Was sind die aktuellen Probleme in Berlin und Deutschland und wie wollen Sie diese lösen?

Alexander King, MdA
Alexander King
BSW
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Frage von Uwe K. •

Was sind die aktuellen Probleme in Berlin und Deutschland und wie wollen Sie diese lösen?

Alexander King, MdA
Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Kruth, 

drängende Probleme sehe ich vor allem mit Blick auf das Gesundheitswesen, Stichwort Pflegenotstand, auf drohende Altersarmut, die Verteuerung der Lebenshaltungskosten, den Wohnungsmarkt, die Herausforderungen beim ökologischen Umbau unserer Wirtschaft, Maßnahmen gegen den Klimawandel und nicht zuletzt auf die Sicherung einer friedlichen Zukunft.

Viele dieser Probleme hängen mit der jahrzehntelangen Umverteilung von Reichtum von unten nach oben und von der öffentlichen in wenige private Hände zusammen. Deshalb ist die Steuerpolitik aus meiner Sicht zentral. DIE LINKE hat ein Steuerkonzept und ein Konzept für die Neuordnung der Sozialabgaben vorgeschlagen, bei deren Umsetzung die öffentliche Hand, wie Wirtschaftsinstitute errechnet haben, rund 40 Mrd. Euro mehr zur Verfügung hätte, um den ökologischen Umbau der Wirtschaft zu unterstützen und den Investitionsstau im Gesundheits-, Bildungs- oder Verkehrswesen sowie bei der Digitalisierung aufzulösen. Zudem würden Familien mit kleinen und mittleren Einkommen durch unser Steuerkonzept massiv entlastet und hätten mehr Kaufkraft, was wiederum gut für die wirtschaftliche Entwicklung wäre. Mit der von uns vorgeschlagenen Solidarischen Gesundheitsversicherung, in die alle Einkommen einzahlen, könnten die Beiträge gesenkt und gleichzeitig mehr Mittel für die Einstellung von dringend benötigten zusätzlichen Pflegekräften bereitgestellt werden. Die Rentenkassen wollen wir stärken, indem wir alle Erwerbseinkommen einbeziehen. Damit wären höhere Rentenbezüge möglich und könnte Altersarmut verhindert werden.

Wir brauchen, sowohl in Krankenhäusern als auch in Pflegeheimen mehr Pflegepersonal, jeweils rund 100.000 zusätzliche Pflegekräfte wären mindestens erforderlich. Dazu müssen die Löhne erhöht und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Es gibt viele Pflegerinnen und Pfleger, die ihren Beruf verlassen oder ihre Arbeitszeit wegen der hohen Belastung stark reduziert haben, und die wir wieder zurückgewinnen wollen. Wichtig wäre auch, die Finanzierung der Krankenhäuser wieder ohne die Fallkostenpauschalen und stattdessen am tatsächlichen Bedarf auszurichten. In Berlin setzen wir uns dafür ein, dass auch für die Tochterunternehmen der Landeskrankenhauskonzerne, die bisher noch nicht tarifgebunden sind, Tarifverträge in Anlehnung an den TVÖD abgeschlossen werden. Wir sind für die Rückführung dieser outgesourcten Unternehmen und gegen weiteres Outsourcing. Um einen Personalaufwuchs zu ermöglichen, sind wir dafür, in Berlin die Investitionszuschüsse des Landes um 100 Mio. Euro zu erhöhen.

Wenn wir Altersarmut bekämpfen wollen, können wir an zwei Punkten ansetzen: 1) In Deutschland müssen die Löhne steigen. Armutslöhne führen zu Armutsrenten. Wir wollen den Mindestlohn auf 13 Euro anheben. Niemand, der voll arbeitet, soll zusätzlich noch aufstocken müssen. Und niemand der ein Leben lang gearbeitet hat, soll auf die Grundsicherung im Alter angewiesen sein. Wir wollen auch Rahmenbedingungen schaffen, die den Kampf um angemessene Löhne generell unterstützen, z.B. die Tarifbindung stärken, indem wir die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifabschlüssen erleichtern. Bislang gibt es ein De-facto-Votum der Arbeitgeberseite, was die Tarifflucht begünstigt und die Arbeitnehmer im Arbeitskampf schwächt. Wir wollen außerdem sachgrundlose Befristungen verbieten und das Lohndumping durch Leiharbeit und Missbrauch von Werksverträgen bekämpfen. 2) Wir wollen das Rentenniveau wieder auf 53% - also auf das Niveau unter Bundeskanzler Kohl – zurückführen. Durch die Rentenreform von SPD und Grünen war es in den letzten Jahren stark abgesenkt worden, um die Menschen in die Vorsorge mit Riester zu drängen. Ein Reibach für die Versicherungskonzerne, ein Riesen-Flop für die Rentenversicherten und den Staat, wie mittlerweile allgemein eingestanden wird. Wir brauchen stattdessen eine Rentenkasse für Alle, in die jeder Erwerbstätige einzahlt, ohne Beitragsbemessungsgrenze, die beitragsschwache Zeiten ausgleicht und die deshalb deutlich höhere Renten auszahlen kann.

