Frage an Beate Walter-Rosenheimer bezüglich Finanzen

Beate Walter-Rosenheimer
Beate Walter-Rosenheimer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Erich W. •

Frage an Beate Walter-Rosenheimer von Erich W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Walter-Rosenheimer,

werden Sie dem Hilfspaket für Zypern zustimmen?

Halten Sie es für möglich, daß es irgendwann ein ähnliches Paket in Deutschland gibt?

Wie würde Ihr Stimmverhalten diesbezüglich im Bundestag sein, würden Sie das ablehnen?

Würden Sie zusätzliche Steuern, einer Sonderabgabe bzw. Steuererhöhungen zur Stabilisierung der europäischen Währung zustimmen?

Halten Sie einen Schuldenschnitt für einzelne Mitgliedsstaaten der EU für ein adäquates Instrument?

Ich bitte Sie, so kurz wie möglich zu antworten, ich denke meine Fragen sind hinreichend formuliert, damit mit einem Ja oder Nein geantwortet werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Erich Weissenbeck

Beate Walter-Rosenheimer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weissenbeck,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Da ich mir die Entscheidung zu diesem Thema nicht leicht machte, hat es bis zur Beantwortung einige Zeit in Anspruch genommen. Bitte entschuldigen Sie dies. Nun zu Ihren Fragen:

Werden Sie dem Hilfspaket für Zypern zustimmen?

Zypern hat innerhalb weniger Wochen drastische Schritte zur Sanierung des Bankensektors unternommen, die mit massiven Zugeständnissen verbunden waren und verdient dafür unseren vollen Respekt. Die grüne Bundestagsfraktion hat eine Zustimmung zu den ESM-Hilfen für Zypern von Anfang an von klaren Kriterien abhängig gemacht. Dazu gehören eine Verkleinerung des Bankensektors, eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche, höhere Unternehmenssteuern, die Tragfähigkeit der Verschuldung und eine ernstzunehmende Perspektive für wirtschaftliche Entwicklung. Das vorliegende Maßnahmenbündel kommt diesen Anforderungen in vielen Punkten nach und fand bei der Abstimmung deshalb auch die breite Unterstützung der grünen Bundestagsfraktion.

Klar ist: Zypern muss sein Geschäftsmodell ändern. Auf Kosten anderer mit Niedrigsteuersätzen, Briefkastenfirmen und einem hinterziehungsfreundlichen Steuersystem zu werben, ist weder nachhaltig noch fair gegenüber den europäischen Partnern. Die Fortsetzung dieses Geschäftsmodells kann die Euro-Zone nicht akzeptieren. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei ein gerechtes europäisches Steuersystem – die Konzepte hierfür sind längst formuliert. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen schlägt einen Europäischen Steuerpakt vor, der das innereuropäische Steuervermeidungs-Karussell zu Lasten der Gemeinschaft stoppt. Auch die deutschen Steuerzahler, die für einen großen Anteil an den Hilfskrediten und Rettungsschirmen bürgen, können es nicht hinnehmen, wenn transnationale Unternehmen ihre Gewinne aus den Krisenländern in europäische Steueroasen verschieben. Die Bundesregierung muss nun dringend eine effektive Mindestbesteuerung für Unternehmensgewinne in der EU durchzusetzen. Die EU-Kommission hat entsprechende Vorschläge gemacht.

Leider war es mir persönlich nicht möglich, an der Abstimmung teilzunehmen, da ich seit Tagen wegen Grippe und Fieber krankgeschrieben war. Eine Reise nach Berlin war aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.

Halten Sie es für möglich, daß es irgendwann ein ähnliches Paket in
Deutschland gibt?

Derzeit halte ich diese Annahme für rein spekulativ und nicht absehbar.

Wie würde Ihr Stimmverhalten diesbezüglich im Bundestag sein, würden
Sie das ablehnen?

Auch diese Frage bezieht sich auf ein spekulatives Konstrukt ohne reale Rahmenbedingungen, so dass ich diese Frage nicht beantworten kann.

Würden Sie zusätzliche Steuern, einer Sonderabgabe bzw.
Steuererhöhungen zur Stabilisierung der europäischen Währung zustimmen?

Siehe ebenda.

Halten Sie einen Schuldenschnitt für einzelne Mitgliedsstaaten der EU
für ein adäquates Instrument?

Neben dem Schuldenschnitt Griechenlands brauchen wir ein Instrument, das überall in Europa die Schulden abbaut. Das kann der Schuldentilgungsfonds des Sachverständigenrats sein. Er verbindet europäische Solidarität über eine gemeinsame Haftung mit einem Plan zur Verringerung der Schulden. Finanziert werden soll der Pakt unter anderem durch eine Abgabe auf große Vermögen. Denn die Schulden des einen sind die Vermögen der anderen. Auf beiden Seiten müssen wir ansetzen.

Investitionen in Bildung, Klimaschutz oder Hilfen bei einer Verwaltungsreform – all dies kann helfen, langfristig aus der Krise zu kommen. Finanzieren können wir dies zum Beispiel durch eine Finanztransaktionssteuer. Deren Aufkommen soll an die EU fließen.

Allein mit Ausgabenkürzungen wird kein Land aus der Misere herauskommen. Sie ist auch kein faires Angebot an die Menschen dort. Die notwendigen Reformen verkrusteter Strukturen sind nur tragbar, wenn alle ihren Teil beitragen. Deswegen dürfen die Kürzungen nicht alleine stehen, sondern gehen nur zusammen mit besseren Einnahmemöglichkeiten und einem soliden Schuldenabbau.

Die Grüne Fraktion steht daher für eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung, die auch die Leistungsbilanzungleichgewichte angeht und Überschussländer zur Korrektur ihrer Wirtschaftspolitik verpflichtet.

Ein Insolvenzverfahren für EU-Staaten unter Einbeziehung der privaten Gläubiger ist eine weitere Forderung. Außerdem braucht es eine Stärkung der Risikovorsorge im Bankensystem.

Darüber hinaus befürworten wir die Einführung von Euro-Bonds zur Stabilisierung des Euro-Währungsgebiets.

Grundsätzlich muss eine starke Beteiligung des europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Walter-Rosenheimer

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