Frage an Ulrich Kelber bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ulrich Kelber
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Frage von Hartmut M. •

Frage an Ulrich Kelber von Hartmut M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kelber,

ich danke Ihnen für Ihre Antwort vom 16.01.2017 . Ich finde diese aber sehr ausweichend, nicht nur bezüglich der Frage nach der Zahl der Muslimen in Deutschland. Daher ist eine Nachfrage nötig.

Ich übersenden Ihnen diesen Link, da sehen Sie, dass sehr viel bei Facebook gelöscht, gesperrt wird usw.: http://www.sueddeutsche.de/digital/zensur-in-sozialen-medien-wie-facebook-menschen-zum-schweigen-bringt-1.3130204

Finden Sie das richtig? Mein Eindruck ist der, dass das erst seitdem so ist, seit die Politik Druck auf Facebook ausübt. Ich musste übrigens eine Ausweiskopie einreichen. Man kann also einfach nachverfolgen, wer was schreibt, wenn das bei allen so ist.

Sie verweisen auf das nicht-virtuelle Leben. Wer zensiert Diskutanten im TV wenn sie die Unwahrheit sagen?
Ist es nicht so, dass selbst Straßenbahn-Kontrolleure eine gewisse Schulung brauchen? Verträgt sich Willkür mit Meinungsfreiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Ist es nicht so, dass die Politik vor den neuen Medien Angst hat und so den Wahlkampf davor befreien möchte?
Ist es Ihrer Meinung nach richtig, dass nicht verfassungswidrige oder strafbare Inhalte gelöscht werden?
Das hat aus meiner Sicht weniger etwas mit einer "einsamen Insel" sondern mit unserer demokratischen Grundordnung zu tun. Sie selbst schreiben ja, dass es jede Menge Extremismus auf Facebook gibt, warum sorgt sich die Politik nicht nur um diese Inhalte und schafft ein nachvollziehbares, belegbares Kontrollsystem statt Willkür( siehe Link)? Ein Beispiel. Ich darf laut GG fordern, dass die Masseneinwanderung nach Deutschland unterbunden wird. Warum muss ich mich deshalb als ehem. SPD-Mitglied als "Nazi" diffamieren lassen?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Mayer

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Sehr geehrter Herr Mayer,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ja, da habe ich Sie bei der Frage nach der Zahl der Muslime in Deutschland tatsächlich missverstanden, ich hatte dies als Teil Ihrer Frage/Ihres Kommentars zu Frau Kähage verstanden. Aber ich beantworte Ihnen die Frage natürlich gern. In Deutschland leben derzeit zwischen 4,5 und 4,7 Mio. Muslime, das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 5,4 bis 5,7 Prozent. Durch die hohe Zuwanderung in den letzten Jahren ist die muslimische Bevölkerungsgruppe in Deutschland um rund 1,2 Millionen Menschen angewachsen. 2011 stammten 67,5 % der Muslime aus der Türkei, ihr Anteil ist auf 50,6 % gesunken. So stammt mittlerweile fast jede/r zweite Muslim/Muslimin aus einem anderen Land. Muslime aus dem Nahen Osten haben sich mit einem Anteil von 17,1 % zur zweitgrößten Herkunftsgruppe entwickelt. Neuzugewanderte kommen vor allem aus bislang in Deutschland wenig vertretenen Herkunftsregionen wie dem Nahen Osten und Süd-/Südostasien.

Was die Löschpolitik von Facebook angeht, so ist das weiterhin eine großes Buch mit sieben Siegeln. Das hat sich bei mir auch nach zahlreichen Gesprächen mit Facebook-Vertretern nicht geändert. Da werden Bilder und Beiträge gelöscht, die schlicht historische Wahrheit sind (ich denke da z.B. an das Bild des kleinen vietnamesichen Mädchens, das nackt vor Napalm-Bomben davonrennt), während Aufrufe zu Mord und Totschlag als "freie Meinungsäußerung" gewertet werden. Das hat auch nichts mit dem vermeintlichen Druck der Politik auf Facebook zu tun, sondern ist deren Verständnis, dass ich jedenfalls an ganz vielen Stellen nicht teile. "Druck" übt die Politik vor allem an einer Stelle auf Facebook aus und das sind, wie ich Ihnen schon geantwortet habe, alle Beiträge, die Straftatbestände darstellen. Diese sollten gelöscht werden und Facebook sollte die Nutzerdaten den Strafverfolgungsbehörden immer (und nicht nach eigenem Gutdünken) zur Verfügung stellen.

Natürlich dürfen Sie fordern, dass "die Masseneinwanderung nach Deutschland unterbunden wird" und wer Sie dafür als "Nazi" beschimpft hat die Grundregeln für Diskussion, für freie Meinungsäußerung und für Streitkultur nicht verstanden. Wenn jemand diese Meinung aber etwa mit den Worten "alle an den Grenzen erschießen oder im Mittelmeer absaufen lassen" kundtut, dann ist die Bezeichnung "Nazi" sicher schon angebrachter. Überraschender finde ich bei solchen "Diskussionen" eher (und damit meine ich jetzt nicht Sie), dass dieselben Menschen, die sich als "Nazi" verunglimpft fühlen, wenn Sie so etwas von sich geben, überhaupt kein Problem damit haben Politiker als " schwarz-rot-dunkelrot-grüne Volksverräter" oder "rot-grün-versifftes gehirnamputiertes Schweinepack" zu bezeichnen, um nur mal zwei O-Töne aus Emails dieser Woche wiederzugeben.

Im Kern geht es doch darum, dass wir alle die Grundregeln, die Netiquette im Internet einhalten und dabei muss Facebook genauso helfen und notfalls auch löschen, wie es fast alle deutschen Medien in ihren Diskussionsforen und auf den Kommentarseiten halten: wer sich nicht daran hält, wird gelöscht.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber