Frage an Christian Lindner bezüglich Bildung und Erziehung

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Christian Lindner
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Frage von Kristina M. •

Frage an Christian Lindner von Kristina M. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Lindner!

Die Vorgehensweise, dass die Schulen schrittweise wieder geöffnet werden sollen, ist mir unverständlich und ich finde sie der Situation nicht angemessen.

Sie sollten sich die über folgenden Links abrufbare Analysen zum Infektionsrisiko für und durch Kinder einmal anschauen:

https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/blog/corona-professor-drosten-und-die-politik/

und

https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/blog/corona-sind-kinder-nun-doch-virenschleudern/

So eine Analyse würde ich mir von der Bundes- und den Landesregierungen wünschen.

Für meinen 5 jährigen Sohn, Vorschulkind, gibt es derzeit KEINE PERSPEKTIVE, wann und ob er in diesem Kindergartenjahr noch einmal in die Kita wird gehen dürfen... möglicherweise kann er ab Ende Mai wieder in die Kita... möglicherweise!!!

Sämtliche Vorbereitung auf die Schule und alle Aktivitäten der Vorschulkinder finden nicht statt.

Für meinen 14 jährigen Sohn, 8. Klasse eines Gymnasiums, gibt es ebenfalls KEINE PERSPEKTIVE.

Der Online-Unterricht ist ein Witz. Seit Wochen gibt es überhaupt keinen Kontakt zu irgendeinem Lehrer, Aufgaben werden in einem virtuellen Google Classroom eingestellt... ohne Abgabetermine, ohne die Möglichkeit Fragen zu stellen, ohne Kontrolle, ohne Lösungen zur Selbstkontrolle. Einfach erbärmlich!

Warum öffnen die Schulen in Österreich und der Schweiz in Kürze wieder?

Warum hat man in Island und Schweden die Kitas und Grundschulen die ganze Zeit über geöffnet gelassen?

Haben Sie schon gelesen, dass sich die WHO mittlerweile positiv über Schwedens Weg äußert?

Alle bisherigen Studien und Beobachtungen unterstützen die Annahme, dass Kinder bzw. Kinder in der Schule die Epidemie nicht unterhalten wird. Aktuelle Studiendaten gibt es beispielsweise aus Holland und Australien. In Schweden sind die Fallzahlen bei unter 20-Jährigen gleich wie in anderen Ländern, obwohl die Schulen nie geschlossen wurden.

Alle Länder mit verfügbaren Fallzahlen zeigen das gleiche Bild: Bis ins Alter von ca. 15 Jahren sind Abstrich-positive Fälle mit weniger als 1% aller Betroffenen selten. Es gibt mehrere wissenschaftliche Erklärungsansätze. Dazu gehören eine geringere Expression des Rezeptors (Andockstelle) für SARS-CoV-2 an Atemwegszellen und das Fehlen einer überschiessenden Immunantwort.

Kinder werden selten infiziert und infizierte Kinder sind selten Indexpersonen für die Weiterverbreitung des Virus.

Quelle: https://www.kinderaerzteschweiz.ch/Fuer-Mitglieder/Coronavirus---COVID-19

Wie verhält es sich eigentlich mit den Infektionen von Kindern in den letzten Wochen, seit die Notbetreuungen eingerichtet sind.

Die Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten (Pflegepersonal, Ärzte, Kassierer, Polizisten), die ja zu besonders vielen Menschen Kontakt haben und somit besonders gefährdet sind, sich anzustecken, sind ja demnach ebenfalls einem höheren Risiko ausgesetzt.

Wie viele Kinder und Erzieher haben sich in Kitas angesteckt?

Wurden Infektionsketten erstellt, aus denen zu entnehmen ist, wo sich Kinder und Erzieher angesteckt haben könnnten?

Wurden Notkitas geschlossen, weil Kinder oder Erzieher positiv getestet worden sind?

Man hört und liest nichts davon...

Das RKI hat ja leider die letzten Wochen nicht genutzt, um eigene Studien zu erstellen.

Aber die vorhandenen Studien zeigen einen klaren Weg auf.

Es ist an der Zeit, aus der Schockstarre zu erwachen und Kindern ihr Recht auf Bildung uneingeschränkt wieder zuzugestehen - ohne Einschränkung und psychologisch schädlichen und praktisch nicht umsetzbare Regeln.

Mit freundlichen Grüßen,
K. M.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Merten,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und den Hinweis auf die beiden Beiträge.

In der Tat ist der Einfluss von Kindern und Jugendlichen auf die Ausbreitung des Coronavirus wissenschaftlich gegenwärtig ein umstrittenes Thema in der Wissenschaft. Die Studien und Erfahrungen bestimmten Ländern, die Sie ansprechen, könnten da als Referenz dienen. Dennoch ist auch hier natürlich Vorsicht geboten. Der sinnvollste Weg ist grundsätzlich die Entwicklung tragfähiger Hygienekonzepte, die einen risikoadäquaten Schulbetrieb ermöglichen. Solche Konzepte hätte es seit Wochen geben können - Bundesregierung und Ministerpräsidentenkonferenz haben hier wertvolle Zeit verstreichen lassen. Bereits eine Woche vor den weitreichenden Lockerungen Anfang Mai hatten die Kultus- und Jugendminister der Länder Konzepte für die Öffnung von Schulen und Kitas vorgelegt - dem Vernehmen nach wurden diese von der Bundeskanzlerin aber zunächst abgelehnt. Dies ist gerade angesichts der erheblichen Folgeschäden für die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen durch den aktuellen Lockdown verhängnisvoll. Umso wichtiger ist es, dass man nun schnell zu einem angemessenen Modus Operandi findet.

Gleichzeitig sind Modernisierungen im Schulsystem und -betrieb nun nötiger denn je - insbesondere in Fragen der Digitalisierung brauchen wir einen regelrechten Quantensprung. In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" habe ich meine Perspektive für eine smarte Öffnung und konsequente Modernisierung dargelegt. Sie können ihn unter https://www.fdpbt.de/pressemitteilung/115236 einsehen.

Wir bleiben dran. Ihnen und Ihren Kindern wünsche ich trotz allem alles Gute - bleiben Sie gesund!

Freundliche Grüße

Christian Lindner

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