Frage an Volker Wissing bezüglich Finanzen

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Volker Wissing
FDP
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Frage von Leo Dr. T. •

Frage an Volker Wissing von Leo Dr. T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

zunächst vielen Dank für Ihre Antwort, die mich zu weiteren Fragen veranlasst.
Fast alle realwirtschaftlichen Umsätze werden besteuert. Die Finanztransaktionen nicht. Ist das gerecht und oder sinnvoll?

Ich hatte Sie gefragt, welche anderen Möglichleiten Sie sehen, den gigantischen Markt der substanzlosen Finanzgeschäfte einzudämmen. Sie meinten, das läge an der hohen Liquidität, die die Notenbanken zu verantworten haben. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie keine Möglichkeiten für die Politik sehen, hier einzugreifen? Oder sehen Sie auch gar keinen Bedarf?

Und dann noch eine Anmerkung: Wenn es für eine Vielzahl an Finanztransaktionen, z.B. den so genannten Leerkäufen oder Leerverkäufen praktisch keines Finanzeinsatzes bedarf, um riesige Summen virtuell zu bewegen, bzw. auf riesige Summen zu wetten, dürfte die Liquidität eigentlich gar keine Rolle spielen, denn wenn ich kein Geld brauche, um zu zocken, ist das Geld auch nicht der Grund für das Zocken.

Und ganz zum Schluss eine unfaire Frage: Der damalige Vorsitzende der FDP, Dr. Westerwelle begründete in einer Bundestagssitzung die Forderung nach Steuersenkungen mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Entwicklung in Irland. Er gebrauchte die Formulierung "Von Irland lernen, heißt siegen lernen". Sind Sie und die FDP in der Lage einzugestehen, dass der Glaube an die Selbstregulierungskräfte "der Märkte" ein Irrglaube und die massive Deregulierung der Märkte deshalb ein Fehler war?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Leo Teuter

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FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Teuter,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19. Oktober 2011.

Es tut mir leid, dass es auf komplexe Fragen nicht immer einfache Antworten gibt. Die Notenbanken, und nicht zuletzt die amerikanische, haben in Zusammenhang mit der Subprime-Krise und der anschließenden Pleite der US-Bank Lehman Brothers gigantische Summen in die Märkte gepumpt. Um den, auf den Zusammenbruch des Interbankenhandels und dem damit einhergehenden dramatischen Rückgang der Kreditvergabe zu begegnen, hat auch die Europäische Zentralbank die Möglichkeiten der Banken liquide Mittel zu erhalten deutlich ausgeweitet und damit ebenfalls die im Markt befindliche Geldmenge erhöht. Hinzu kommt, dass bedingt durch den demographischen Wandel in den westlichen Länder das Kapitalvolumen der Pensionsfonds sehr große Ausmaße angenommen hat. Die Kontrolle der Geldmenge ist aber die ureigenste Aufgabe der Notenbanken. Die deutsche Finanzpolitik hat aufgrund der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank keinerlei Einfluss auf deren Geldpolitik und auch keinen auf die der amerikanischen Notenbank.

Der Glaube an die Selbstregulierungskräfte der Märkte ist keinesfalls wiederlegt. Im Gegenteil, die Selbstregulierungskräfte des Marktes konnten nicht greifen, da z.B. während der Finanzkrise das unheilvolle Prinzip des "too-big-to-fail" galt. Die Bundesregierung hat mit dem Restrukturierungsgesetz die Möglichkeit geschaffen, dass künftig in Deutschland auch größere Unternehmen Pleite gehen können und hat damit das Risiko als ganz wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Markes wieder in das Marktgeschehen integriert.

Die von Ihnen kritisierte Deregulierung der Finanzmärkte ist keine Erfindung der FDP. Sie fand vielmehr im Wesentlich zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder statt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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