Gesetzgebende Volksabstimmung

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Bernd Riexinger
DIE LINKE
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Frage von Jobst T. •

Gesetzgebende Volksabstimmung

Sehr geehrter Herr Riexinger,
was halten Sie von diesem Vorschlag?
"Gesetzgebende Volksabstimmung“

Wir möchten, dass die gesetzgebende Volksabstimmung eingeführt wird und dabei repräsentative Demokratie und direkte Demokratie miteinander verbunden werden.

Dazu bedarf es einer Änderung des Art. 82(1) GG.

Der Art. 82 GG bildet den Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens.

In ihm ist geregelt, daß Gesetze verkündet werden und in Kraft treten, wenn der Bundespräsident sie ausgefertigt (unterschrieben) hat.

Künftig sollen Gesetze erst verkündet werden und in Kraft treten, wenn nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten das Volk in einer gesetzgebenden Volksabstimmung zugestimmt hat.

Um das zu ermöglichen, soll der Art. 82(1) GG geändert werden.
Mit freundlichem Gruß

Jobst T.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr T.,

Vielen Dank für Ihre Frage.

Die repräsentative, parlamentarische Demokratie ist weder das letzte Wort des Grundgesetzes noch der Demokratie-Geschichte. Sie ist zu verbessern und weiterzuentwickeln durch Einführung von Elementen der direkten Demokratie und besserer Kontrollmöglichkeiten für Regierungshandeln. Demokratie darf sich nicht nur in Wahlen erschöpfen. Das Grundgesetz bestimmt, dass das Volk seine Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen ausübt (Art.20 Absatz 2 GG). Diese Möglichkeiten gibt es in der Bundesrepublik Deutschland aber nur auf kommunaler Ebene und in den Ländern, für die Bundespolitik praktisch überhaupt nicht.

Die Einführung von Elementen direkter Demokratie können natürlich die politischen, sozialen und ökonomischen Mängel unserer Gesellschaft nicht beheben. Sie erweitern aber den Einfluss der Bevölkerung auf politische Entscheidungen – und das ist dringend notwendig. Demokratie ist kein »fertiger« Zustand; Demokratie muss Tag für Tag von Bürgerinnen und Bürgern gelebt werden, sie muss aber auch gelebt werden können: auf allen Ebenen und in allen Bereichen – europäische, internationale wie kommunale Ebene bis hin zur Wirtschaft in der Kommune.

Die Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger Politik direkt zu beeinflussen, müssen deshalb erweitert und auch auf die Bundesebene übertragen werden.

Der von Ihne vorgeschlagene Weg, der faktisch eine Volksabstimmung über jedes Gesetz vorsieht, ist jedoch aufgrund der Vielzahl an jährlich verabschiedeten Gesetzen, nicht praktikabel. DIE LINKE im Bundestag fordert folgende Eckpunkte für direkte Demokratie:

Im ersten Schritt können Gesetzesvorlagen und Gegenstände der politischen Willensbildung durch eine Volksinitiative von 100.000 Wahlberechtigten beim Deutschen Bundestag eingereicht werden.
Für den zweiten Schritt – das Volksbegehren – bedarf es einer Zustimmung von einer Million Wahlberechtigten innerhalb von neun Monaten (zwei Millionen bei Grundgesetzänderung). Entspricht der Deutsche Bundestag nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten dem Volksbegehren, so findet als dritter Schritt ein Volksentscheid statt, über den die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger abstimmen und der bei Erfolg, das heißt Mehrheit der abgegebenen Stimmen, auch für den Bundestag bindend ist.

Mittlerweile sind neben die Forderung nach Volksentscheiden auch Konzepte für mehr Bürgerbeteiligung durch so genannte „Bürgerräte“ getreten. Diese werden durch Losverfahren bestimmt und repräsentieren so alle Bevölkerungsgruppen. Bedauerlich ist, dass diese Idee manchmal gegen die direkte Demokratie diskutiert wird. Aus unserer Sicht sollten sich beide Elemente ergänzen: Bürgerräte können Volksbegehren sinnvoll vorbereiten. Denn erst durch den Volksentscheid erhalten die Vorschläge der Bürgerräte echte demokratische Legitimation.

Beste Grüße

Bernd Riexinger

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