Frage an Beate Walter-Rosenheimer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Beate Walter-Rosenheimer
Beate Walter-Rosenheimer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rudolf H. E. •

Frage an Beate Walter-Rosenheimer von Rudolf H. E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Bundestagsabgeordnete Walter-Rosenheimer, liebe Beate,

ich habe einige für mich und andere Wähler wichtige Fragen an Dich, die ich hier zu beantworten bitte.

Warum warst Du bei 7 Abstimmungen in dieser Legislaturperiode "nicht beteiligt"?

Wie hättest Du Dich entschieden und mit welcher Begründung gerade so, wenn Du an diesen Abstimmungen teilgenommen hättest?

Insbesondere interessiert mich, wie Deine Position zu den nachstehenden, im BT behandelten Themen ist:
- 30.01.2014 Anbau von Genmais in der EU verhindern
- 21.02.2014 Gesetz zur Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung
- 21.02.2014 Diätenerhöhung

Danke im Voraus für Deine nachvollziehbaren Ausführungen.

Mit besten Grüßen

Rudolf H. Ende

Beate Walter-Rosenheimer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Rudolf,

da wir uns ja schon recht lang kennen, freue ich mich, einmal wieder von dir zu hören - wenn auch auf einer ungewöhnlichen Ebene. Ich hoffe es geht dir gut.

Zu deinen Fragen: an den besagten Terminen war ich krank und entsprechend beim Bundestagspräsidenten entschuldigt.

Wäre es mir möglich gewesen, an diesen drei Abstimmungen teilzunehmen, zu denen du fragst, hätte ich folgendermaßen gestimmt.

- 30.01.2014 Anbau von Genmais in der EU verhindern

Ich hätte diesem Antrag zugestimmt! Wir Grüne hatten einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der vorsah, die Bundesregierung auf ein Nein zum Genmais 1507 zu verpflichten. Leider haben nur fünf Unions-Abgeordnete, davon einer von der CSU, für unseren Antrag gestimmt. Die SPD und der Rest der Unionsabgeordneten haben mit großer Mehrheit gegen unseren Antrag gestimmt - obwohl die SPD sich in ihrem Wahlprogramm klar gentechnikkritisch geäußert hat und die CSU keine Gelegenheit auslässt, sich öffentlich gegen die Gentechnik auf dem Acker auszusprechen.

Bundeskanzlerin Merkel und ihre Regierung haben gegen den klaren Willen der breiten Bevölkerungsmehrheit gehandelt, die keine Agrogentechnik auf Acker oder Teller will. Auch das Europäische Parlament, die meisten Agrarminister der Bundesländer, der Deutsche Bauernverband und die Umweltverbände haben sich gegen die Zulassung ausgesprochen. Offenbar war es Kanzlerin Merkel wichtiger, Rücksicht auf die Gentechlobby zu nehmen und gegenüber den USA gute Stimmung für die laufenden Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen zu machen.

Die Genmais-Zulassung ist unverantwortlich, weil wissenschaftliche Hinweise auf Gefahren für Umwelt und Gesundheit bestehen und wesentliche Risiken bislang nur unzureichend untersucht wurden. Der Genmais 1507 produziert in allen Pflanzenteilen ein Gift, das vor allem gegen Schmetterlings- und Mottenarten wie den Maiszünsler wirkt. Studien belegen, dass der Mais 1507 deutlich giftiger ist als der Genmais MON810, dessen Anbau aufgrund genau solcher Risiken für die Umwelt in Deutschland verboten ist. Dennoch wurden die Auswirkungen des Genmaises 1507 auf europäische Schmetterlingsarten bislang kaum untersucht.

Umweltverbände und Behörden einiger EU-Mitgliedsländer haben zudem in den Studien und Unterlagen, auf die sich das Zulassungsverfahren gestützt hat, zahlreiche methodische Mängel und Datenlücken kritisiert. Zudem wurden Sicherheitsauflagen, die von der EU-Risikobewertungsbehörde EFSA empfohlen wurden, mit dem Zulassungsvorschlag nicht umgesetzt.

