Was sind die aktuellen politischen Vorgehensweisen, um Betroffenen von Post Covid, Post Vac und ME/CFS zu unterstützen? Was wird getan, um nach Behandlungen, Therapien, Medikamenten etc. zu forschen?

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Christian Ehler
CDU
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Frage von Nadine E. •

Was sind die aktuellen politischen Vorgehensweisen, um Betroffenen von Post Covid, Post Vac und ME/CFS zu unterstützen? Was wird getan, um nach Behandlungen, Therapien, Medikamenten etc. zu forschen?

Hallo Herr Ehler, warum wird nicht mehr für die Versorgung von PostCovid, PostVac und ME/CFS Betroffenen getan?Wissen Politiker*innen nicht, dass Zeit eine große Rolle beim Verlauf der Erkrankung spielt?Der Zustand von Betroffenen verschlechtert sich zunehmend und die Chance auf Heilung wird geringer.Wir, Betroffene und ihre Angehörigen brauchen Ihre Unterstützung.Sie haben die Macht, die Stimme und die Kraft, die den Betroffenen fehlt.Bitte nutzen Sie diese, so dass hundertausende Menschen nicht ihr Leben lang ans Bett gebunden sind.Es gibt Möglichkeiten: das Medikament BC007, Immundadsorption etc..Bitte sorgen Sie dafür, dass Aufklärungskampagnen starten, so dass die Ärzt*innen Odysee, das ständige Rechtfertigen/ Erklären, der Kampf, um eine Versorgung etc. endet und die Versicherungen unterstützen.Auch die Pflegeversicherung muss greifen.Nicht jede*r hat ein soziales Netzwerk.Ich bin eine verzweifelte Partnerin eines Post Covid Erkrankten und bitte Sie Stellung zu beziehen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau E.,

da Gesundheitspolitik eine Aufgabe ist, welche primär der Autorität der Mitgliedsstaaten untersteht, hat die EU im Kampf gegen Post-Covid eine eher unterstützende Rolle.

Die Europäische Kommission hat auf ihrer Webseite dazu die folgende Passage:

„Die Europäische Union ergänzt die Gesundheitspolitik der EU-Länder, indem sie deren Gesundheitsbehörden bei der Verwirklichung gemeinsamer Ziele, der Bündelung von Ressourcen und der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen unterstützt. Sie erlässt nicht nur EU-weit geltende Rechtsvorschriften und Normen für Gesundheitsprodukte und -dienste, sondern stellt auch Mittel für Gesundheitsprojekte in der gesamten EU zur Verfügung.

Im Mittelpunkt der EU-Gesundheitspolitik stehen der Schutz und die Verbesserung der Gesundheit, der gleichberechtigte Zugang aller Europäer/innen zu einer modernen und effizienten Gesundheitsversorgung und die Koordinierung der Reaktion auf etwaige schwerwiegende Gesundheitsgefahren, die mehr als ein EU-Land bedrohen. Die Prävention und Bekämpfung von Krankheiten gehören zu den zentralen Anliegen der EU im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Die Prävention erstreckt sich auf viele Bereiche und umfasst Impfungen, die Bekämpfung der Antibiotikaresistenz, Kampagnen gegen Krebs und eine verantwortungsvolle Kennzeichnung von Lebensmitteln.“

Da Covid-19 bzw. Post-Covid definitiv eine Gesundheitsgefahr ist, welche mehr als ein EU-Land bedroht, spielt die EU auch bei der Bekämpfung dieser Krankheit eine Rolle.

Ein Beispiel für einen Beitrag, den die EU bei der Bekämpfung von Post-Covid leistet, ist die aktuelle Arbeit des „Expertengremiums für wirksame Gesundheitsinvestitionen“ (EXPH).

Zu Beginn der Woche veranstaltet der EXPH eine Anhörung zu dem Thema „Facing the impact of post-COVID-19 condition on health systems“. Im Voraus veröffentlichte der EXPH einen Entwurf mit sechs Empfehlungen für die Mitgliedstaaten der EU.

1. Die Forschung zu PCC (Post Covid Condition) sollte, soweit möglich, explizit gemeinsam mit Menschen, die mit der Erkrankung leben, durchgeführt werden. Beispielsweise die Mitgestaltung potenzieller therapeutischer Interventionen sowie einer gezielten Betrachtung nächster Schritte entlang derer, die Erkenntnisse der Forschung Wirkung entfalten können.

2. Forschung zu PCC und insbesondere zu möglichen Behandlungen, muss in ausreichenden Größenverhältnissen durchgeführt werden, um klare Antworten zu erhalten. Dabei muss die Heterogenität der Bevölkerung (z.B. in Geschlecht, Alter oder Ethnizität) sowie ihr sozialer Kontext berücksichtigt werden.

3. Die Gesundheitssysteme müssen die PCC-Forschung auf allen Versorgungsebenen, einschließlich der Rehabilitation, einbetten, um Anreize zu identifizieren, die angewendet werden können, und Hindernisse, die beseitigt werden können, um die Entwicklung von Gesundheitseinrichtungen als Umgebungen für Forschung zu verbessern und Gesundheitspersonal die Nutzung zu erleichtern.

4. Da die COVID-19-Infektion die Ursache von PCC ist, müssen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung, einschließlich Impfung und Reduzierung der Übertragung, weiterhin Priorität haben.

5. PCC muss als eine von vielen komplexen chronischen Erkrankungen anerkannt werden, die bei vielen Patienten mit anderen Erkrankungen koexistieren und nach Versorgungsmodellen verlangen, die in der Primärversorgung koordiniert sind, mit Mechanismen, welche eine schnelle Überweisung an Spezialistenteams gewährleisten und gleichzeitig eine Unterbringung von Patienten in „PCC-Silos“ vermeidet.

6. Es sollte ein koordiniertes Programm von Überwachungssystemen eingerichtet werden, welches Daten aus allen Mitgliedstaaten enthält, konsistente Falldefinitionen und Methoden verwendet und die Auswirkungen dieser Erkrankung auf Gesundheit, Beschäftigung und Wirtschaft umfasst.

Das gesamte Dokument finden sie hier.

Um Ziel zwei zu erreichen, hat die EU das ORCHESTRA Projekt mithilfe von Horizon 2020 finanziert. Das Ziel von ORCHESTRA ist es, „eine internationale, groß angelegte Kohorte für die Durchführung von retrospektiven und prospektiven Studien zu etablieren, um rigorose Beweise zur Verbesserung der Prävention und Behandlung von COVID-19 zu generieren und besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein.“ Andere Studien, welche von Horizon Europe finanziert werden, sind VERDI, EU-CARE und END-VOC.  

Horizon 2020 hat ebenfalls EU-RESPONSE finanziert. Die Webseite von EU-RESPONSE sagt das folgende über das Projekt:

„EU-RESPONSE ermöglicht die europäische Ausweitung der DisCoVeRy-Studie, einer offenen, adaptiven, randomisierten, kontrollierten, multizentrischen klinischen Phase-III-Studie zur Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln bei erwachsenen Krankenhauspatienten, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde. Die DisCoVery-Studie wurde ursprünglich in Frankreich als „Add-on“-Studie der WHO-Solidaritätsstudie initiiert. EU-RESPONSE ermöglicht ihre Ausweitung auf viele andere europäische Länder. Darüber hinaus hat EU-RESPONSE auf der Grundlage bestehender Initiativen, Erfahrungen und Kompetenzen einen neuen multinationalen europäischen Versuch zur adaptiven Plattform aufgebaut – dieser Plattformversuch ist EU-SolidAct. Hierbei handelt es sich um eine flexible Plattform, die ein modulares Studiennetzwerk bereitstellt, das es europäischen Krankenhäusern ermöglicht, sich mit dem Maß an Engagement zu beteiligen, das ihrer Kapazität entspricht. Die Datensammlung reicht von klinischen Bewertungsparametern bis hin zu PROMs und fortschrittlichem Biobanking.

EU-SolidAct wird darauf abzielen, Umnutzungsstudien durchzuführen, Kombinationsstrategien zu bewerten sowie die Wirksamkeit und Sicherheit neuer Verbindungen zu bewerten, die bei COVID 19 in die klinische Entwicklung eintreten. Die Plattform-Studie kann sowohl Phase-2- als auch Phase-3-Studien durchführen. EU-SolidAct soll eine schnelle Reaktivierung im Falle neu auftretender Infektionskrankheiten und neuer Epidemien ermöglichen.

Das Projekt umfasst auch ein Koordinierungsmodul mit dem EU-finanzierten RECOVER-Projekt unter der Leitung von ECRIN, das die Komplementarität und Zusammenarbeit über alle großen europäischen COVID-19 Adaptive Platform-Studien hinweg und ihre Fähigkeit gewährleistet, durch den Dialog mit der nationalen EMA auf die Bedürfnisse der Gesellschaft, zuständiger Behörden, HTAs und Industriepartner einzugehen.“

Ein weiteres Projekt, welches von Horizon 2020 mitfinanziert wurde, ist die“ European COVID-19 Data Platform“, welche den Datenaustausch erleichtern soll, um die Coronavirus-Forschung zu beschleunigen.

Auch die „Innovative Health Initiative“, eine Öffentlich-Private Partnerschaft, welche von Horizon Europe mitfinanziert wird, und die Abteilung der Kommission „Health Emergency Preparedness and Response (HERA)“ könnten in Zukunft eine Rolle spielen bei der Bekämpfung von Post-Covid.

Als Berichterstatter des EU-Parlaments für Horizon 2020 und Horizon Europe war und bin ich einer der führenden Mitgestalter der EU-Forschungsrahmenprogramme. 

Die EU-Kommission hat am 13.01.2022 auch die Initiative „ACT EU“ ins Leben gerufen. ACT EU soll zukünftig klinische Versuche beschleunigen. CT-CURE hat ebenfalls das Ziel, klinische Versuche zu beschleunigen.

Der ERAvsCORONA ACTION PLAN wurde in Zusammenarbeit von der EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten entworfen. Eines der Ergebnisse des ACTION PLAN ist beispielsweise die ERA Corona Plattform. Die Plattform bietet nützliche Informationen, engagierte Unterstützung und Echtzeit-Updates zu Finanzierungsmöglichkeiten für Forschung und Innovation im Zusammenhang mit Coronaviren.

Bei der Zulassung zukünftiger Medikamente gegen Post-Covid wird die European Medicines Agency (EMA) eine Rolle spielen sowie bei der Entwicklung von europäischen Richtlinien für den Umgang mit Post-Covid. Auch die Emergency Task Force (ETF) wird eine wichtige beratende Rolle haben.

Bezüglich ihrer Frage zu BC 007 wird es Sie sicherlich freuen, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung beschlossen hat, ein Forschungsprojekt zu finanzieren, welches die Wirkung von BC 007 auf Patienten mit Long-Covid untersucht.

 

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Ehler MdEP

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