Frage an Andrea Nahles von Marvin M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Nahles,
ich weiß gar nicht, was ich Ihnen schreiben soll. Ich bin enttäuscht? traurig? deprimiert?
Kaum ist die SPD in der Regierung wirft sie alle ihre Versprechen über Bord. Am besten sind hier Herr Oppermanns Aussagen bezüglich Edward Snowden. Vor der Wahl müsse man ihm unbedingt Asyl geben, nach der Wahl geht das gar nicht mehr.
Diese Regierung allgemein: Es war meine erste Wahl als politisch interessierter (minderjähriger) Bürger: Ich freute mich über gute Personen im Kompetenzteam von Steinbrück. Ich freute mich über grandiose Aussagen der SPD-Führung (die, wie gesagt, inzwischen obsolet sind) und über das (seit langem wieder) linke Parteiprogramm. Und ich dachte - wow, das könnte ja was werden. Vielleicht sogar rot-rot-grün.
Doch dann wirft die SPD alles über Bord und sondiert nicht einmal mit der Linkspartei und den Grünen (Quelle unten), obwohl die Grünen bereit wären.
Sind ihnen die Konservativen wirklich lieber als die Linken?
Nun hat sich noch mein Ministerpräsident Stephan Weil (über dessen Wahl ich mich noch gefreut habe) dafür eingesetzt (Quelle unten), dass die SPD wirtschaftsfreundlicher werden müsse und dies nicht "auf Kosten" der sozialen Gerechtigkeit vernachlässigen solle. Sind Sie in der Partei von August Bebel und Willy Brandt oder ist das inzwischen die Linkspartei?
Die SPD sieht die soziale Gerechtigkeit als Belastungen der Wirtschaft an, die zu hoch seien?!
Schon in der Führungsspitze ihrer Partei zeigt sich ein deutliches Übergewicht der Parteirechten. Wo sind parlamentarische Linke? Ich sehe in der Spitze überwiegend Seeheimer.
Ich sehe mich als Sozialdemokrat. Meine politische Heimat wird aber - gerade wegen der Sozialdemokratie - bei der Linkspartei sein. Ich sehe diese nämlich nicht, wie Ihr Vorsitzender als eine Partei voller Verrückten, Sektierern und SPD-Hassern.
Grüne Sondieren: bit.ly/1ommObE
MP Weil Kurswechsel: bit.ly/1rHAy0p
Oppermann Asyl: bit.ly/1rfJCHs + bit.ly/1rVJHUL
Liebe Grüße,
Marvin
Sehr geehrter Herr Müller,
ich finde es nicht richtig, die Arbeit der SPD, so pauschal in Frage zu stellen. Natürlich können wir unsere Vorstellungen in der Großen Koalition nicht immer zu 100% durchsetzen. Koalitionen sind auch immer Kompromisse im Detail. Ich z. B. habe mit dem Mindestlohn und dem Rentenpaket, umgesetzt, was die SPD vor der Wahl gesagt hat. Kritik, die Sie an Thomas Oppermann oder Stephan Weil haben, sollten Sie den beiden auch direkt schreiben.
Ich denke bis heute nicht, dass man aus einer rechnerischen Mehrheit gleichzeitig schlussfolgern kann, dass Wählerinnen und Wähler 2013 auch eine rot-rot-grüne Koalition wollten. Es gab viele, die z. B. die Grünen und die Linke gewählt haben, weil sie sich eine starke Opposition wünschten. Auch sind längst nicht alle in der Linkspartei für den Eintritt in Regierungen.
Wie ich schon mal in diesem Forum betonte, finde ich es sowieso falsch, diese Debatte immer nur so zu führen, als wäre es unsere alleinige Verantwortung, eine solche Bündnisoption zu realisieren. Da gehören drei Parteien zu. Und man mag es kritisch sehen, aber bei der Wahl 2013 haben wir eine Koalition mit der Linken auf Bundesebene ausgeschlossen und dann halte ich auch nichts davon, wortbrüchig zu werden. So wie Sie für rot-rot-grün offensichtlich gewesen wären, kann ich Ihnen viele Briefe und Mails zeigen, in denen sich Menschen gegen eine solche Konstellation kategorisch ausgesprochen haben und nie wieder SPD wählen wollten, wenn wir mit den Linken koalieren. Also wäre ich immer sehr vorsichtig mit so pauschalen Aussagen.
Beste Grüße
Andrea Nahles