Wieso ist Japan noch nicht pleite gegangen ?

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Christian Lindner
FDP
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Frage von Jacob C. •

Wieso ist Japan noch nicht pleite gegangen ?

Sehr geehrter Herr Lindner,
Die Frage wird sie wahrscheinlich erstmal überraschen jedoch werde ich noch den Kontext erklären. Sie sagen für sich und als FDP dass der Staat keine Schulden aufnehmen dürfe da man damit der zukünftigen Generation keine finanziellen Probleme bereiten dürfe und sonst die Inflation noch stärker ansteigen würde. Damit komme ich zu meiner Frage: Wieso ist in Japan mit einer Schuldenquote 200% prozentigen Schuldenquote die Inflation nicht stark angestiegen und wieso kann der Staat immernoch investieren.
Ich hoffe auf eine schnelle Antwort,
Mit freundlichen Grüßen
Ihr. J.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr C.

vielen Dank für Ihre Frage. 

Eine maßvolle Staatsverschuldung ist für uns eine Frage der Generationengerechtigkeit. Sie haben Recht: Japan hat mittlerweile eine Staatsschuldenquote von über 250%. Dass das Land bisher nicht von einer Staatsschuldenkrise betroffen ist, hängt vor allem daran, dass die nationale Geldpolitik durch die Regierung kontrolliert und die Verschuldungsspirale immer weiter gedreht wird. Staatsanleihen werden durch die Japanische Zentralbank aufgekauft, womit die Schuldenpolitik finanziert wird. Gleichzeitig wird ein hoher Anteil der Schulden von japanischen, insbesondere älteren Anlegern, getragen.

Es ist abzusehen, dass die jüngere Generation nicht in dem Maße bereit ist, dem Staat Geld zu leihen. Auch wird die Zentralbank die Politik des Aufkaufs von Staatsanleihen nicht ewig durchhalten können. Japan ist somit dem Dauerrisiko von steigenden Zinsen ausgesetzt, das sich realisieren muss, sobald Zentralbank und Anleger nicht mehr bereitwillig Anleihen aufkaufen. Für die junge Generation ist dies ein untragbares Risiko. 

Auch der Blick nach Deutschland zeigt, wie Zinsen die Handlungsfähigkeit des Staates einschränken. Bevor die historisch einmalige Niedrigzinsphase begonnen hat, wurde jeder 7. Euro aus dem Bundeshaushalt für Zinsen ausgegeben. Der Bundeshaushalt war 2008 ca. 280 Mrd Euro schwer, wobei die Zinsen ca. 40 Mrd. Euro ausmachten. Dieses Geld stand für Kernaufgaben wie Bildung, Forschung, Breitbandnetze, Klimaschutz, etc. nicht zur Verfügung.

Neben der expliziten Staatsverschuldung von rund 70 Prozent des BIP dürfen wir aber nicht die implizite Staatsverschuldung aus den Augen verlieren. Durch die nicht gedeckten Leistungsversprechen des Staates, wie etwa zukünftige Verpflichtungen gegenüber der Rentenkasse, kommt unser Staat mittlerweile auf eine Gesamtverschuldung von rund 370 Prozent des BIP.

Es wäre fahrlässig, aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen, die Verschuldung deutlich zu erhöhen. Die Zinsen werden wieder steigen. Aber wenn sie steigen, werden die Zinsen einen großen Teil der Steuereinnahmen auffressen. Wer Nachhaltigkeit in der Politik ernst nimmt, muss der Jugend möglichst viele Handlungsmöglichkeiten in der Zukunft sichern.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lindner

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