Frage an Cem Özdemir bezüglich Verkehr

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Cem Özdemir
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan K. •

Frage an Cem Özdemir von Stefan K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Özdemir,

mit der geplanten Reform des PbefG wird den bestehenden Taxibetrieben (26.000 Taxen, ca. 55.000 Arbeitsplätze) die Existenzgrundlage vollständig entzogen und den Fahrdiensten Tür und Tor geöffnet. Die zur Disposition stehende Rückkehrpflicht hat den Sinn, ortsansässige Betriebe in ihrer Existenz zu schützen und Verkehr zu begrenzen. Ansonsten würden Ballungszentren und Hotspots ungebremst überflutet von auswärtigen Fahrdiensten. Genau das wird zur Zeit von uns durch Beobachtung bestätigt. Das belegen auch weltweit erhobene Zahlen aus anderen Großstädten. Die Anzahl der Pkw der Personenbeförderer ist dort jeweils um das Sechsfache angestiegen. Taxis sind seit Jahren voll digitalisiert und bieten schon längst das, was die neuen "Heilsbringer" nun angeblich besser, schneller, bequemer und billiger machen können. Noch mehr Billiglöhner? Noch weniger Parkraum? Noch mehr Verkehr und Stau? In fast jeder Stadt können sie per App ein Taxi bestellen, teilen und bargeldlos zahlen. Kein Preisdumping, kein Lohndumping, keine Rosinenpickerei. Wo genau, soll nun die Innovation von z. B. Uber sein? Bereits jetzt sind Städte und Kommunen mit der Überwachung des gut sicht- und greifbaren Taxigewerbes überfordert. Wie stellen sie sich eine Überwachtung noch größerer Flotten dieser neuen Mobilitätsanbieter und Mietwagenbetreiber überhaupt personell vor? Das Ungeheuerlichste an z. B. Uber ist allerdings die völlige Ignoranz der landeseigenen Gesetzgebung und die permanenten Verstöße gegen diese. Nirgends werden verhängte Strafen gezahlt. Zur Belohnung scheint das Gesetz nun offensichtlich diesem Vorgehen angepasst zu werden. Es sollte bekannt sein, dass es noch kein Unternehmen geschafft hat, eine preiswertere, kostendeckende Personenbeförderung anzubieten. Taxis arbeiten, trotz Schutz, bereits jetzt am Existenzminimum. Der Schutz kippt nun. Das bedeutet eindeutig das Ende für uns.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K. ,

vielen Dank für Ihre Nachricht. In Ihrer Frage sprechen Sie die ankündigte Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBeFG) an.

Als grüne Opposition teilen wir das Bestreben, das Personenbeförderungsgesetz grundlegend zu aktualisieren. Auf der einen Seite machen Herausforderungen wie der Kampf gegen die Klimakrise, die Bewältigung wachsender Pendlerströme aus dem Umland in die Stadt und die Luftreinhaltung in Städten verkehrspolitische Neuerungen notwendig. Auf der anderen Seite gilt es, sinnvolle Regelungen für neue Mobilitätsdienstleistungen und -services aufzustellen und deren Chancen für ein effizienteres Verkehrssystem zu nutzen.

Dabei steht natürlich außer Frage, dass eine Novellierung des PBeFG Auswirkungen haben wird, die auch das Taxigewerbe betreffen und Ihre Sorge kann ich daher durchaus nachvollziehen. Für uns Grüne geht es bei der anstehenden Reform vor allem darum, den Menschen in Stadt und Land ein Maximum an Mobilität zu gewährleisten und gleichzeitig das Verkehrsaufkommen zu reduzieren.

Das Personenbeförderungsgesetz unterscheidet aktuell drei Beförderungstypen: Linien-, Taxi- und Mietwagenverkehr. Wir Grüne setzen uns daher grundsätzlich dafür ein, dass die Abgrenzung zwischen den einzelnen Transportformen mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten bestehen bleibt, wollen diese aber sinnvoll ergänzen. Überall dort, wo neue Mobilitätsdienste identische Services anbieten, müssen diese nach unserer Sicht auch dieselben Rechte und Pflichten erfüllen wie traditionelle Beförderungsunternehmen, um die auch von Ihnen angesprochene “Rosinenpickerei“ zu verhindern.

Für das Ziel mehr Mobilität bei weniger Verkehr halten wir Grüne es für überlegenswert, eine neue Kategorie für geteilte Fahrten einzuführen, also eine Unterteilung zwischen solchen Fahrten, die tatsächlich geteilt sind (Ridepooling) und Fahrzeuge dadurch effizienter nutzen und denjenigen Fahrten, die nicht geteilt stattfinden. Das wäre unabhängig davon, ob es sich bei den Anbietern um private oder öffentliche Anbieter handelt. Mehr Informationen zu dieser möglichen neuen Unterscheidung und zu unserer generellen Positionierung finden Sie in unserem grünen Autorenpapier unter https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/Autorenpapier_Personenbefoerderung.pdf .

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

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