Frage an Carsten Sieling bezüglich Soziale Sicherung

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Carsten Sieling
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Frage von Volker B. •

Frage an Carsten Sieling von Volker B. bezüglich Soziale Sicherung

Welche Position vertreten Sie zum Modell des Bedingungslosen Grundeinkommens? Sollte Ihre Haltung ablehnend sein skizzieren Sie bitte Ihre Vorstellung von einer gesellschaftlichen Evolution, bezogen auf die grundsätzliche Versorgungs- und Verantwortungsgemeinschaft in diesem Staat.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Budach,

das große Versprechen, durch Einführung eines Grundeinkommens den von Ausgrenzung Betroffenen und Bedrohten einen Zugang »in« die Gesellschaft und zur vollen und gleichberechtigten Teilhabe zu eröffnen, wird nach meiner Überzeugung nicht eingelöst werden können. Im Gegenteil, die Gefahren der gesellschaftlichen Ausgrenzung werden für davon besonders Bedrohte, eher zunehmen.

Ich will Ihnen das an drei Punkten begründen:

1. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird insgesamt die Spaltung der Gesellschaft über den Erwerbsstatus forcieren, selbst wenn die Erwerbslosen mit einem ausreichend hohen Sozialeinkommen versorgt werden. Der Grund: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass mit einem solchen Grundeinkommen die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit zunimmt.

2. Ich befürchte, weil die eigentlichen Adressaten eines bedingungslosen Grundeinkommens nicht gleichermaßen in der Lage sind, dieses Grundeinkommen so einzusetzen, dass sie darüber »inmitten« der Gesellschaft leben, wird es auch nicht die Angleichung der Lebenslagen an die schaffen, die auf dieses Grundeinkommen nicht angewiesen sind.

3. Das bedingungslose Grundeinkommen wird das Armutsproblem nicht lösen. Denn mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wird Armut nur auf materielle Gesichtspunkte reduziert. Durch Sozialtransfers allein, wird sich im Leben der Betroffenen aber wenig, bis gar nichts ändern.

Die sozialdemokratische Vorstellung unseres Landes ist eine andere. Um allen Menschen vergleichbare Möglichkeiten selbstständigen Lebens und gesellschaftlicher Beteiligung zu gewährleisten, ist ein Sozialstaat notwendig, der zu den jeweils bestehenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen passt. In diesem Sinne diskutiert die SPD verschiedene Reformmaßnahmen.

Dazu gehören:

- ein gesetzlicher Mindestlohn, um alle Erwerbstätigen vor Löhnen zu schützen, mit denen sich kein Lebensunterhalt finanzieren lässt, aber auch um niemanden einer Erwerbsarbeit »unter Wert« auszuliefern;

- der Ausbau von Leistungen der Kindererziehung und Versorgung, um gerade Kinder wirksam von Armut zu schützen und ihnen allen faire und gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen zu geben;

- eine ausreichende soziale Absicherung, um ein Leben in Armut zu verhindern, und ebenso nachhaltige Förderungen, um die Aufstiegschancen der von Armut und Ausgrenzung Betroffenen deutlich zu verbessern;

- eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer, verbunden mit flexiblen Übergängen in den Ruhestand über Teilrentenbezug oder Altersteilzeit.

Kurzum: Der Sozialstaat soll daran mitwirken, allen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land vergleichbare Freiheits- und Beteiligungschancen zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Carsten Sieling MdB.

Ps.: Ich bin der festen Überzeugung, dass auch im schnellen Internet genug Zeit für eine Anrede und einen Schlussgruß sein sollte…