Frage an Walter Zägelein bezüglich Bildung und Erziehung

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Walter Zägelein
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Frage von Peter D. •

Frage an Walter Zägelein von Peter D. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Prof. Dr. Walter Zägelein,

mich würden zwei Fragen interessieren.

a) Wie sehen Sie als Hochschullehrer den Wissenschaftsstandort Bayern - können wir diesen noch verbessern?

b) wie könnte bei der Bildung das Thema "Weiter- und Fortbildung" für Erwachsene wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden?

Über eine Antwort würde ich mich sehr feuen.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Dietsch

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dietsch,

Unter einem Wissenschaftsstandort verstehe ich einerseits die wissenschaftliche Ausbildung an den Hochschulen des Landes und andererseits auch die Qualität und vor allem das Vorhandensein anderer hochschulnaher Forschungseinrichtungen.

Zu der Ausbildung an Hochschulen weiß ich aus persönlicher Erfahrung,
dass die Studentenzahlen erfreulicherweise gestiegen sind. Die Anmeldungen haben für Herbst zum Teil ein Rekordniveau erreicht. In unserem Land haben wir im internationalen Vergleich aber trotzdem immer noch zu wenige Hochschüler und Hochschulabsolventen. Dies gilt vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass wir eine Wissensgesellschaft sein wollen. Auf Wissen und den daraus entstandenen Produkten beruhen schließlich unsere bisherigen Erfolge im Bereich des Exports.
Andererseits muss ich aber sagen, dass die Hochschule, besonders auch die an der ich selbst tätig bin, aus allen Nähten platzt. Speziell Praktika, die für kleine Gruppen konzipiert sind, lassen sich nicht mehr in der erforderlichen Weise bewerkstelligen. Die Gruppen sind zu groß, die Lehrenden und das ganze daran beteiligte Personal sind zu wenige. Wir brauchen neben den räumlichen Randbedingungen vor allem mehr Professorinnen und Professoren. In der Industrie wird aber zurzeit auch jeder Fachmann bzw. Fachfrau benötigt. Mit anderen Worten, ja man kann, besser gesagt, man muss hier deutlich nachbessern.

Forschungsinstitute sind glücklicherweise einige in Bayern angesiedelt. Eine Reihe davon ist mir auch näher bekannt. Fakt ist, dass diese Forschungsinstitute in einem internationalen Wettstreit mit ausländischen Instituten stehen, die meist großzügiger mit Geldmitteln ausgestattet sind. Ich denke da besonders auch an die USA. In diesem Zusammenhang ist einerseits lenkend der Staat aber vor allem auch die Industrie gefordert. Hier müssen die Kräfte gebündelt werden, um auch langfristig konkurrenzfähig sein zu können.

Thema: "Weiter- und Fortbildung":

Volkshochschulen sind eine gute und auch wichtige Sache. Sie müssen erhalten und gefördert werden. Aber ich denke, Sie meinen die Weiterbildungsseminare, die von den verschiedenen Seminarträgern angeboten werden. Diese sind inhaltlich hochaktuell, finden in erstklassigen Hotels statt, sind aber in der Regel sehr teuer. Eine derartige Weiterbildungsmaßnahme ist für einen Privatmann, der womöglich hierzu auch noch Urlaub nehmen muss, finanziell nur sehr schwer erschwinglich. Derartige Seminare werden fast ausschließlich von Firmen für Ihre Mitarbeiter gebucht. Ich bin selbst seit über 20 Jahren in diesem Geschäft tätig. Privatleute sind da kaum darunter.

Man darf nicht nur von einer lebenslangen Aus- und Weiterbildung reden, man muss sie auch ermöglichen. Das sollte eine Selbstverständlichkeit werden. Das ist sie allerdings leider noch nicht. Zusätzliche finanzielle Anreize, so dass diese auch für einen privaten Besuch interessant sind, ist meines Erachtens nicht der Königsweg. Geschickter wäre es diese "Hochglanzseminare" in die Volkshochschulen zu holen. Es müssten nur angemessene Honorare für die Dozenten bezahlt werden. Auch bei den Hotelseminaren gelangt nur der geringste Teil des Seminarpreises zu den Referenten. Bei entsprechender Teilnehmerzahl und der kostengünstigeren Organisationsform der Volkshochschulen könnte hier ein tragfähiger Kompromiss auch für Hightech-Seminare entstehen. Eine weitere Möglichkeit wäre ein universitäres Weiterbildungsangebot der Hochschulen, abends oder zumindest in den Semesterferien für die Öffentlichkeit. Da spricht jedoch die oben beschriebene momentane Überlastung dagegen. Man könnte bei der Lösung des Problems damit aber zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Auch hier muss man mal mutig experimentieren. Aber im Bereich der Bildung lese ich leider immer wieder "keine Experimente".

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Walter Zägelein