Frage an Andreas Dressel bezüglich Soziale Sicherung

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Andreas Dressel
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Frage von Barbara U. •

Frage an Andreas Dressel von Barbara U. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Dressel

Welche Gründe gibt es, dass Obdachlosen tagsüber der Zutritt zu den Räumen der Notunterkünfte versperrt wird? Wenn Art 3 GG noch Gültigkeit hat, dann wundert es mich, mit welchem Einsatz man sich um Flüchtlinge kümmert (denen ich das vom Herzen gönne) und die Bedürfnisse der Bürger im Land (egal ob es sich um deutsche oder ausländische Bürger handelt), die durch Notlagen bedürftig wurden, vernachlässigt. Bitte sorgen Sie dafür, dass auch diese Bürger tagsüber eine warme Unterkunft haben.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau U.,

vielen Dank für ihre Frage. Hamburg kümmert sich intensiv um Menschen,
die obdachlos oder von Wohnungsverlust bedroht sind. Einen Überblick
über das gesamte Hilfssystem für wohnungs- oder obdachlose Menschen
bietet eine aktuelle Broschüre der Sozialbehörde. Siehe:
http://www.hamburg.de/contentblob/127994/data/hilfesystem-datei.pdf

Obdachlose haben es in den Wintermonaten von Anfang November bis Ende
März angesichts winterlicher Temperaturen in Hamburg besonders schwer.
Das Winternotprogramm bietet deshalb Tag für Tag knapp 900 Menschen die
Möglichkeit eines warmen Schlafplatzes in der Nacht. Die Kapazitäten in
den kältesten Monaten sind nahezu vollständig ausgelastet. Obdachlose
brauchen bei niedrigen Temperaturen aber auch tagsüber die Möglichkeit
eines warmen Aufenthalts. Die Eröffnung der neuen Tagesaufenthaltsstätte
in der Friesenstraße und die zusätzliche Wochenendöffnung in der TAS
Bundesstraße und im Herz As haben hier die Situation bereits deutlich
entspannen können.

Die Schlafplätze im Winternotprogramm selbst sind aus verschiedenen
Gründen nicht als ganztägige Wohnunterkunft geeignet. Das liegt z.B.
daran, dass die Schlafplätze im Winternotprogramm einmal täglich
intensiv gereinigt werden müssen und es dort keine fest zugewiesenen
Schlafplätze gibt.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Hamburg nicht jedem, der nach Hamburg
kommt und keine Unterkunft hat, eine Unterkunft oder gar Wohnung
anbieten kann. Hierfür ist dann schon eine sozialrechtliche Prüfung
erforderlich. Bei den Flüchtlingen liegt der Fall anders, da der
Gesetzgeber zu Recht unterstellt, dass sie keine Alternative haben.
Deshalb müssen sie unmittelbar nach der Meldung bei einer Hamburger
Behörde zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden,
bis das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet, welchem
Bundesland der Flüchtling zugewiesen wird.

Auch weiterhin gilt es, das Ziel zu verfolgen, Menschen aus der
Obdachlosigkeit herauszulösen und in geregelte Wohnverhältnisse zu
vermitteln sowie präventiv den Verlust der Wohnung zu verhindern. Das
Winternotprogramm ist keine Form der dauerhaften öffentlichen
Unterbringung, sondern ein bewusst niedrigschwelliges
Übernachtungsangebot als Erfrierungsschutz. Es ist kombiniert mit
Beratungsangeboten sowohl für in Hamburg unterbringungsberechtigte
Obdachlose als auch für Migranten/-innen aus EU-Mitgliedsstaaten, die
eine Sozialberatung und gegebenenfalls Hilfen zur Rückkehr in ihre
Herkunftsstaaten erhalten.

Für Obdachlose, die an vorübergehenden oder dauerhaften Erkrankungen
leiden, ist besondere Sorge zu tragen. Für sie sind Regelungen zu
treffen, die ihnen auf jeden Fall einen ganztägiger Aufenthalt entweder
in der Notübernachtungsstätte Pik As oder im Ausnahmefall auch direkt im
Winternotprogramm ermöglichen.

Wichtig ist es für die Obdach- und Wohnungslosen in Hamburg, nicht
dauerhaft auf Notunterkünfte angewiesen zu sein. Daher muss dafür
gesorgt werden, dass möglichst viele Obdachlose unmittelbar vom
Winternotprogramm in die öffentlich-rechtliche Unterbringung vermittelt
werden können. Dies ist eine Aufgabe der mit dem Winternotprogramm
verbundenen Beratungsangebote. Die Stadt muss daher in der öffentlichen
Unterbringung ein ausreichendes Kontingent an Plätzen für Wohnungslose
vorhalten. Aktuell leben ungefähr 3.000 Wohnungslose in der öffentlichen
Unterbringung, der Bedarf ist steigend. Auch muss verstärkt in
präventive Angebote investiert werden, um zu verhindern, dass Menschen
durch vorübergehende oder dauerhafte soziale Probleme ihre Wohnungen
verlieren und in die Obdachlosigkeit abgleiten. Der Senat hat hierzu das
Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich
Wohnungssuchenden mit Wohnraum in Hamburg (Drs. 21/2905) vorgelegt, das
ein Maßnahmenpaket enthält, das mit allen wichtigen Akteuren der Wohnungslosenhilfe
abgestimmt wurde. Darüber hinaus verfolgt der Senat weiterhin die im
Gesamtkonzept Wohnungslosenhilfe enthaltenen Ziele und Maßnahmen.

Am 10. Februar haben wir gerade einen Antrag für folgende Maßnahmen in
die Bürgerschaft eingebracht und beschlossen: Der Senat möge

1. sicherstellen, dass für Obdachlose, die an einer Erkrankung leiden,
auf jeden Fall ein ganztägiger Aufenthalt im Pik As oder im Ausnahmefall
auch direkt im Winternotprogramm ermöglicht wird,

2. möglichst vielen Nutzerinnen und Nutzern des Winternotprogramms einen
Übergang in die öffentlich-rechtliche Unterbringung ermöglichen,

3. sicherstellen, dass in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung ein
ausreichendes Kontingent an Plätzen für Wohnungslose zur Verfügung steht,

4. mit den Trägern und fördern und wohnen die Inanspruchnahme und die
Angebote der Tagesaufenthaltsstätten während des Winternotprogramms
auswerten und diese Auswertung in die Planungen für das kommende
Winternotprogramm einbeziehen.

Beste Grüße

Ihr

Andreas Dressel