Höhere Löhne und Renten wären auch deshalb wichtig, weil wir derzeit eine gewaltige Erhöhung der Lebenshaltungskosten haben. Im Juli betrug die Inflation insgesamt 3,8%, für Lebensmittel lag sie bei 4,3%, für Sprit gar bei 24,7% und für Heizöl bei 53,6%. Wir brauchen dringend eine Energie- und Strompreissenkung und die Vergünstigung des Öffentlichen Nahverkehrs. Vor allem aber müssen wir die weitere Erhöhung von Wohnungsmieten stoppen.

Das muss zugleich von Landes- und Bundesebene aus betrieben werden. Auf Landesebene wurde in den letzten fünf Jahren mit der Ausweitung des Milieuschutzes, der Nutzung des bezirklichen Vorkaufsrechts und Vergrößerung des öffentlichen Wohnungsbestands durch Zukauf und Neubau sowie jetzt zuletzt mit der Ausweitung des Genehmigungsbedarfs bei Umwandlung in Eigentum auf die gesamte Stadt einiges für den Schutz von Mieterinnen und Mietern getan. Das wollen wir fortführen. Allerdings sind einige Weichen eben nur über den Bund neu zu stellen, wie uns das Mietendeckelurteil klar gemacht hat. Wir wollen uns deshalb im Bundestag und Bundesrat für einen bundesweiten Mietendeckel einsetzen, der auf angespannten Wohnungsmärkten zum Einsatz kommen kann. Übrigens brauchen wir eine solche Regelung auch für Gewerbe und soziale Nutzungen. Wir brauchen außerdem ein großangelegtes Investitionsprogramm für sozialen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau.

Berlin heizt sich auf. Die Zahl der Hitzeekzesstage steigt und leider auch die Zahl der Hitzetoten. Den Grünflächen in Berlin kommt deshalb eine wachsende Bedeutung zu. Sie müssen geschützt und ausgeweitet werden. Das Tempelhofer Feld ist entsprechend dem Ergebnis des Volksentscheids ohnehin nicht zu bebauen. Dabei sollte es auch bleiben, erst recht angesichts des bestehenden Genehmigungsüberhangs, den es für Wohnungsneubau in Berlin gibt. Wir setzten uns in unserem Bezirk außerdem sehr für den Erhalt der Kleingartenanlagen ein, die einem zunehmenden Flächenkonkurrenzdruck ausgesetzt sind. Für uns sind sie aus ökologischen und sozialen Gründen schützenswert.

Der aktuelle Weltklimabericht hat sehr drastisch klar gemacht, dass wir in der neuen Legislatur schnell handeln müssen: Mit dem Kohleausstieg bis 2038 zu warten, ist Wahnsinn. Der Kohleausstieg muss vorgezogen werden. Ich unterstütze die Forderung meiner Partei, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Wir wollen ihn mit einem Transitionsrat und einer Einkommens- und Beschäftigungsgarantie sowie Umschulungsangeboten sozial abfedern. Erweiterungen oder gar Neuaufschlüsse soll es ab sofort nicht mehr geben. Klimaneutralität bis 2045 ist ebenfalls nicht besonders ambitioniert. Das Klimaschutzgesetz muss deutlich nachgebessert werden. Wir wollen Klimaneutralität bis 2035 erreichen. Wir wollen eine Solarpflicht auf Dächern von Neu- und, soweit möglich, bestehenden Bauten. Diese muss ebenfalls sozial abgefedert werden, durch entsprechende Förderprogramme und, wie in Berlin, einen Sozialfonds. Mieterstromkonzepte und hauseigene Stromversorgung wollen wir unterstützen. Außerdem muss geregelt werden, dass sich Kommunen, Genossenschaften und Bürger an Windanlagen beteiligen können - und zwar ohne Ausschreibung, damit der Ausbau der Windenergie breit akzeptiert wird und so besser vorankommen kann. Als weitere Maßnahme schlage ich vor, keine weiteren Freihandelsabkommen mehr abzuschließen.

Die Spannungen im Verhältnis zu Russland und China, die fortbestehende atomare Bedrohung und nicht zuletzt der Abzug Hals über Kopf aus Afghanistan zeigen: Wir brauchen eine Neuorientierung in der Außenpolitik. Ich setze mich für Entspannung und gute Nachbarschaft in Europa, für den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland, für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag, für ein Verbot von Rüstungsexporten und für den Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen ein, insbesondere für den Rückzug aus dem Mali-Einsatz, der ein zweites Afghanistan zu werden droht.

Ich freue mich, wenn Sie Rückfragen oder Interesse an der weiteren Debatte haben, und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Alexander King

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