Frage an Bodo Ramelow bezüglich Recht

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Bodo Ramelow
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Bodo Ramelow von Wilfried M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ramelow,

soeben habe ich Ihre Antwort zu der Bildungsfrage vom 23.8. erhalten, wofür ich danke. Meine zweite Anfrage deswegen ist damit im Prinzip überflüssig gewesen.

Wie ich erst jetzt mitbekommen habe, gibt es in Jena ein "Ethikzentrum".
Dort fand ich neben Werbematerial für "Missionarinnen Christi " u.a. den Hinweis auf Kooperationen mit einer Antidopingstelle. In einem von dieser erstellten Flyer ("Strong enough? ...to be fair!) werde ich an Dr. Bergers Traum erinnert ("Überliste ...auch den Staat ... indem du deine Spielräume ausreizt"), weil dort Doping-und Suchtmittel vorgestellt werden mit Hinweisen wie "verboten während des Wettkampfes".

Ich verstehe die Beteiligung des (Neo-)"Ethikzentrums" an solcher Art der "ethischen Information" (unterschwellig: "außerhalb des Wettkamfes darfst du ruhig...") als Ausdruck strategischen praktischen Wirkens der Neoethiker in Grenzbereichen, die offenbar möglichst profitabel aufgeweicht werden sollen. Denkbar sind ja Überschneidungen mit den Profiteuren der Sucht, für die unlängst "Bild" Schleichwerbung gemacht haben soll.

Meine Frage: Würden Sie sich im Bundestag dafür einsetzen, daß der Nat. Ethikrat aufgelöst wird?

Dieser hat - lt. Tagesschau - z.B. gerade die Idee geboren, Arbeitgebern die Möglichkeit einzuräumen, "Gentests" von Personen zu verlangen, welche in Risikoberufen eingesetzt werden sollen. Busfahrer wurden ausdrücklich genannt.
MdB- Kandidaten, "Task- force"- oder "Ethikrat"aspiranten wurden m.W. noch nicht genannt. Als ob die keine verantwortliche Tätigkeit verrichteten oder Konsens ist, daß sie ohnehin verantwortungslos nur tun oder unterlassen, was der globalvernetzt träumende Stratege Dr. Roland Berger den Schlüsselpersonen empfiehlt...

Mit freundlichem Gruß
W. Meißner

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Sehr geehrter Herr Meißner,

Ich finde es vernünftig, dass ein Nationaler Ethikrat eingesetzt wurde,
genauso wie an der Universität Jena ein Lehrstuhl für angewandte Ethik
existiert.
Der Nationale Ethikrat kann Empfehlungen geben. Er darf aber keine
Ergebnisse vorwegnehmen. Wenn einzelne Mitglieder mit nicht akzeptablen
Vorschlägen an die Öffentlichkeit treten, so sind diese zurückzuweisen, aber
kein Grund für eine Auflösung. In diesem Rat sitzen viele
verantwortungsvolle Personen des öffentlichen Lebens und Wissenschaftler.
Zuallererst: Ich lehne entschieden die Patentierung von Lebewesen und
Genen - eingeschlossen die DNA-Datenbank - ab. Wir müssen in Deutschland
beim Verbot des Handels mit menschlichen Eizellen, Geweben und Zellen
bleiben. Ich trete für die Freiheit der Forschung ein, wenn sie denn
gesellschaftlich verantwortbar und die Grundlagenergebnisse allgemein
verfügbar sind. Das heißt auch, dass es Grenzen für die Forschung geben
kann, zum Beispiel beim Klonen von Menschen. Das menschliche Genom darf
nicht patentiert, der Mensch nicht Objekt kommerzieller Interessen werden.
Ich lehne verpflichtende Gentests ab. Es muss verhindert werden, dass
Menschen im Erwerbsleben sowie bei Versicherungen aufgrund ihrer genetischen
Disposition benachteiligt werden.
Die Medizin hat Resultate hervorgebracht, die vor einigen Jahren noch
undenkbar schienen. Ich verspreche mir davon die Heilung bislang unheilbarer
Krankheiten. Ich kann dabei von Erfahrungen in meiner Familie ausgehen. Ich
sehe aber beispielsweise auch Risiken, die ein Eingriff in das menschliche
Erbgut mit sich bringt.
Wichtig für mich ist einerseits der legitime Wunsch der Menschen nach
Gesundheit und andererseits der Wunsch von Menschen mit Behinderungen,
vollständig anerkannt zu werden. Bei allen Betrachtungen steht für mich die
Wahrung der Menschenwürde im Mittelpunkt. Die Diskussion über Fragen der
Bioethik darf nicht nur Fachleuten vorbehalten bleiben. Es muss einen
breiten öffentlichen gesellschaftlichen Dialog geben.
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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