Frage an Andreas Schwab bezüglich Wirtschaft

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Andreas Schwab
CDU
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Frage von Andreas M. •

Frage an Andreas Schwab von Andreas M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Schwab,

die EU verfolgt weiterhin trotz folgenschwerer Krise ab 2008 einen extremen "Öffnungskurs" für Weltkonzerne und Finanzindustrie für unsere Märkte und umgekehrt. Die aktuellen Verhandlungen zu den Handelsabkommen beweisen, das wir europäischen Bürger nicht eingebunden werden sollen, da sich Widerstand formieren könnte wenn der tatsächliche Inhalt zu Tage kommt.

Der Abbau von lange Jahre hart erkämpften sozialen, wirtschaftspolitischen und umweltpolitischen Standards ist offensichtlich und gefährdet nicht nur den sozialen Frieden.

Sind Sie nicht auch daran interessiert die Inhalte dieser Verhandlungen aus den verschlossen Räumen zu erfahren um mitgestalten zu können?

Setzen Sie sich dafür ein, das wir Bürger den Inhalt dieser Abkommen erfahren und diskutieren können?

Haben Sie auch das Gefühl, das sehr viele Bürger besorgt über die undemokratische Vorgehensweise der EU sind?
Die aktuellen Verhandlungen zeigen auf, das Sie als Parlamentarier demnächst fast kein Mitspracherecht mehr in der Gestaltung unserer Politik haben werden. Beängstigt Sie das nicht?

Vielen Dank für Ihre kurze Rückmeldung
mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr M.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zur sogenannten transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Ich freue mich, dass Sie die Verhandlungen zwischen der EU und den USA so aufmerksam verfolgen und möchte Ihnen gerne antworten.

Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass der erfolgreiche Abschluss dieses Abkommens für die EU und die USA eine große Chance darstellen kann. Ein solches Abkommen würde unsere beiden Wirtschaftsräume enger vernetzen und somit mehr Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze schaffen. Allein um 2.2 Milliarden Euro an Zöllen in der EU könnten jährlich wegfallen, bei den USA um 3 Milliarden Euro. Die Volkswirtschaft der EU könnte hierdurch pro Jahr um 119 Milliarden Euro stärker wachsen als bisher. 80 % dieser potentiellen Gewinne würden sich allein aus der Senkung der durch bürokratische Doppelregelungen verursachten Kosten ergeben.

Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen ist jedoch eins für mich klar: Unsere hohen Standards dürfen weder durch die "Hintertür" umgangen, noch in irgendeiner Form gelockert oder verwässert werden. Dies gilt sowohl für die Bereiche Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als auch für unseren Datenschutz und unsere Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte. Der US-amerikanische Präsident Barack Obama hat selbst bei seinem Besuch in Brüssel am 26. März 2014 betont, dass er sich seine gesamte politische Karriere lang für den Schutz von Verbrauchern und Umwelt eingesetzt und deshalb kein Interesse daran habe, mit einem Handelsabkommen diese Standards aufzuweichen. Ich hoffe, dass dies bei den Verhandlungen, die die EU-Kommission im Namen der Mitgliedstaaten führt und die ich intensiv verfolge, auch berücksichtigt wird. Da die Systeme auf beiden Seiten des Atlantiks sehr unterschiedlich sind, bin ich der Meinung, dass in gewissen Bereichen keine Liberalisierung unserer Märkte möglich sein wird. Nichtsdestotrotz gibt es beim bestehenden System Verbesserungspotential, das genutzt werden kann, um unsere globalen Märkte besser zu vernetzen.

Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Transparenz der Verhandlungen gilt grundsätzlich, dass die Mitgliedsstaaten, also auch Deutschland, der EU das Mandat übertragen haben, in internationalen Handelsfragen für die Mitgliedsstaaten aktiv zu werden. Die EU hat dadurch die Kompetenz, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten - auch das Transatlantische Freihandelsabkommen - abzuschließen. Diese Abkommen werden von der Kommission für die EU im Rahmen eines konkreten Verhandlungs-mandates verhandelt, welches durch den Ministerrat - die Mitgliedsstaaten - und nicht durch das Europäische Parlament vorher erteilt wird. Die Kommission, die derzeit die Verhandlungen führt, ist verpflichtet, das Parlament in allen Verhandlungsphasen (vor und nach den Verhandlungsrunden, so nun auch nach der siebten Verhandlungsrunde im September 2014) unverzüglich und umfassend zu unterrichten. Und nur wir, also das Parlament, können am Ende das TTIP-Abkommen in Kraft setzen, was jedoch nicht vor 2016 zu erwarten ist.

Die Kommission informiert seit Beginn der Verhandlungen umfassend. Die genauen Verhandlungspositionen der EU sowie die Ergebnisse der jeweiligen Verhandlungs-runden - die achte Verhandlungsrunde fand Anfang Februar in Brüssel statt - sind auf der Internetseite der Generaldirektion Handel einzusehen und werden ständig aktualisiert (http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm). Auf Druck des Parlaments hin hat der Rat am 9. Oktober 2014 die Veröffentlichung des Verhandlungsmandates beschlossen (http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11103-2013-DCL-1/en/pdf), in welchem die Verhandlungsleitlinien des TTIP dargelegt werden. Zudem startete im Januar diesen Jahres mit der neuen Handelskommissarin Malmström eine Transparenzinitiative, im Rahmen derer die EU Kommission konkrete Textvorschläge und Positionspapiere veröffentlicht, die nun für jedermann zugänglich sind (http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1230).

Daneben veröffentlicht die Kommission fortlaufend Papiere zu den wichtigsten Verhandlungsthemen, hat einen Fragen-/Antwortenkatalog online gestellt und beantwortet weiterhin jede Frage, die an sie gerichtet wird. Außerdem bietet die Kommission ge-zielte Informationsveranstaltungen für Vertreter aller Interessengruppen an. Auch wur-de ein neues Beratungsgremium geschaffen, welches sich paritätisch aus Vertretern aller Interessengruppen zusammensetzt (Gewerkschaften, Industrie, Verbraucher-schutz, etc.) und regelmäßig informiert und konsultiert wird. Die zwischen Kommission und Mitgliedstaaten beratenen Angebote der EU zu Marktzugang und Zollfragen unterliegen keinen Beschränkungen in einem Leseraum, sondern der Kontrolle der Mitgliedstaaten selbst. Diese entscheiden somit über die Vervielfältigung ihrer eigenen Angebote. Lediglich die US-Papiere und konsolidierten Verhandlungstexte, die die Vorschläge von EU- und US-Seite kombinieren, werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in der Öffentlichkeit verbreitet. Jedoch werden diese Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Vertretern der Mitgliedstaaten im Leseraum zur Verfügung gestellt. Die EU-Kommission hat darüber hinaus die US-Regierung wiederholt gebeten, die Einsichtsmöglichkeiten zu verbessern. Die häufig vertretene Ansicht, die Verhandlungen seien deshalb nicht transparent genug, teile ich aus diesem Grunde nicht: Denn ein Abkommen in schriftlicher Form gibt es bislang nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Andreas Schwab

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