Frage an Christian Lindner bezüglich Recht

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Christian Lindner
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Frage von Matthias J. •

Frage an Christian Lindner von Matthias J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Lindner,

Leider hatte sich ein Fragesteller im Ton vergriffen, und so kam es, dass die Frage nach der Abmahn-Industrie leider unbeantwortet geblieben ist. Ich nehme an, dass auch Ihnen bekannt ist, wie ein kleiner Teil der Rechtsanwälte den Ruf der ganzen Branche kompromittiert und unser ohnehin schon überlastetes Justiz-System für leicht verdientes Geld missbraucht.

Was möchten Sie gegen die Abmahn-Industrie unternehmen? Würde es Sinn machen festzulegen, dass ein Anwalt nur dann tätig werden darf, wenn explizit der Geschädigte (bzw. der Beklagte) auf den Anwalt zugegangen ist, um diesen zu beauftragen und erst nach diesem Auftrag mit der Tätigkeit zu beginnen? Ich möchte ausschließen, dass Anwälte auf eigenes Betreiben tätig werden und sich dann erst nachträglich dazu den Auftrag vom Geschädigten holen, oder ohne dass es überhaupt einen Geschädigten gibt nur aufgrund von Abweichungen von der Norm tätig werden. Wäre dies ein ausreichender Schutz gegen die Abmahn-Industrie? Welche anderen Maßnahmen wären denkbar?

Freundliche Grüße
M. J.

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Sehr geehrter Herr J.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Die Abmahnproblematik bewegt in der Tat viele Bürgerinnen und Bürger und das zu Recht.

Wir Freie Demokraten nehmen zu dieser Problematik einen differenzierten Standpunkt ein. Grundsätzlich hat sich die Abmahnung als Instrument zur außergerichtlichen Geltendmachung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht bewährt. Durch sie können Ansprüche außergerichtlich geltend gemacht werden, ohne dass gleich gerichtliche Schritte in die Wege geleitet werden müssen. Durch die Verpflichtung zur Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens in Kombination mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist auch gewährleistet, dass der Verstoß dauerhaft abgestellt wird. Dies dient den Interessen der Wettbewerber und der Verbraucher.

In der Praxis ergeben sich allerdings erhebliche Probleme, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen wie Start-ups, Handwerker, kleine Online-Shops oder Kleinunternehmen treffen, die nur in geringem Umfang gewerblich tätig sind. Viele sehen sich Abmahnungen gegenüber, bei denen nicht das Interesse eines Konkurrenten an einem fairen Wettbewerb oder der Schutz des Wettbewerbs oder eines Verbrauchers durch einen Verband im Vordergrund steht, sondern das kommerzielle Interesse, die Abmahnkosten geltend zu machen. Zudem verursachen selbst Bagatellverstöße, die sich nicht auf den Wettbewerb auswirken, im Falle einer Abmahnung unverhältnismäßig hohe Kosten. Mit der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ab Mai 2018 hat sich die Verunsicherung über zusätzlich drohende Abmahnungen noch einmal deutlich erhöht.

Aus Sicht der Freien Demokraten ist daher eine Reform dringend erforderlich, die sicherstellt, dass Abmahnungen nicht zu einem Geschäftsmodell werden, sondern der Durchsetzung des fairen Wettbewerbs zwischen den Marktteilnehmern dient. Ansatzpunkte hierfür sind der Kreis der Abmahnberechtigten. Häufig besteht zwischen Abgemahntem und Abmahnendem nur ein konstruiertes Wettbewerbsverhältnis. Ferner sind die Anforderungen an sogenannte Abmahnvereine zu erhöhen; bei Verbraucherorganisationen ist dies schon jetzt der Fall. Ein weiterer Punkt sind die Abmahnkosten. Wir haben hierzu im Rahmen eines Antrags zur DSGVO (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/026/1902693.pdf) gefordert, dass bei kleineren Verstößen gegen die Informationspflichten Abmahnkosten nur geltend gemacht werden können, wenn der Verstoß dem Abgemahnten bekannt war und er ihn nicht unverzüglich abgestellt hat. Gerade im Bereich des Datenschutzrechts muss aus unserer Sicht zudem klarstellen, welche Verstöße überhaupt abmahnfähig sein sollen.

Die Fraktion der Freien Demokraten arbeitet im Moment an weiteren Reformvorschlägen und wird diese voraussichtlich im Oktober vorlegen.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner

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