Frage an Cem Özdemir bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Cem Özdemir
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Frage von Raphael G. •

Frage an Cem Özdemir von Raphael G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Özdemir,

Am 29.4.2014 berichtete die ZDF Satire Sendung sehr kritisch über den Zusammmenhang zwischen Eu-Organisationen (Tink-Tank Organisation)und den deutschen Medien.
Es wurde gesagt,die deutschen Medien seinen nur eine jeweils lokale Nato-Presseausgabe.

Ich würde mich freuen,ihre persönliche Meinung dazu zu hören.

https://www.youtube.com/watch?v=nX3urDVrwTE#

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Sehr geehrter Herr Grosch,

ich kann beim Blick in die tägliche Presse wahrlich nicht erkennen, dass deutsche Medien nur eine lokale Nato-Presseausgabe seien. Wer ist überhaupt mit „deutschen“ Medien gemeint? Nur ARD, ZDF und die FAZ? Oder auch die taz? Was ist mit den Wochenzeitungen Freitag und Jungle World? Was ist mit Telepolis? Unsere Medienlandschaft (einschließlich vieler politischer Blogs) ist sehr vielfältig. Das ist wichtig und das bleibt hoffentlich auch so. Vielfalt in der Medienlandschaft ist Voraussetzung für Demokratie. Es hat seinen Grund, warum Diktatoren und Autokraten genau mit dieser Vielfalt ein Problem haben und Zeitungen und TV-Sender verbieten oder Webseiten blockieren.

Wenn man sich nur aus einer Quelle informiert, sollte man sich hinterher nicht beklagen, die Medien würden einseitig berichten. Mir ist klar, dass nicht jede und jeder die Zeit hat, am Tag verschiedene Zeitungen zu lesen, Nachrichtensendungen zu sehen oder Nachrichtenseiten im Netz aufzurufen – aber ein bisschen Vielfalt muss auch hier sein, wenn es darum geht, sich eine Meinung zu bilden! Demokratie lebt eben auch von aufgeklärten und kritischen Bürgerinnen und Bürgern.

Gerade im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt höre ich immer mal wieder die Klage, die deutschen Medien würden einseitig berichten oder Fürsprecher Russlands nicht zu Wort kommen lassen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf diese Studie: http://www.bpb.de/internationales/europa/ukraine/187151/analyse-die-ukraine-krise-in-den-deutschen-talkshows

Dort wird anhand einer Analyse bekannter TV-Talkshows überzeugend dargelegt, dass keine Rede davon sein kann, dass die Berichterstattung dort anti-russisch sei oder Fürsprecher Russlands nicht zu Wort kämen.

Was die Verbindung von JournalistInnen und Think-Tanks angeht: Selbstverständlich sind auch politische Journalisten Teile von Netzwerken, selbstverständlich haben auch Journalisten politische Ansichten. Gerade deshalb ist mediale Vielfalt so wichtig. Ich halte den Anspruch auf „objektiven Journalismus“ jedenfalls für verfehlt. Es hilft, sich aus verschiedenen Quellen zu informieren und sich dann einen Reim zu machen. Wenn man sich zum Thema Vorratsdatenspeicherung nur aus der FAZ informiert, hat man möglicherweise weniger Informationen zur Hand, als wenn man dazu auch mal einen Blick in die taz wirft oder in den Blog https://netzpolitik.org.

Ich weise abschließend auf diesen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung hin, in dem „objektiver Journalismus“ thematisiert wird: http://www.sueddeutsche.de/politik/berichterstattung-ueber-die-krim-krise-blick-aus-der-blase-1.1914499

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

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