Frage an Wolfgang Jokerst bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wolfgang Jokerst
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin S. •

Frage an Wolfgang Jokerst von Martin S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Jokerst,

nur noch 77 % aller Betriebe bilden aus. Von Jahr zu Jahr verschlechtert sich die Situation auf dem Ausbildungsplatzmarkt. Jugendliche mit einem Hauptschulabschluß haben so gut wie keine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Was gedenken sie persönlich und ihre Partei zu tun um dieses Problem zu lösen ? Wie stehen sie zum Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, eine Basisvergütung für Auszubildenden von 270€ einzuführen ? Was tun sie um auch in Zukunft zu gewährleisten, dass Ausbildung im dualen System stattfinden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Sambeth
Gaggenau

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Ich werde ab 08.08.2005 nicht im Büro sein. Ich kehre zurück am 14.08.2005.

Ich werde Ihre Nachricht nach meiner Rückkehr beantworten.

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Sambeth,

die Lage auf dem Ausbildungssektor sehe ich ebenfalls als sehr problematisch an . Es geht dabei nicht nur um die die individuelle Zukunft der Jugendlichen, es geht auch um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die auf sehr gut ausgebildete ArbeitnehmerInnen angewiesen ist. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund eines drohenden Fachkräftemangels in der Zukunft zu sehen. So langfristig sollten auch die Betriebe denken.

Der auf Freiwilligkeit setzende Ausbildungspakt hat aus meiner Sicht nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht, denn im Juli 2005 fehlten rein rechnerisch immer noch 170.000 Ausbildungsplätze. Wenn der Ausbildungspakt keine nennenswerte Ergebnisse bringt, sollte man durchaus über die Ausbildungsplatzumlage nachdenken. Dabei geht es nicht um eine Ausbildungsplatzabgabe sondern um eine Umlage. Kleine Betriebe, die ausbilden, sollten von mittleren und großen Betrieben, die nicht oder nicht
genug ausbilden, einen Teil der Kosten erstattet bekommen. Das Geld sollte nach unserer Auffassung unter den Betrieben gerecht in Abhängigkeit ihrer Ausbildungsleistung verteilt werden.

Durch die Modernisierung des Berufsbildungsgesetzes (April 2005) ist es möglich, einen Ausbildungsberuf an einer beruflichen Schule in einer vollzeitschulischen Ausbildung zu erlernen. Das ist vor allem in den Regionen wichtig, wo nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Jezt kommt es darauf an, dass die AbsolventInnen der vollzeitschulischen Ausbildugsgänge tatsächlich auch zur Kammerprüfung zugelassen werden. Dafür müssen die Länderergierungen sorgen.

Zudem wurden Ausbildungsverbünde rechtlich besser abgesichert. Kleine Unternehmen, die sich zur Absicherung zusammenschließen, haben es jetzt leichter.

Darüber hinaus setzen wir uns für die Einrichtung der Stiftung Betriebliche Bildungschance ein. In ihr sollen alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte regional gebündelt werden, um die Berufsbildungspolitik in alle Bereiche der Gesellschaft zu tragen und so auf mehr Beine zu stellen.

Für uns Grüne steht die Frage der Berufsausbildung in engem Zusammenhang mit Fragen der Schulbildung. Viele Abgänger der Hauptschulen verfügen nicht oder nur unzureichend über die notwendige "Ausbildungsreife". Hier muss man ansetzen, um vor allem benachteiligte Jugendliche in der Schule besser zu fördern, so dass sie in der Lage sind, in den allgemeinbildenden Schulen alle notwendigen Fähigkeiten zu erwerben.

Eine Kürzung der Ausbildungsvergütung ist definitiv nicht Sache des Gesetzgebers, weil dies eine Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde. Wir Grüne halten sie aber auch für sachlich falsch. In der Debatte wird meist das Verhältnis zwischen Kosten und produktiver Leistung im ersten Jahr herangezogen, um die "Überbezahlung" der jungen Leute zu "beweisen". Spätestens im dritten Jahr liegt die Produktivität aber
deutlich über den Kosten. Außerdem sollten wir, wenn wir von den jungen Menschen Mobilität mindestens im ganzen Bundesgebiet erwarten, ihnen auch die Chance geben, auf eigenen Füßen zu stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Jokerst