Frage an Wolfgang Kubicki bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Wolfgang Kubicki
FDP
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Frage von Jan F. •

Frage an Wolfgang Kubicki von Jan F. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Kubicki,

die CDU wendet sich von ihrer bisherigen Forderung nach dem Erhalt des dreigliedrigen Schulsystems ab und dem Konzept der Regional- und Gemeinschaftsschule zu.
Sollte es zu einer gelb-schwarzen Koalition in Schleswig-Holstein kommen, wird die FDP das von der CDU favorisierte Schulmodell annehmen oder steht die FDP für den Erhalt des bisherigen Systems?

Mit freundlichen Grüßen,
J. Fister

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Fister,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworte, wie folgt:

Die beste Voraussetzung für individuelle Bildung und Förderung sieht die FDP Schleswig-Holstein nach wie vor in einem gegliederten Schulwesen mit Schulen, die unterschiedliche Leistungsprofile haben. So können Schüler am besten mit Anforderungen konfrontiert werden, die sie bei angemessener Anstrengung auch bewältigen können.
In einem undifferenzierten Schulangebot werden zu viele Schüler dauernd unterfordert und zu viele dauernd überfordert. Bei diesen Schülern sinkt das Interesse am Unterricht und die Bereitschaft, etwas zu leisten: Das aber ist das Gegenteil dessen, was wir mit unserer liberalen Schulpolitik erreichen wollen. Aus diesen Gründen hat die FDP die sogenannte "Schulreform" der "Großen Koalition" von Anfang an abgelehnt.
Durch das 2007 beschlossene Schulgesetz und daran anknüpfende Entscheidungen der kommunalen Schulträger sind jedoch Tatsachen geschaffen worden, die sich auch im Interesse der Schüler nur behutsam verändern lassen.
Zudem würde das Schulwesen vollends zu einer chaotischen Großbaustelle, wenn je nach wechselnden politischen Mehrheiten Schulstrukturen grundlegend umgekrempelt würden. Zwischen einer notwendigen Nachbesserung der insgesamt verunglückten Schulreform der letzten Jahre und dem begründeten Anspruch der Schulen auf verlässliche Rahmenbedingungen muss daher eine sinnvolle Balance gefunden werden. Ausgehend von den eingangs dargelegten Grundüberzeugungen stellt die FDP daher folgende Eckpunkte für eine Schulpolitik "jenseits der großen Koalition" auf:

- Die FDP will durch eine Änderung des Schulgesetzes wieder die Einrichtung von Realschulen als Angebotsschulen ermöglichen. Gemeinschafts- oder Regionalschulen sollen wieder Realschulen werden können, sofern dabei im örtlichen Umfeld ein Bildungsangebot mit allen Bildungsgängen (Abschlüssen) erhalten bleibt.

- Das im Schulgesetz und den Schulartverordnungen verankerte Regelwerk für die neuen Schularten - Gemeinschaftsschulen und Regionalschulen - wird im Sinne der Schaffung wesentlich größerer pädagogischer Gestaltungsspielräume für die einzelnen Schulen überarbeitet.

- Für die Gemeinschaftsschulen bedeutet dies: Abkehr von der zu starken Fixierung auf "binnendifferenzierten Unterricht", d.h. neue Möglichkeiten für Formen äußerer Differenzierung - bis hin zur möglichen Anlehnung an bisherige Strukturmodelle integrierter oder kooperativer Gesamtschulen (Lerngruppen auf unterschiedlichen Niveaustufen, abschlussbezogene Jahrgangsklassen). Weil Gemeinschaftsschulen mittlerweile in einigen Teilen des Landes neben den Gymnasien die einzige weiterführende Schulart sind, muss außerdem ihr bisheriges Privileg bei der Auswahl ihrer Schüler wegfallen. Auch Gemeinschaftsschulen müssen den Status einer "örtlich zuständigen Schule" erhalten, die zur Aufnahme von Schülern verpflichtet werden kann - andernfalls könnten Eltern bei der Anmeldung ihrer Kinder von einer Schule nach der anderen abgewiesen werden. Angesichts der großen Zahl neuer Gemeinschaftsschulen sind die Voraussetzungen zur Einrichtung einer Oberstufe an diesen Schulen zu überprüfen; vorzugsweise soll dabei die Kooperation mit vorhandenen Oberstufen - insbesondere den Beruflichen Gymnasien - gefördert werden.

