Stimmen Sie der Aussage zu, dass unsere Pressefreiheit in Belmarsh verteidigt wird? Vor der Wahl forderten Grünen-Politiker Assanges Freilassung, was tun Sie nun gegen dessen Auslieferung an die USA?

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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hubertus S. •

Stimmen Sie der Aussage zu, dass unsere Pressefreiheit in Belmarsh verteidigt wird? Vor der Wahl forderten Grünen-Politiker Assanges Freilassung, was tun Sie nun gegen dessen Auslieferung an die USA?

Sehr geehrte Frau Brugger,
Julian Assange sitzt jetzt seit fast vier Jahren im englischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, dem "britischen Guantánamo Bay", in Untersuchungshaft. Ihm droht die Auslieferung an die USA und das obwohl konkrete Mordpläne des US-Geheimdienstes CIA schon vor geraumer Zeit bekannt geworden sind. Was ist die Pressefreiheit in den westlichen Demokratien noch wert, wenn ein Journalist, der über brutale Kriegsverbrechen der US-Streitkräfte berichtete, psychisch und physisch vernichtet werden soll? Wird hier nach Ihrer Einschätzung ein Exempel statuiert, um unbequemen Journalisten zu zeigen was Ihnen blüht, sollten sie sich mit den "Falschen" anlegen? Finden Sie es in Ordnung, dass die Kriegsverbrechen, die Wikileaks öffentlich machte, allesamt bis zum heutigen Tage ungesühnt geblieben sind? Sollte nicht die Bundesregierung sich mit deutlichen Worten und entschlossenem Handeln für die sofortige und bedingungslose Freilassung von Julian Assange stark machen?
MfG

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfolgt den Fall von Julian Assange seit Langem mit großer Aufmerksamkeit und Sorge.

Wie viele Menschenrechtsorganisationen sind wir neben dem konkreten Fall auch sehr besorgt über den Abschreckungseffekt, den eine Auslieferung und ein Gerichtsverfahrens in den USA für die Pressefreiheit weltweit haben könnten. Es braucht international mehr Schutz für Whistleblower*innen, Journalist*innen und ihre Plattformen und nicht weniger. Eine freie Presse und Kontrolle von Regierungshandeln sind Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Demokratien. Die Auslieferung Julian Assanges wäre ein Rückschlag für Presse- und Medienschaffende weltweit und hätte auch eine große symbolische Wirkung.

Außerdem gibt auch der Gesundheitszustand von Julian Assange Anlass zur Sorge und zu Kritik, da er sich derzeit in Einzel- und Isolationshaft befindet. Auch das muss kritisch thematisiert werden, unabhängig davon wie man zu Julian Assange steht.

Auch deshalb halte ich eine Auslieferung für falsch, auch wenn es aus meiner Sicht durchaus auch nicht ganz  unproblematisch ist aufgrund der Gewaltenteilung einem demokratischen Rechtsstaat wie Großbritannien als Abgeordnete eines anderen Landes an dieser Stelle konkrete Ratschläge zu erteilen.

Die nationalen Parlamente aus 46 europäischen Staaten haben sich für die Bewertung elementarer Menschenrechtsfragen mit ihrer parlamentarischen Versammlung des Europarats ein Gremium gegeben, das genau dem Zweck dient, solche Fragen zu diskutieren und zu bewerten. Wir weisen ausdrücklich auf die Resolution 2317 dieses Gremiums und die dort enthaltenen Forderungen hin, die sich auch gegen eine Auslieferung von Herrn Assange ausgesprochen und auf die drohende Signalwirkung für Journalist*innen weltweit hingewiesen hat. Diese finden Sie hier:

https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=28508

Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieften Menschenrechte, zu deren Achtung und Umsetzung sich auch das Vereinigte Königreich verpflichtet hat, müssen im Mittelpunkt der endgültigen Entscheidung über eine Auslieferung stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Agnieszka Brugger

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