Frage an Axel Troost bezüglich Staat und Verwaltung

Dr. Axel Troost
Axel Troost
DIE LINKE
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Frage von Stefan W. •

Frage an Axel Troost von Stefan W. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Dr. Troost,

in einer Ihrer Antworten auf dieser Seite haben Sie sinngemäß mitgeteilt, dass Bremen als Land erhaltenswert sei. Leider habe ich mich bislang nicht mit dem Programm der LINKEN vertieft beschäftigt, diese Einstellung erstaunt mich deshalb.

Meines Erachtens wäre das Geld der Bürger besser zu verwenden als in der Erarbeitung von eigenen Landesgesetzen (Bauordnung, PsychKG etc.) für gerade mal 500 Tausend Einwohner . Wollten Essen, Köln, Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen, Oberhausen gar sich auch eigene Parlamente und Verwaltungsapparate leisten, würde die Republik mit dem Kopf schütteln. Dies umso mehr, als Bremen kein Geld hat.

Gibt es für den Erhalt von Bremen als Land neben historischen Gründen und der Joberhaltung für die Spitzen im öffentlichen Dienst auch sachliche Gründe?

Für Ihre Antwort bedanke ich mich. Mit freundlichen Grüßen, Wienzek

Dr. Axel Troost
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Wienzek,

vielen Dank für Ihre Frage, zu deren Beantwortung ich vom Großen ins Kleine gehe. Wenn Sie die Frage stellen, ob Bremen als Bundesland noch eine Berechtigung habe, ist es sicher konsequent, die Frage dahingehend zu erweitern, ob man nicht generell eine Reform der Struktur der Bundesländer anstreben sollte - weg von den bestehenden 16 hin zu eventuell nur fünf.

Wir Linke interpretieren unsere Verfassung und unser Staatsgefüge als System der breiten Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. Zentralismus lehnen wir ab, die Steuerung unserer Gesellschaft durch Klein- und Kleinstgruppierungen ebenfalls. Demokratie ist nur dann eine solche, wenn sie auf vielen Schultern verteilt agiert.

Eine Reform im Zuschnitt von fünf Bundesländern würde fünf ausgesprochen starke Ministerpräsidenten hervorbringen. Der Bundesrat wäre nur noch ein Frühstücksclub, um eigene Interessen zu verfolgen. Der Bundestag als Volksvertretung könnte ohne große Anstrengung umgangen werden. Die Parteienlandschaft würde sich ebenfalls dramatisch verändern. Eine solche Regelung wäre demokratiefeindlich.

Die kleine Lösung wäre der Übergang von Bremen nach Niedersachsen. Doch mit welchem Nutzen für die Beteiligten? Bremen ist hoch verschuldet. Durch die Aufgabe des Status als Bundesland würde Bremen den Länderfinanzausgleich verlieren und wäre nur noch eine weitere, aber eben dramatisch verschuldete Stadt in Niedersachen. Auch Niedersachsen ist kein reiches Land. Und ob die uns dann wollen, ist fraglich.

Bremen hat als Wirtschaftsstandort und eigenständiges Bundesland Anrecht auf deutlich mehr Fördermittel vom Staat und der EU, als wenn es nur eine Kreisstadt wäre. Anstatt zu sparen, würden wir Gelder verlieren. Dass wir uns im Rahmen der Föderalismuskommission Gedanken machen müssen, ob gewisse Rechtsaufgaben in den Länder verbleiben sollen oder nicht besser an den Bund abgetreten werden, ist unstrittig.

Am Ende möchte ich kurz auf die Historie eingehen. Bremen war innerhalb der Bundesländer ein Geberland im Länderfinanzausgleich. Erst durch die Steuerreform, in der festgelegt wurde, dass Einkommen nicht mehr am Ort Wertschöpfung versteuert werden, sondern an dem Ort, an dem der oder die Beschäftigte bzw. Unternehmer/in den Lebensmittelpunkt hat, änderte sich das dramatisch. Dies wurde übrigens mit dem Stimmen des damaligen Senats (SPD) beschlossen. Würden die heute täglich nach Bremen einpendelnden Beschäftigten ihre Einkommen in Bremen versteuern, wäre die finanzielle Situation deutlich besser.

Bremen als eigenständiges Bundesland hat also durchaus seine Berechtigung. Für mich wiegt dabei am schwersten das Rechtsgut der breiten demokratischen Beteiligung. Kleinteilige Strukturen sind zentralen Strukturen immer vorzuziehen. Dass es dabei zu den von Ihnen beschriebenen Nachteilen kommen kann, muss man in diesem Fall akzeptieren. Es ist eine Güterabwägung.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Troost