- Regionalschulen sollen ebenfalls erweiterte Spielräume zur Profilbildung und Schulgestaltung erhalten. Sie sollen bei der Personalzuweisung nicht mehr gegenüber Gemeinschaftsschulen benachteiligt werden. Auf mittlere Sicht hält die FDP es auch für vorstellbar, dass Regionalschulen sich im Sinne des reformierten Modells der Gemeinschaftsschule weiterentwickeln, sofern sie sich nicht für die oben beschriebene Option entscheiden können oder wollen, (wieder) Realschulen zu werden.

- Die FDP will die Gymnasien als leistungsorientierte öffentliche Schulart erhalten und stärken. Benachteiligungen, die den Gymnasien in der Vergangenheit bei der Lehrerversorgung oder bei der Förderung von Ganztagsangeboten zugemutet worden sind, wollen wir beseitigen. Die Arbeitsbelastung der Schüler in der verkürzten Gymnasialschulzeit (G 8) sowie in der Profiloberstufe darf nicht ausufern. Die FDP setzt sich außerdem dafür ein, den Gymnasien die Wahlfreiheit zwischen verkürzter Schulzeit (G 8) und einen neunjährigen gymnasialen Bildungsgang einzuräumen oder auch eine Kombination beider Modelle zu ermöglichen. Durch Senkung des Klassenteilers in der Profiloberstufe wollen wir bessere Unterrichtsbedingungen in der Oberstufe erreichen. Das Konzept der Profiloberstufe soll außerdem im Sinne erweiterter Wahlmöglichkeiten für die Schüler überarbeitet werden. Für Schüler, die das Gymnasium nach der Sekundarstufe I verlassen, wird ein vereinfachtes Verfahren zum Erreichen des Realschulabschlusses eingeführt.

- Die FDP wendet sich gegen die Regelversetzung von Schülern, sofern sie bei mangelhaften Leistungen keine Aussicht auf eine erfolgreiche Bewältigung des folgenden Jahrgangspensums haben. Klassenwiederholungen sollen jedoch durch Förderunterricht und durch flexible Versetzungsregelungen in der Verantwortung der einzelnen Schule nach Möglichkeit vermieden werden.

- Die Mindestgrößenverordnung muss bei Schulstandorten in Randlagen oder im dünn besiedelten ländlichen Raum flexibler gehandhabt werden. Wir wollen damit erreichen, dass auch Schülerinnen und Schüler außerhalb der Zentren ein wohnortnahes Schulangebot behalten - insbesondere im Bereich der Grundschulen ("kurze Wege für kurze Beine").

- Wer einen ersten Bildungsabschluss erworben hat, muss bei entsprechender Eignung weitere Bildungsabschlüsse erwerben können. Wir setzen uns daher für einen bedarfsgerechten Ausbau entsprechender schulischer Angebote ein. Hierzu bieten insbesondere berufsbildende Vollzeitschulen vielfältige Möglichkeiten (Berufsfachschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, Berufliche Gymnasien).

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Kubicki

HINWEIS: Zu weiteren Themen, z.B. Vorschule, Grundschule, Schulsozialarbeit, Lehrerbildung und Hochbegabtenförderung, können Sie sich im Programmentwurf informieren, der unter : http://www.fdp-sh.de/files/3256/Entwurf_Landtagswahl_19_08_2009.pdf im Internet zugänglich und auch als Download abrufbar ist.
Darüber hinaus können Sie unter der Domain www.gefragte-antworten.de ein spezielles Webangebot zur Landtagswahl abrufen. Dort gibt die FDP Schleswig-Holstein kurz und prägnant Antworten auf die Fragen, die für die Zukunft des Landes wichtig und entscheidend sind.

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