Auch gesundheitliche Risiken wurden bislang kaum erforscht. Beispielsweise wurde erst vor kurzem festgestellt, dass sich nach dem Verzehr von MON810 durch Schwangere das enthaltene Insektengift auch in den ungeborenen Kindern wiederfindet. Ein Ergebnis, das viele neue Fragen aufgeworfen hat. Nicht zuletzt würde die Zulassung von "1507" enorme Kosten für die Land- und Ernährungswirtschaft nach sich ziehen, weil sich Bauern, Mühlen, Bäcker, Imker etc. aufwändig vor Verunreinigungen ihrer Produkte durch Gentech-Mais schützen müssten.

- 21.02.2014 Gesetz zur Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung

Auch bei dieser Sache hätte ich mich der Fraktion angeschlossen. Hier hätte ich also dem Gesetzentwurf zugestimmt. Eine Regelung zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung hat die grüne Fraktion seit langem gefordert. Die rot-grüne Bundesregierung hatte 2003 die UN-Konvention gegen Korruption unterzeichnet. Die Nachfolgeregierungen waren dann aber nicht zu einer Ratifizierung der Konvention bereit. Der Vorschlag der Großen Koalition hierzu ist ein Fortschritt gegenüber der Blockade von schwarz-gelb. Er hat aber noch Schwachstellen. Diese müssen in einer Anhörung gründlich beleuchtet und danach ausgebessert werden.

Wir fordern sorgfältige parlamentarische Beratung statt Schnellschussverfahren und ein zusätzliches Gesetz zur Ratifizierung der UN-Antikorruptionskonvention, das wir einbringen. Bisher führen Meinungsverschiedenheiten in der Koalition dazu, dass sie keine einheitliche Position zu einer Ratifizierung dieser Konvention entwickelt hat. Schritte in dieser Richtung sind daher erst einmal nicht zu erwarten. Die internationale Blamage setzt sich damit fort, Deutschland verliert Ränge in den internationalen Korruptionsindizes und steht in einer Reihe mit Ländern wie Syrien und Nordkorea.

Trotz der Schwächen stimmten wir dem Gesetzentwurf der Koalition zu, weil das Signal in die richtige Richtung geht. Damit wird auch der Weg zur Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption freigemacht - auch wenn die Koalition ausgerechnet hier noch nicht mitziehen will.

- 21.02.2014 Diätenerhöhung

Hier hätte ich gemeinsam mit meiner Fraktion abgelehnt. Die Große Koalition hat in eine Änderung des Abgeordnetengesetzes in den Bundestag eingebracht und mit ihrer Mehrheit beschlossen. Die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen haben geschlossen dagegen gestimmt. Das von der Koalition durchgesetzte Verfahren war der Sache nicht gerecht. Zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfes und der 2./3. Lesung und Beschlussfassung im Parlament lag nur eine Woche Beratungszeit.

Angesichts der Komplexität der Frage Abgeordnetenentschädigung und Altersversorgung und der Tatsache, dass darüber auch öffentlich seit Jahren sehr kontrovers diskutiert wird, wäre es richtig gewesen, den Bericht der Unabhängigen Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechtes in Ruhe auszuwerten und zu diskutieren.

Die Kommission tagte von 2011 bis zum 31.3.2013 zu Fragen der Abgeordnetenentschädigung und hat dem Bundestag eine Reihe von Empfehlungen vorgelegt. Der 18. Deutsche Bundestag hatte bis zur Vorlage des Gesetzentwurfes keine Gelegenheit den umfangreichen Bericht der Kommission mit seinen Empfehlungen zur künftigen Abgeordnetenentschädigung, zur künftigen Altersversorgung, zur Kostenpauschale und zu Funktionszulagen umfassend zu beraten. Das kritisieren wir.
Auch wenn wir grundsätzlich eine Orientierung an der Besoldungsgruppe R6 für richtig halten (jede/r Abgeordnete muss unabhängig sein, es gilt das freie Mandat, hat umfangreiche Entscheidungsbefugnisse, wirkt an Gesetzgebung mit usw.), halten wir es nicht für angemessen, die Anpassung an R6 innerhalb eines halben Jahres in zwei Stufen um 10% zu vollziehen. Wir hätten hier eine andere Stufung setzen und für Akzeptanz werben können.

Beste Grüße

Beate

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