Frage an Carl-Christian Dressel bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Carl-Christian Dressel
SPD
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Frage von Nicole H. •

Frage an Carl-Christian Dressel von Nicole H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Dressel,

aus der mündlichen Verhandlung über die Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Verwendung von Nedap-Wahlcomputern bei der letzten Bundestagswahl beim BVerfG am 28. Oktober 2008 werden sie mit folgenden Worten zitiert:

"Die Kommunen hätten ´nicht unerhebliche Investitionen getätigt´, und ´Der Einsatz von Wahlgeräten soll weiterhin ermöglicht werden.´" Nach Angaben der Berichterstatter argumentierten Sie darüber hinaus "mit der normativen Kraft des Faktischen".

Herr Dressel, damit halten sie Argumenten für die Umsetzung elementarer demokratischer und grundgesetzlich garantierter Vorgänge entgegen, dass man viel Geld ausgegeben hätte und jetzt nicht mehr zurück könne? Dieses Geld haben die Steuerzahler aufgebracht und sie wollen es dazu verwenden, vor diesen Steuerzahlern grundlegende Vorgänge unserer Demokratie zu verborgen zu halten?

Wo sind in der gebetsmühlenartig vorgetragenen Forderung "Der Einsatz von Wahlgeräten soll weiterhin ermöglicht werden." denn die Argumente?

Für mich haben sie sich damit als stellvertretender Vorsitzender des Wahlprüfungsauschusses disqualifiziert. Sie sollten an dieser Position über die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen entscheiden, nicht über deren Wirtschaftlichkeit.

Bitte nennen Sie ihre Beweggründe für solche Äußerungen, die meines Erachtens unserer Demokratie einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen und mit ihrem Auftrag als Abgeordneter unvereinbar sind.

Leider weniger als hochachtungsvoll, dennoch mit freundlichem Gruß

Nicole Hornung

Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hornung,

haben Sie vielen Dank für Ihre Email, die mir über abgeordnetenwatch zugestellt wurde. Leider kann ich Ihnen erst jetzt antworten, da ich Eingänge, die mich auf persönlichem Weg erreichen (Post, Fax, Email) mit höherer Priorität bearbeite.

Vorab möchte ich klarstellen, daß es nicht zu meinen Aufgaben gehört, pauschale Unbedenklichkeitsbescheinigungen für bestimmte Stimmauszählungsverfahren auszusprechen – auch nicht in meiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Geschäftsordnung und Immunität. Die Funktion des Wahlprüfungsausschusses besteht vielmehr darin, situationsbezogen und im Nachhinein die Gesetzmäßigkeit der letzten Bundestagswahl und der dabei angewandten Techniken zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund ist meine Äußerung zu verstehen, die Sie in Ihrer email auszugsweise zitieren. Anläßlich der Einsprüche zur Bundestagswahl 2005 kam der Wahlprüfungsausschuß in der darauffolgenden Untersuchung zu dem Resultat, daß in keinem der genannten Fälle eine Manipulation nachweisbar, ja noch nicht einmal behauptet war. Einzig auf der Grundlage dieser Fakten erhebt der Wahlprüfungsausschuß gegenwärtig (und damit ex post) keine Einwände gegen den Einsatz der Wahlgeräte.

Grundsätzlich teile ich die von Ihnen geäußerte Sorge vor der Manipulierbarkeit des Wählerwillens. Ich glaube jedoch auch, daß sich diese Sorge nicht ausschließlich an der Frage der Wahlgeräte festmachen sollte. Zweifellos bietet jedes Auszählverfahren Ansatzpunkte für Betrug. Absolute Sicherheit gibt es leider nicht – und dies wurde auch nie behauptet. Ich möchte Ihnen dies anhand eines Beispieles erläutern:

Kritiker des Einsatzes von Wahlgeräten behaupten in der Regel, das Wahlverfahren mit Stift und Papier sei vom Wähler nachvollziehbar und überprüfbar. Manipulationen seien so zu verhindern oder jedenfalls nachträglich festzustellen. Dagegen gebe es eine Reihe von Möglichkeiten, Wahlgeräte so zu manipulieren, daß dies anhand der üblichen Verfahren nicht entdeckt werden kann. Tatsächlich können Stimmzettel nachträglich neu ausgezählt werden. Bei einer neuen Auszählung werden jedoch nur die vorhandenen Stimmzettel neu gezählt, ohne daß sicher ist, daß dies auch die Stimmzettel sind, die von den Wahlberechtigten in dem Wahlbezirk tatsächlich in der vorliegenden Form gekennzeichnet wurden. Ob ein Teil der Stimmzettel vernichtet und durch neue ausgetauscht wurde, ist durch bloßes Nachzählen nicht feststellbar. Ebenso wenig, wie man einem Wahlgerät von außen die Unversehrtheit ansehen kann, kann man einem Stimmzettel ansehen, ob er tatsächlich von einer bestimmten Person in der vorliegenden Form gekennzeichnet wurde.

Die Sicherheit der Wahl mit Wahlgeräten wird durch zahlreiche rechtliche, technische und organisatorische Maßnahmen gewährleistet. Diese Maßnahmen haben sich in der Vergangenheit bewährt. Ferner unterliegen sie ständiger Überprüfung. Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Auszählung durch Wahlgeräte bei zurückliegenden Wahlen sind nie geäußert worden. Aufgrund dieser Tatsachen hat der Deutsche Bundestag im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens die Sicherheit der Wahl mit Wahlgeräten bei der Bundestagswahl 2005 festgestellt und die Wahleinsprüche zurückgewiesen. Nun gilt es, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Carl-Christian Dressel, MdB