Frage an Volker Wissing von Manfred B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Wissing,
ich schätze zwar Ihre schnelle Beantwortung der Fragen, kann jedoch mit Ihrer Antwort auf meine Frage vom 5.7. nicht zufrieden sein. Sie beschreiben einen komplizierten Zusammenhang, den Kern der Frage beantworten Sie jedoch nicht: nämlich die Rolle der Banken. Fakt ist doch folgender: Die Banken leihen sich zu 1.25% Geld von der EZB, und verleihen dieses- nach völlig undurchsichtigen Bewertungen von drei amerikanischen Ratingagenturen- zu hohen, sehr hohen, oder zu Wucherzinsen an die Staaten, die damit in noch mehr Schwierigkeiten geraten. Ein Risiko gibt es für die Banken nicht, denn wenn die Gläubigerstaaten ausfallen sollten, müssen wie immer die Steuerzahler einspringen und die Banken retten.
Das Argument mit der Inflation zieht in meinen Augen nicht. Denn erstens könnte auch die EZB regulierend auf die Schuldnerstaaten einwirken und bspw. Druck auf die Haushaltskonsolidierung ausüben, oder den Mechanismus einer Schuldenbremse einsetzen. Und zweitens, ob nun das Geld direkt von der EZB kommt, oder über den Umweg Banken (die sich das Geld ja auch von der EZB leihen) bleibt sich im Endeffekt gleich.
Deshalb noch einmal meine Frage:
Was rechtfertigt dieses Subventionsprogramm in Milliardenhöhe für die Banken, die eigentlich überhaupt keine Leistung erbringen und keine Risiko tragen müssen?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Burger
Sehr geehrter Herr Burger,
der von Ihnen dargestellte Zusammenhang ist so nicht ganz richtig. Die Banken können sich bei der Europäischen Zentralbank gegen die Hinterlegung entsprechender Sicherheiten, auf einen Teil des Wertes dieser Sicherheiten Geld zu einem gewissen Zinssatz leihen. Das heißt für die Banken sind die Kosten weit höher als es durch den von der Europäischen Zentralbank eingeforderten Zinssatz zum Ausdruck gebracht wird. Da die Notenbanken recht hohe Anforderungen an die zu hinterlegenden Sicherheiten hatten, greifen die Banken unter normalen Umständen nur in geringem Umfang auf Notenbankgeld zurück, sondern refinanzieren sich in dem sie sich untereinander Geld leihen. In Deutschland ist dieser sogenannte Interbankenhandel auch wieder am erstarken. Institutionelle Investoren sind nicht nur Banken, sondern auch große Pensions- und Staatsfonds.
Die Ratingagenturen legen nicht die Zinshöhen fest. Es ist die Aufgabe von Ratingagenturen für ihre Kunden, die Bonität von Anlageprodukten zu prüfen und zu bewerten. Die Investoren entscheiden dann evtl. unter Berücksichtigung der Einschätzung der Ratingagenturen zu welchen Konditionen sie zu dem Erwerb dieser Anlage bereit sind. Das Problem mit dem Urteil der Ratingagenturen besteht vor allem darin, dass bestimmte Investoren nur in Anlagen investieren dürfen, die über ein bestimmtes Rating verfügen. So kann eine negative Einschätzung einer Anleihe dazu führen, dass z.B. ein Pensionsfonds nicht mehr in diese investieren darf. Diese Regelung vor dem Hintergrund getroffen, dass man damit verhindern wollte, dass die Alterssicherung von Beschäftigten in hochspekulative Anlageformen fließen.
In kaum einem Land ist es üblich, dass die Zentralbank dauerhaft die Anleihen des eigenen Staates aufkauft. Damit wäre die Instabilität der Währung gewissermaßen vorprogrammiert. Wenn Sie sagen, dass die Europäische Zentralbank regulierend eingreifen kann, dann haben Sie bei der von der rot-grünen Bundesregierung betrieben Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, wie wenig Regierungen gewillt sind, sich an Vorgaben zu halten. Die Zinserhöhungen bzw. Kapitalverweigerung der Märkte ist ein sehr starkes Konsolidierungssignal an die Nationalstaaten, welches man nicht übersehen kann.
Die von Ihnen vorgeschriebene Regelung, dass die Europäische Zentralbank starken Druck auf Schuldnerländer ausüben könnte, halte ich für sehr problematisch. Dazu müsste die EZB in die Nationalstaaten bzw. deren Haushalte hineinregieren dürfen. Das wäre mit der Unabhängigkeit einer Notenbank nur schwer vereinbar. Die Europäische Zentralbank könnte sich nicht auf ihre Aufgabe, die Sicherung der Währung konzentrieren, sondern müsste aktiv in die Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik der Euroländer eingreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB