staatlichen Aufsichtsbehörden durchgeführt?
Ist den Behörden bekannt, wo die Reststoffe aus dieser Anlage bleiben? Und werden diese unangemeldet kontrolliert?
Wer muss für evtl. Folgekosten aufkommen, wenn der Betrieber Insolvenz anmeldet?

Warum werden unsere Äcker, Wälder und Wiesen immer weiter "privatisiert" und den meist von auswärts kommenden sog. Investoren in den Rachen geschmissen?
Privatisierung ist in der wörtlichen Übersetzung Raub und Diebstahl! (privare = rauben, stehlen!)
Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass uns nicht noch mehr Land gestohlen wird und wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass wir unser bereits enteignetes Land wieder zurück bekommen?
Es gibt übrigens einen Erlass aus Kaiserszeiten, der grundsätzlich den Verkauf von Gemeindeland verbietet!
Ich erwarte von unseren Politikern, dass sie sich grundsätzlich gegen jede Privatisierung öffentlichen Eigentums der Daseinsvorsorge wehren.

Mit freundlichen Grüßen
B. Thieß

Dr. Till Backhaus
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Thieß,

ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass Biogasanlagen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der umwelt-, energie- und agrarpolitischen Ziele der Europäischen Union, des Bundes und des Landes leisten können. Aber natürlich habe ich auch Verständnis für Ihre Sorge über mögliche Auswirkungen der dynamischen Entwicklung von Biogasanlagen auf die Landwirtschaft, Umwelt und Lebensverhältnisse im ländlichen Raum. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass die stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse ein Potenzial hat, das genutzt werden sollte, ohne die Nahrungs- und Futtermittelproduktion zu gefährden. Die in Mecklenburg-Vorpommern derzeit genutzte Ackerfläche zur Erzeugung von Mais für Biogasanlagen ist weit von einer kritischen Grenze entfernt. Die Folgen regionaler Konzentrationen sind mir jedoch bewusst.

Die Bundesregierung hat dieses Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) novelliert. Im Ergebnis wurde die EEG-Vergütung im Bereich Biomasse überprüft und vereinfacht sowie das Einsatzspektrum an Biomasse vergrößert und die bisherige Vorzüglichkeit für nachwachsende Rohstoffe kritisch diskutiert. Die Notwendigkeit, Biogasanlagen auch künftig wirtschaftlich betreiben zu können, ist für mich allerdings unstrittig. Ziel muss es sein, ein Nebeneinander der Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion und der Biomasseerzeugung vor dem Hintergrund einer gesicherten Versorgung der Bevölkerung mit beiden Produkten zu gewährleisten. Dabei müssen die Erfordernisse des Klima-, Natur- und Ressourcenschutzes einschließlich einer nachhaltigen Flächennutzung eingehalten und auch weltweit wirkende soziale Aspekte berücksichtigt werden.

Erneuerbare Energiequellen sind Energiequellen in der Fläche. Sie bieten Chancen in den Regionen und wirtschaftliche Potenziale für Gemeinden, Bürger und heimische Unternehmen. Ich bin der Auffassung, dass Erneuerbare Energien in diesem Dreiklang zu verstehen und weiter zu entwickeln sind, um künftig stärker Bestandteil einer dezentralen Energieversorgung werden zu können.

Ab einer bestimmten Größenordnung bedürfen Biogasanlagen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die hierfür zuständige oberste Landesbehörde ist das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern. Neben einem geeigneten Standort werden hierbei Aspekte des Lärm- und Geruchsschutzes, der Versorgung, der Sicherheit, des Naturschutz- und Umweltrechts sowie der ordnungsgemäßen Verwendung der Gärreste berücksichtigt. Ein derartiges Verfahren hat auch die Biogasanlage in Kobande durchlaufen. Ökobilanzen und Energiebilanzen für den Betrieb von Biogasanlagen sind von einschlägigen wissenschaftlichen Einrichtungen erarbeitet worden. Unter Umständen können Ergebnisse hieraus Bestandteil gesetzlicher Vorgaben werden. Die Entscheidung, wie ein wirtschaftlicher Betrieb der Biogasanlage unter Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben zu realisieren ist, obliegt der Betreiberin bzw. dem Betreiber.

Was ihre Frage zur Privatisierung betrifft, kann ich Ihnen sagen, dass landwirtschaftliche Flächen, die sich im Landebesitz befinden, nicht verkauft werden. Sie werden verpachtet. Anders sieht es mit den Flächen aus, die sich im Besitz des Bundes bzw. der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH befinden. Die Bundesregierung hat einen Privatisierungsauftrag erteilt. Ich habe mich mehrfach gegen eine Privatisierung gewandt. Ich habe beim Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Einspruch erhoben. Ich habe mich an die Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt und einen Privatisierungsstopp gefordert. Ich habe zudem vorgeschlagen, dass der Bund seine Flächen in Mecklenburg-Vorpommern kostenlos auf das Land überträgt, damit wir diese an die hier wirtschaftenden Landwirte verpachten können. Auch damit hatte ich keinen Erfolg. Bekanntlich wird die Bundesregierung von der CDU geführt. Auch im zuständigen Bundesfinanzministerium hat ein CDU-Politiker das Sagen. Ihren Unmut, was die Privatisierung landwirtschaftlicher Flächen betrifft, kann ich gut verstehen. Sie sollten sich damit aber an jene wenden, die das zu verantworten haben - an die CDU-Politiker!

Mit freundlichen Grüßen

Till Backhaus

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