Frage an Bodo Ramelow bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Bodo Ramelow
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Frage von Leif Q. •

Frage an Bodo Ramelow von Leif Q. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Seher geehrter Herr Ramelow!

Welche Folgen hätte es, stellte man Hartz 4 Empfängern ihren gesamten Zuverdienst für selbsgewählte Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung?

-für das Bildungsangebot
-für die Nachfrage nach Arbeitskräften in diesem "Qualifizierungsmarkt"
-für die Selbstmotivation der Hartz 4 Empfänger
-für die Qualifikation der Empfänger

Ich bin Mitglied der WASG und ein hoffnungsvoller
Bürger. Ich möchte mich für Ihre politische Arbeit bedanken und Ihnnen viel Zuversicht wünschen.
Gott segne Sie.

Leif Quellenberg

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Sehr geehrter Herr Quellenberg,

Es ist sicher nicht verkehrt, Geld für Qualifizierungsmaßnahmen einzusetzen. Das könnte Chancen auf dem „Arbeitsmarkt“ erhöhen und auch Nachfrage auf dem „Qualifizierungsmarkt“ nach sich ziehen. Aber wenn keine Arbeitsplätze angeboten werden? Da entsteht auch keine Selbstmotivation für Hartz IV-Empfänger, die doch fast alle arbeiten wollen, um auch ihre Würde wieder herstellen zu können. Die meisten ALG-II-Empfänger brauchen den geringen Zuverdienst, um sich bzw. ihre Familien über Wasser halten zu können. Ich habe einen anderen Vorschlag: Nehmen wir doch die Mittel gebündelt, die gegenwärtig für das Arbeitslosengeld II, die Kosten der Unterkunft und die so genannte Mehraufwandsentschädigung für Ein-Euro-Jobs aufgebracht werden, kombiniert mit bereits vorhandenen Förderfonds von Ländern, Bund und Europäischer Union – zum Beispiel aus den europäischen Sozialfonds – ohne Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen, ohne Zwänge und ohne Demütigungen. Setzen wir sie für die Schaffung regulärer, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in öffentlich geförderten und gemeinnützigen Beschäftigungssektoren ein. Finanziert würde damit ein existenzsichernder Lohn für bisher Langzeitarbeitslose. Für die Ausstattung der Arbeitsplätze könnte ferner ein Teil des durch ein gerechteres Steuersystem – etwa durch Wiederbelebung der Vermögenssteuer – erzielbaren Steueraufkommens eingesetzt werden.

Solche Arbeitsplätze sollen zusätzlich dort entstehen, wo für die Privatwirtschaft Dienstleistungen für Einzelne oder für das Gemeinwesen nicht rentabel sind. Das ist möglich außerhalb des Wettbewerbs mit Privatunternehmen eben durch einen Einstieg in öffentlich geförderte, gemeinnützige Beschäftigungssektoren zwischen Privatwirtschaft und Staat, für die spezifische Bedingungen tariflich auszuhandeln sind. Und da komme ich wieder zu ihrer Ausgangsfrage zurück. Natürlich kann und sollte der non-profit-Sektor auch für Qualifizierung genutzt werden. Statt Arbeitslose zu bekämpfen, wollen wir Arbeitslosigkeit bekämpfen. Darin eingeschlossen ist für mich die finanzielle Absicherung von lebenslangem Lernen, gerade auch für Qualifizierung.

Danke für die guten Wünsche, mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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