Frage an Volker Wissing von Hans-Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wissing!
Die letzten Tage habe ich zu dem Thema ESM in verschiedenen Meldungen vernommen, dass für die Verabschiedung des so genannten Fiskalpaktes eine Zweidrittel Mehrheit notwendig sei.
(Quellen: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/bundestagesm102.html und http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,824458,00.html )
Nun ist mir bekannt, dass die Notwendigkeit einer Zweidrittel Mehrheit ausschließlich bei Verfassungsänderungen gegeben ist. Leider ist nirgends ersichtlich, so auch nicht auf Ihren Internet Seiten, für was diese Verfassungsänderung stattfinden und wie sie ausfällen soll.
Meine Fragen:
- Können Sie mir erläutern, was hier an Änderungen geplant ist?
- Welche Auswirkungen werden diese Änderungen auf die Souveränität des Volkes, des Einzelnen und des Bundestages als Institution haben?
- Welches Gremium wird dann über die Finanzen bestimmen und wie steht es um die demokratische Legitimation dieser Institution?
- Warum ist nirgends eine mediale Aufklärung zu bekommen?
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Bletz
Sehr geehrter Herr Bletz,
vielen Dank für Ihre Frage vom 12. April 2012.
Beigefügt finden Sie den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag) oder auch Fiskalpakt genannt. Der Fiskalpakt ist vor allem für die Geberländer ein wichtiges Anliegen, da er sicherstellen soll, dass die im Rahmen der Eurostabilisierung zur Verfügung gestellten Gelder auch tatsächlich zur Konsolidierung der Haushalte der Nehmerländer genutzt werden. Die Bestimmungen des Fiskalpaktes ist daher eher im Interesse des deutschen Volkes, schließlich dient er auch zur Absicherung der von den deutschen Steuerzahlerinnen und -zahlern bereitgestellten Bürgschaften und Garantien. Aus diesem Grund soll die Ratifizierung des Fiskalpaktes auch die Voraussetzung für den Erhalt von Hilfen des Europäischen Stabilitätsmechanismus sein. Mit dem Fiskalpakt verpflichten sich die unterzeichnenden Länder, die Schulden langfristig auf 0,5% der nationalen Wirtschaftskraft zu beschränken, außerdem kann der Europäische Gerichtshof Geldstrafen gegen Haushaltssünder verhängen. Künftig gibt es einen automatischen Sanktionsmechanismus gegen Länder die dauerhaft gegen die Defizitkriterien verstoßen, das Verfahren kann nur von einer 2/3 Mehrheit der EU-Finanzminister gestoppt werden.
Damit der Fiskalpakt wirksam sein kann, muss er in die nationale Souveränität eingreifen. Allerdings soll dies nicht der Regel-, sondern der Ausnahmefall sein. Hauptanliegen des Fiskalpaktes ist es, die Mitgliedsländer der Eurozone zu einer Politik der Schuldenbegrenzung und Haushaltskonsolidierung anzuhalten. Der Fiskalpakt soll daher die Mitglieder verpflichten sogenannte Schuldenbremsen in die nationalen Verfassungen aufzunehmen.
Da Deutschland bereits eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert hat, sind die Auswirkungen auf die nationale Souveränität zunächst gering. Der Bundestag wird nach wie vor über den Bundeshaushalt entscheiden, genauso wie die Parlamente der anderen Länder der Eurozone die Hoheit über ihre Haushalte ausüben. Der Fiskalpakt betrifft vor allem die Länder, die ihren Verpflichtungen zur Schuldenbegrenzung nicht nachkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB