Frage an Carsten Sieling bezüglich Innere Sicherheit

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Carsten Sieling
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Frage von Hildegund M. •

Frage an Carsten Sieling von Hildegund M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr. Sieling,

wir, die Bremer Regionalgruppe der IPPNW würden gern wissen, wie unsere friedens-,energie-,gesundheits-und sozialpolitischen Ziele von Ihnen in der nächsten Legislaturperiode vertreten werden. Außer den schon von F. S. . gestellten Fragen, die auch für uns von großer Wichtigkeit sind und die Sie schon beantwortet haben, stellen sich für uns noch weitere.

1. Militärinterventionen wie die „Responsibility to Protect“(Schutzverantwortung) werden mit dem Hinweis auf „ sich entwickelnde Rechtsnormen“ gerechtfertigt und damit das Prinzip der staatlichen Souveränität relativiert. Die Friedensbewegung kritisiert, dass im Namen der Menschenrechtspolitik eigene Interessen der intervenierende Staaten betrieben werden und die Bundesrepublik sich immer mehr in dieses Konzept der Rechtfertigung einbindet.

Lehnen Sie Bundeswehreinsätze im Rahmen humanitär begründeter Militärinterventionen ab?

2. Nach den EU-Aufnahmerichtlinien ist die Bundesrepublik verpflichtet, besonders Schutzbedürftige unter den Flüchtlingen wie Traumatisierte und Minderjährige in ihren Belangen besonders zu berücksichtigen.

Wie kann sicher gestellt werden, dass traumatisierte Flüchtlinge im Asylverfahren rechtzeitig identifiziert werden und eine angemessene medizinisch/psychotherap. Betreuung erhalten ?
Wie kann außerdem eine angemessene Behandlung von allen Flüchtlingen und Menschen ohne Krankenversicherung sicher gestellt werden?

3. Würden Sie sich dafür einsetzen
- dass das Dublin-Abkommen grundlegend verändert wird zu einer fairen Verantwortungsteilung für die Aufnahme Asylsuchender in Europa?
- dass Flüchtlinge auf hoher See nicht in nordafrikanische Staaten abgedrängt werden dürfen, sondern in den nächsten sicheren Eu-Hafen gebracht werden
- die Inhaftierung von Asylsuchenden zu verbieten
- das jährliche Kontingent von 300 Flüchtlingen, die im Resettlementprogramm nach Deutschland kommen, deutlich zu erhöhen?

Hildegund Mikoteit

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SPD

Sehr geehrte Frau Mikoteit,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Die Zustimmung zu Auslandseinsätzen beschäftigt Abgeordnete und damit auch mich immer wieder besonders. Die Diskussion darum ist stets kontrovers und bleibt letzter Konsequenz eine Gewissensentscheidung jedes einzelnen Abgeordneten. Militäreinsätze sind immer Ultima Ratio: nur mit UN-Mandat, Bundestagsbeschluss und politischem Konzept.

Der Begriff Responsibility to protect wurde erst in diesem Jahrtausend geprägt und folgt dem Verständnis, dass staatliche Souveränität vor allem dem Schutz der Menschenrechte dient. Menschenrechte haben also letztlich Vorrang vor staatlicher Souveränität.

Die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft zum Schutz der Bevölkerung wird dabei ausdrücklich nicht primär als militärische Aufgabe verstanden. Die präventive Verantwortung wird als die wichtigste bezeichnet. Erst wenn alle anderen Maßnahmen sämtlich ausgeschöpft sind, können im Extremfall militärische Zwangsmaßnahmen angewendet werden. Ganz praktisch bedeutet das auch, dass viel mehr für die Prävention der Eskalation von Konflikten getan werden muss, z. B. auch durch eine restriktive Rüstungsexportpolitik.

Die SPD will die restriktiven Exportrichtlinien der rot-grünen Regierungszeit wiederbeleben und diesen eine höhere Verbindlichkeit verleihen. Rüstungsexporte in Krisengebiete und in Länder, in denen die Menschenrechte massiv missachtet und verletzt werden, sind nicht akzeptabel. Eine Ausweitung von Rüstungsexporten aus wirtschaftlichen Gründen und als Ersatz für eine gestalterische Außenpolitik lehnen wir entschieden ab. Eine mögliche Weitergabe deutscher Rüstungsgüter an Dritte ist wirksam zu kontrollieren und Verstöße gegen Endverbleibsklauseln sind streng zu sanktionieren. Auch wollen wir den Export von Sicherheitsdienstleistungen und Dual-Use-Gütern wirksamer kontrollieren und in die Berichterstattung einbeziehen.

Ich setze mich dafür ein, dass der Umfang der medizinischen Leistungen an die Erfordernisse der EU-Richtlinie über Aufnahmebedingungen (2003/9 EG) angepasst und auch um psychologische Behandlungen von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen schweren Gewalttaten geworden sind, ergänzt wird.

Auch in der Flüchtlingspolitik der EU muss Vieles besser werden- einschließlich eines solidarischen Ausgleichs. Das sogenannte Flughafenverfahren hat heute angesichts sehr geringer Fallzahlen nur noch eine geringe Bedeutung. Deshalb muss das Verfahren, das mit erheblichen Restriktionen verbunden ist, ausgesetzt werden. Der Eilrechtsschutz in Dublinverfahren ist durch eine Gesetzesänderung 2013 eingeführt worden. Gemeinsam mit dem UNHCR ist ein bundesweites Programm für Resettlement für Kontingentflüchtlinge auszubauen und zu verstetigen. Abschiebungshaft darf nur als letztes Mittel angeordnet werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Carsten Sieling MdB