Warum haben Sie als Demokrat gegen die Transparenzregelung gestimmt?

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Christian Ehler
CDU
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Frage von Holger M. •

Warum haben Sie als Demokrat gegen die Transparenzregelung gestimmt?

Sehr geehrter Herr Ehler,
das Parlament ist mit Menschen besetzt die in Vertretung des Volkes dessen Interessen wahrnehmen. Sie werden vom Volk bezahlt und genießen einige Privilegien dafür, das sie dem Volk dienen.
Das Volk muss in der Lage sein die Handlungen und den Versuch der persönlichen Bereicherung durch illegales Verhalten dieser Volksvertreter erkenn zu können. Er muss in den Entscheidungen frei sein um im Sinne des Volkes entscheiden zu können. Diese Freiheit muss erkennbar sein. Die Transparenz von Zuwendungen und Nebenverdienste sind Voraussetzung für diese Tätigkeit. Wer sich persönlich durch seinen Einfluss in dieser Tätigkeit bereichert gehört nicht ins Parlament.
Ich erwarte auch von Ihnen ein entsprechendes Verhalten und eine Befürwortung der Transparenz, d.h. dass alle Zuwendungen und Verdienste durch die Volksvertreter offen gelegt werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Holger M.
CDU-Vorsitzender Amt-Brück

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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie mich fragen, warum ich im Europäischen Parlament gegen eine Verschärfung der Transparenzregeln für Abgeordnete gestimmt habe.

Ihre Ablehnung jeder Art von Vorteilsannahme durch Abgeordnete, teile ich ohne Einschränkung. Nichtsdestotrotz habe ich mich dazu entschieden, im Parlament gegen die Verschärfung der Transparenzregeln zu stimmen. Denn meiner Ansicht nach steht diese Verschärfung der Transparenzregeln im Widerspruch zu den Grundsätzen des Persönlichkeitsschutzes und des freien Mandats, demzufolge Abgeordnete nicht an Aufträge oder Weisungen gebunden sind.

Ich selbst gehe neben meiner Tätigkeit als Abgeordneter keinen weiteren Tätigkeiten nach, aus denen ich Einkünfte beziehe und unterstütze grundsätzlich den Vorschlag, dass Nebeneinkünfte im Zeitraum des Mandats offengelegt werden. Dass jedoch Abgeordnete dazu verpflichtet werden sollen, zu Beginn und zum Ende jeder Legislaturperiode, Ihr gesamtes Privatvermögen offenzulegen - wie es die Verschärfung der Transparenzregeln vorsieht - gefährdet meiner Ansicht nach den Persönlichkeitsschutz der Parlamentsmitglieder: In Anbetracht des Risikos von Daten-Leaks oder Hacker-Angriffen auf die Verwaltung des Europäischen Parlaments, besteht die Sorge, dass die private finanzielle Situation von Abgeordneten oder Ihren Partnern, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und populistisch ausgeschlachtet werden könnten.

Um als Abgeordnete des europäischen Parlaments in Europa und darüber hinaus für demokratische Interessen eintreten zu können, ist es außerdem essenziell für unsere Arbeit, dass wir den Persönlichkeitsschutz bestimmter Menschen gewährleisten können. Die in der Verschärfung der Transparenzregeln enthaltene Verpflichtung, alle geplanten Treffen mit Bezug zur parlamentarischen Tätigkeit, online zu veröffentlichen, wird zum Beispiel sensible Treffen mit Menschenrechtsaktivisten oder Regimegegnern aus Drittstaaten erschweren und könnte diese Menschen in Gefahr bringen. Außerdem erschwert diese Veröffentlichungspflicht den Austausch mit Vertretern der deutschen Wirtschaft, die in undemokratischen und repressiven Staaten wie zum Beispiel China unternehmerisch aktiv sind und mit Einschränkungen ihrer unternehmerischen Tätigkeiten zu rechnen haben, wenn bekannt wird, dass sie mit Abgeordneten des europäischen Parlaments über etwaige Missstände in diesen Staaten im Gespräch sind. 

Die durchgesetzte Verschärfung der Transparenzregeln für Abgeordnete war als Reaktion auf den Korruptionsskandal um die ehemalige sozialistische Abgeordnete und Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili gedacht. Als Reaktion auf diesen Skandal ist die Verschärfung der Transparenzregeln für Abgeordnete aber insofern ineffektiv, als dass sie den Parlamentariern Einschränkungen auferlegt, die das schlichtweg kriminelle Verhalten von Eva Kaili nicht verhindert hätten. 

Ich hoffe, diese Erläuterungen bieten Ihnen einen besseren Einblick in meine Position.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Ehler, Mitglied des Europäischen Parlaments

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