Frage an Ulrich Gödde bezüglich Soziale Sicherung

Ulrich Gödde
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Frage von Jürgen E. •

Frage an Ulrich Gödde von Jürgen E. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gödde,

aus eigener Erfahrung erlebe ich, wie in Krankenhäusern / Pflege-Einrichtungen immer mehr Beschäftigte zu miesen Konditionen eingestellt werden. Erstens wird überwiegend befristet eingestellt und dann zunehmend der Status „Leiharbeitnehmer“ gewählt, so dass diese Arbeitnehmer weder langfristig planen können noch durch ( im Vergleich zu „Alteingesessenen“ dieser Betriebe ) um 10 – 30 % abgesenkte Entlohnung auch mittelfristig wirklich davon leben könnten.
Demgegenüber steht die seit knapp 15 Jahren „gedeckelte“ Einnahme-Situation der Krankenhäuser, welche immer wieder als Argument bemüht wurde, Personalstellen einsparen zu müssen. Diese „Deckel-Situation“ ist sicherlich ein immenses Hindernis dabei, dass neue ( also früher vorhandene und zwischenzeitlich abgebaute !! ) Personalstellen wieder eingerichtet werden können.
Ich sehe dringenden Handlungsbedarf, um die Versorgungsqualität wenigstens einigermaßen den zu Recht bestehenden Erwartungen der sich Anvertrauenden gerecht werden lassen zu können. Die wenigen verbliebenen Personalstellen immer wieder mit „modernen Sklaven“ zu besetzen sehe ich als Unverschämtheit den Schutzbefohlenen gegenüber sowie als ruinöser Umgang mit der Stamm-Belegschaft.
Einerseits wird bei zu geringer Entlohnung die gleiche Qualifikation + Leistungsbereitschaft der Leiharbeitnehmer erwartet; nicht erwartet wird dagegen die (ja wohl verständliche) ständige Fluktuation hin zu moralisch-pekuniär anständigeren Arbeitgebern.
Andererseits muss die Stamm-Belegschaft immer wieder neue KollegInnen anlernen, ist aber auch gleichzeitig permanent unterbesetzt.
Am Ende dieser logischen Kette steht oder liegt der Patient und wartet vergebens auf Hilfe…

Wie stehen Sie zu dem Thema Leiharbeit im Gesundheitswesen?
Wie stellen Sie sich vor, dass der Anspruch der Bevölkerung auf am eigenen Leib spürbar hohe Versorgungs-Qualität im Pflege- oder Krankheitsfall tatsächlich eingelöst werden kann?
Besten Dank für Ihre Antwort

Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Eberlin,

Ihre einleitenden Sätze, in denen Sie die derzeitige Situation an vielen Krankenhäusern beschreiben, kann ich inhaltlich voll und ganz unterschreiben und festhalten, dass Ihre Sorge um die Qualität der Pflege in unseren Krankenhäusern auf der einen Seite und die Lebenssituation der dort Beschäftigten auf der anderen mehr als berechtigt ist.

Demzufolge kann ich Ihre erste Frage ganz kurz beantworten: Leiharbeit hat nach meiner Überzeugung im Gesundheitswesen nichts verloren, soweit sie lediglich der Kostendämpfung dienen soll. Lediglich in Situationen, wo kurzfristig Arbeitsspitzen aufgefangen werden müssen, kann ausnahmsweise etwas andres gelten. Die Regel muss ohne wenn und aber sein, dass im Gesundheitswesen nicht Leiharbeit, sondern "ordentliche" Arbeitsverhältnisse der Standart sind.

Eine Beantwortung Ihrer zweiten Frage sprengt fast den Rahmen dieses Forums. Die Finanzierung unseres Gesundheitssystems ist heute derart komplex, dass sicher nur die wenigsten in der Lage sind, die Strukturen nachzuvollziehen. Und ich maße mir momentan nicht einmal an, zu diesen wenigen zu gehören.

Nach meinemn Eindruck leidet unser Gesundheitssystem an Faktoren, die ihrem Charakter nach planwirtschaftliche Züge haben. Ich halte es für vermessen, den Bedarf an ärztlicher Leistung und die dadurch entstehenden Kosten im Voraus zu planen und festzulegen und zu deckeln, wie dies derzeit der Fall ist und durch den Gesundheitsfonds noch verstärkt wird, mit der Folge, dass eine Überschreitung von festgelegten Budgets durch einen erhöhten Leistungsbedarf zu Nachteilen bei Ärzten und Krankenhäusern führt.

Auf der anderen Seite muss uns bewusst sein, dass eine gute medizinische Versorgung ihren Preis hat und jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Ich plädiere daher dafür, einen Leistungskatalog für eine gute und medizinisch erforderliche Versorung festzulegen. Die im System vorhanden Geldmittel sind -dies ergeben Untersuchungen- ausreichend, diese Versorung sicherzustellen und angemessen zu vergüten. Allerdings wird unser Gesundheitssystem sicher immer weniger in der Lage sein, alles das zu bezahlen, was medizinisch nicht erforderlich ist, sondern vielleicht wünschenswert. Diese Leistungen erfordern entweder einen zusätzlichen finanziellen Beitrag des Patienten. Das hat nichts mit "Zwei-Klassen-Medizin" zu tun. Es ist doch in allen Bereichen des Lebens so, dass umfangreichere Leistungen ihren Preis haben.

Um eins aber ganz deutlich zu machen: Überlegungen, wie man sie gelegentlich hört, bestimmte medizinische Leistungen an eine Altersgrenze des Patienten zu knüpfen, halte ich für zynisch und verfehlt.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Gödde
Landtagskandidat
Freie Wähler