Frage an Volker Wissing von Gerold K. bezüglich Finanzen
Lieber Volker,
achtzehn Monate nachdem dem deutschen Steuerzahler hunderte Milliarden für die Rettung maroder Banken abverlangt wurden, ist die Finanzkrise in den Staatshaushalten angekommen. Von der vielbeschworenen Reform der Finanzmärkte ist nichts zu erkennen und 2010 dürfte eine der größten Bonus-Partys aller Zeiten stattfinden.
Als erstes Euroland steht nun Griechenland vor der Pleite. Wem ist nun damit geholfen, wenn wir dem schlechten Geld gutes Geld hinterherwerfen und unter Bruch des entsprechenden Vertragstextes (Artikel 125, EU-Verträge, http://dejure.org/gesetze/AEUV/125.html ) Griechenland direkt unterstützen?
Bisher sind die deutschen Banken mit etwa der gleichen Summe engagiert, die nun seitens Deutschland gezahlt werden soll. Man kann diese Banken im Zuge einer Umschuldung Griechenlands gegebenenfalls direkt stützen und damit würde klar angezeigt, dass wir kein Fass ohne Boden aufmachen.
Wenn wir aber jetzt zahlen, dann gibt es keinen Grund, warum wir nicht auch für Portugal, Spanien und Italien zahlen sollen. Auf dieses Signal warten die Großbanken um die Plünderung öffentlicher Haushalte fortsetzen zu können.
Ich würde erwarten, dass Du die Dramarturgie dieses Spiels durchschaust und Dir zu schade bist dabei mitzuspielen.
Herzliche Grüße aus Landau
Gerold Keefer
Sehr geehrter Herr Keefer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 4. Mai 2010.
Bei der Rettung Griechenlands ging es nicht nur darum dem Land zu helfen, sondern den Währungsraum insgesamt zu stabilisieren. Dieses ist nur sehr bedingt gelungen, wie das notwendig gewordene zweite Stabilisierungspaket verdeutlicht. Wenn wir den schwächeren Euroländern helfen, dann geschieht das nicht nur aus europäischer Solidarität und Verantwortung heraus, sondern auch weil eine Krise des Euros bzw. der Europäischen Union automatisch eine Krise Deutschlands ist. Es wäre leichtfertig zu glauben, dass man einzelne Mitgliedsländer der Eurozone in die Insolvenz gleiten lassen könnte, ohne dass diese Auswirkungen auf unser Land hätten. In dem Moment, in dem Griechenland in die Insolvenz geht und seine Schulden nicht mehr bedient, werden die Märkte automatisch andere Länder und in der Folge auch Deutschland antesten. Nun ist die Bonität Deutschlands mit Sicherheit eine andere als die Griechenlands, aber auch Deutschland hat keinen ausgeglichenen Haushalt und ist damit von den Kapitalmärkten abhängig. Würden die Märkte Deutschland dieses Vertrauen entziehen, müsste Deutschland entweder höhere Zinsen aufbringen oder unter extrem hohen Zeitdruck und erheblichen sozialen Problemen seinen Haushalt ausgleichen. Aus diesem Grund müssen die beschlossenen Stabilisierungsmaßnahmen von einer entschlossenen Haushaltskonsolidierung begleitet werden. Nur so kann es gelingen, die Glaubwürdigkeit an den Finanzmärkten zu sichern.
Die immer wieder auftauchende Forderung nach einer Wiedereinführung der Deutschen Mark wäre für Deutschland extrem riskant. In Anbetracht der aktuellen Krise würde ein entsprechender Schritt geradezu zwangsweise zu einer extrem hohen Bewertung der deutschen Währung mit entsprechend fatalen Auswirkungen auf die deutsche Exportindustrie führen. Im Prinzip würde eine starke Mark momentan dazu führen, dass deutsche Exporte nicht mehr konkurrenzfähig wären. Die Wirtschaft würde versuchen dieses durch eine Reduktion der Kosten aufzufangen, das heißt Deutschland stünde eine Arbeitslosigkeit unvorstellbaren Ausmaßes bevor. Zum einen würden zahlreiche Arbeitsplätze durch den hohen Wechselkurs wegfallen, zum anderen hätten die Kostensenkungsmaßnahmen der Unternehmen weitere Arbeitsplatzverluste zur Folge.
Auch wenn ich die Sorgen und Bedenken vieler Bürgerinnen und Bürger sehr gut verstehen kann und auch teile, so kann ich doch versichern, dass die Bundesregierung alles tut, um Schaden vom deutschen Volk fernzuhalten. Die Regierung ist sich der Dramatik der Situation bewusst und handelt entsprechend.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB