Frage an Andrea Nahles von Arthur D. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Nahles,
mit welcher Rechtfertigung wurden 25 Mio. Euro mehr für die Parteienfinanzierung aus Steuergeldern durchgesetzt? Mich würde ernsthaft interessieren, welche Gründe dafür sprechen - insbesondere, da sich alle Oppositionsparteien klar dagegen gestellt haben. Welche Leistungen der SPD aus den letzten Jahren können hier als Begründung herangezogen werden? Gibt es da überhaupt welche?
Wie glauben Sie hilft ein solcher Schritt der SPD weiter - insbesondere hinsichtlich der Außenwahrnehmung?
Und schließlich: glauben Sie, dass ein solcher Schritt in Zeiten, in denen das Vertrauen in demokratische Institutionen (damit sind auch Parteien gemeint) mehr und mehr zu schwinden scheint, gesellschaftlich unschätzbar wertvolle Arbeit für katastrophal niedrige Löhne und unter entwürdigenden Umständen verrichtet werden muss, der politische Umgang mit Armut klare Anzeichen von Realitätsleugnung aufweist (von Menschenrechten sowie globaler ökonomischer und ökologischer Verantwortung gar nicht zu reden), ein konstruktives Zeichen ist bzw. irgendeinen konkreten gesellschaftlichen Nutzen mit sich bringt?
Auf all diese Fragen müssten Sie eine schlüssige Antwort geben können, denn immerhin aht sich ihre Fraktion geschlossen dafür ausgesprochen.
Sehr geehrter Herr D.,
obwohl ich Ihren Unmut ein Stück weit verstehen kann, möchte ich noch einmal bekräftigen, dass ich das Anliegen von CDU, CSU und SPD als richtig empfinde. Gern erläutere ich die Gründe: Politische Parteien leisten noch unserem Grundgesetz einen wesentlichen Beitrag zur politischen Willensbildung der Bürger. Die Parteien haben in den letzten 70 Jahren wesentlich zum Erfolg und zur Stabilität der Bundesrepublik beigetragen. Noch nie in unserer Geschichte hatten wir ein besseres politisches System, daran dürfen wir mit Fug und Recht erinnern. Jedoch sind die Herausforderungen und Aufgaben der Parteien, insbesondere durch die sozialen Netzwerke und die Digitalisierung, deutlich gestiegen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, sind Investitionen in Millionenhöhe unvermeidlich. Übrigens: Niemand investiert so intensiv in digitale Kommunikation, wie die Feinde der Demokratie, die sich Kostenfaktoren wie Mitgliederbetreuung, Partizipation oder ähnliches schlicht sparen. Dieser Bedrohung der Demokratie sollten die demokratischen Parteien etwas entgegen setzen können. Gerade in einer Zeit, in der demokratische Strukturen vielseitig unter Druck geraten, sollten wir unsere Parteien selbstbewusst darin unterstützen, mit den neuen Aufgaben auch finanziell Schritt halten zu können.
Die Haushaltshoheit liegt in der Bundesrepublik beim Parlament, der Vorwurf der „Selbstbedienung der Parteien“ läuft ins Leere. Wir sollten auf die Parteienfinanzierung in Deutschland stolz sein. Im Gegensatz zu manch anderen Ländern sind die Parteien in Deutschland weitgehend unabhängig von Großspendern. Das Vorhaben wurde zweimal zur Kernzeit des Deutschen Bundestages öffentlich und transparent debattiert, die Regeln eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens wurden natürlich konsequent beachtet. Der Umfang der Gesetzesänderung – die Veränderung einer Zahl – würde eine monatelange Verfahrensverzögerung nicht rechtfertigen. Schließlich geht es hier nicht um eine komplizierte Reform mehrerer Punkte des Parteiengesetzes, über die man zu Recht viele Wochen in Ruhe beraten muss, sondern schlicht um die Frage, ob wir nicht angesichts der digitalen Herausforderungen den Parteien mehr Mittel zubilligen sollten. Meiner Ansicht nach ist das der Fall, insbesondere, wenn man den Feinden unseres politischen Systems nicht das Feld überlassen will.
Beste Grüße
Andrea Nahles