Frage an Bodo Ramelow bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Robert W. J. •

Frage an Bodo Ramelow von Robert W. J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Barth,

die Diskussion um eine mögliche Wahlrechtsreform ist ja nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes neu entbrannt.

Meine Frage dazu lautet, wie Sie respektive Ihre Partei zu einer unumschränkten Einführung des allgemeinen Wahlrechts stehen? Damit meine ich ein Wahlrecht, bei dem alle Bürger eine Stimme haben, die zählt und politisch Gehör findet. Schließlich wird bislang eine große Gruppe (ca. 25 %) des Volkes, von dem laut GG die Staatsgewalt ausgeht, nicht berücksichtigt. Kinder und Jugendliche, die ganz besonders von Entscheidungen der Legislative betroffen sind, haben faktisch keine Stimme, müssen jedoch viele Entscheidungen, die heute getroffen werden, in späteren Jahren "ausbaden". Dies ist meines Erachtens undemokratisch. Wenn Säuglinge Großaktionäre, Kinder und Jugendliche geschäfts- und straffähig sind, warum können sie nicht wahlberechtigt sein?

Vielleicht gibt es ja auch schon Initiativen dazu? Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um dies in die Diskussion einzubringen!

Über eine Stellungnahme Ihrerseits würde ich mich sehr freuen. Mit bestem Gruß,

Robert W. Jahn

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Sehr geehrter Herr Jahn,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Idee des Wahlrechtes ab der Geburt wird insbesondere von der Gruppe "KinderRÄchTsZÄnker" vertreten.

Meine Partei hat sich abschließend zu diesem Thema noch nicht positioniert. Ich gebe aber gern zu, dass unsere Überlegungen derzeit auch eher in die Richtung gehen, wie wir die Menschen, die seit vielen Jahren hier leben am Wahlrecht beteiligen können, obwohl sie wohl nicht unter den Begriff des Staatsvolkes nach herrschender juristischer Ansicht fallen.

Ich muss zu Ihrer Frage allerdings eine kleine inhaltliche Richtigstellung vornehmen. Strafmündig sind Jugendliche in Deutschland erst ab dem 14. Lebensjahr und die volle Geschäftsfähigkeit beginnt ab dem 18. Lebensjahr. Eine Debatte um die Änderung des Wahlrechts dahingehend, dass auch Kinder und Jugendliche wählen dürfen, müsste wohl auch die Frage behandeln, wie das mit der Strafmündigkeit und Geschäftsfähigkeit werden soll. Aus meiner Sicht gibt es genügend gute Argumente insbesondere an der Strafunmündigkeit nicht zu rütteln.

Was ich in jedem Fall klar ablehne ist das Modell eines Familienwahlrechts, mittels dessen Eltern die Stimme für ihre Kinder abgeben können. Wer Kinder als eigenständige Persönlichkeiten behandeln will, der muss ihnen auch das Recht zu gestehen, selbst zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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