Wann beenden wir die nicht nachvollziehbaren, Sonderrechte der Katholischen Kirche und trennen Staat und Kirche tatsächlich voneinander und nicht nur auf dem Papier?

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Claudia Tausend
SPD
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Frage von Michael B. •

Wann beenden wir die nicht nachvollziehbaren, Sonderrechte der Katholischen Kirche und trennen Staat und Kirche tatsächlich voneinander und nicht nur auf dem Papier?

Sehr geehrte Frau T.,

ich bin der Auffassung, wir müssen uns mal über die Kath. Kirche und Ihre Sonderrechte unterhalten.

Die Missbrauchsskandale der letzten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte sind überwiegend nicht juristisch aufgeklärt und verarbeitet. Ein Grund dafür ist der Sonderstatus der Kirche. Man sieht am Verhalten in den letzten ca. 20 Jahren auch, dass die Kirche diesen Zustand nutzt, um wo möglich, nichts zu tun. Gerade aktuell sehr gut belegt.

Die größte Einzelgruppe ist mittlerweile die Gruppe der Konfessionslosen und diese wächst schnell.
Warum gibt es im Bundestag keine Debatte über den Umgang mit der Kath. Kirche, den Missbrauchsfällen sowie den Entzug des Sonderstatus und damit die Verantwortlichkeit von der Kirche auf normale deutsche Gerichte zu verschieben? Wir sehen hier bestens belegt, wie die Kirche nicht in der Lage ist, mit diesem Thema umzugehen.

Wie will Ihre Partei damit umgehen und wann?

Mit freundlichen Grüßen
Michael B

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B.,

 

die furchtbaren Missbrauchsfälle insbesondere in Institutionen der Katholischen Kirche deuten auf ein strukturelles Problem hin, das dringend aufgearbeitet werden muss. Ich möchte zuerst klarstellen, dass für die juristische Aufarbeitung dieser Missbrauchsfälle selbstverständlich dieselben rechtlichen Maßstäbe vor denselben Gerichten angewandt werden wie für alle derartige Fälle, es gibt hier keinerlei Sonderstatus der Kirche. Leider waren - wie es bei Kindesmissbrauch oft der Fall ist - die meisten der in den letzten Jahren bekanntgewordenen Missbrauchsfälle in den Kirchen nach damals geltendem Recht bereits verjährt, so dass keine strafrechtliche Verfolgung mehr möglich war. Wir haben deshalb bereits letztes Jahr noch in der Großen Koalition die Verjährungsfrist bei Kindesmissbrauch verlängert: Sie läuft jetzt erst ab dem 30. Lebensjahr des Opfers, und dann ohne Körperkontakt für weitere 10 Jahre, mit Körperkontakt 20 Jahre, bei Todesfolge 30 Jahre. Wegen der tiefen Traumatisierung im Kindesalter können viele Betroffene erst spät im Leben über ihre Misshandlung sprechen, wir haben dem damit Rechnung getragen. Da die Kirche Ihrem Auftrag zur Aufarbeitung offensichtlich nicht in vollem Umfang nachgekommen ist, prüfen wir, gesetzliche Grundlagen zur Aufarbeitung struktureller sexualisierter Gewalt in Kirchen und anderen gesellschaftlichen Gruppen zu schaffen.

 

Ich stimme Ihnen zu, dass wir die Sonderrechte der Kirchen in Deutschland überprüfen müssen. In der Ampelkoalition haben wir vereinbart, auszuloten, wie wir das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angleichen können, so dass außerhalb religiöser Funktionen keine Ungleichbehandlung im Arbeitsrecht mehr besteht. Die Staatsleistungen wollen wir in einem fairen Rahmen ablösen, dazu wollen wir zusammen mit den Kirchen und den Ländern ein Grundsätzegesetz erarbeiten. Wir haben auch mit unseren Koalitionspartnern verabredet, ein kooperatives Trennungsmodell zwischen Staat und Kirche einzuführen. Hier sollen auch weitere Religionsgemeinschaften außerhalb der beiden großen christlichen Konfessionen mit einbezogen werden, insbesondere muslimische Gemeinden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Tausend

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