Frage an Daniel Kerekes von Hanna M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stellst du dir eine moderne Drogenpolitik vor? Bist du für die Legalisierung von Cannabis?
Hi Hanna,
Ich bin für die Legalisierung von Cannabis und die Entkriminalisierung des Drogenkonsums. Warum? Weil es Polizei und Justiz entlasten würde, Cannabis Legalisierung Milliarden in die Kassen spülen könnte, den Menschen die Drogensüchtig sind besser geholfen werden kann. Portugal, welches den Drogenkonsum entkriminalisiert hat und die USA, welche Cannabis in einigen Staaten legalisierte, sind Paradebeispiele dafür, wie gute Drogenpolitik geht.
In Portugal ist der Drogenkonsum seit der Entkriminalisierung gesunken, die gesundheitlichen Probleme der Konsumenten sind weniger geworden und das Präventionsprogramm wurde deutlich ausgebaut. Und in den USA spülen Steuereinnahmen Milliarden in die Kassen der Kommunen.
Laut der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) konsumieren Zwei bis vier Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Cannabis. Es haben sogar bis zu 17 Millionen Menschen in diesem Land mindestens einmal in ihrem Leben „gefkifft“. Cannabis ist die somit am häufigsten konsumierte „illegale“ Droge. Das verwundert nicht, denn jeder kennt jemanden, der zumindest unregelmäßig einen Joint raucht.
In Deutschland werden jedes Jahr circa 1,6 Milliarden Euro für die „Drogenprävention“ ausgegeben. Der Großteil dieses Budgets, nämlich 84 Prozent, fließen dabei in den Repressionsapparat zur Verfolgung von Dealer*innen und Konsument*innen. Die Bundesregierung liegt mit diesem Wert an der europäischen Spitze und beweist damit lediglich die Kurzsichtigkeit ihrer Politik, denn es gibt kein historisches Beispiel das zeigen würde, dass eine repressive Verbotspolitik zur Eindämmung des Drogenkonsums führen würde.
Statt repressiver Maßnahmen, sollten die oben erwähnten 1,6 Milliarden Euro in Aufklärungs- und Suchtprogramme investiert werden. Also an Stellen, die Menschen helfen können aus ihrer Abhängigkeit zu entkommen oder erst gar nicht in sie hineinzugeraten. Abhängige brauchen keine Drangsalierung, sondern Hilfe. Es gibt genügend Beispiele die zeigen, wie Menschen als klein Konsumenten ins Gefängnis kamen und schwerstsüchtig eben jene Orte verließen.
Ebenso wird häufig die Behauptung in den Raum gestellt, Cannabis sei eine sogenannte Einstiegsdroge. Diese These ist bis heute unbewiesen. Was hingegen bewiesen ist, ist die Tatsache, dass Konsument*innen durch die illegale Beschaffung bei Dealer*innen schneller in den Kontakt mit weiteren Drogen kommen und somit diese unter Umständen ausprobieren. Eine Legalisierung von Cannabis würde diesem Fallstrick einen Riegel vorschieben.
Zu guter Letzt, stellt sich inzwischen auch die Mehrheit der in Deutschland lehrenden Strafrechtsprofessoren gegen die Kriminalisierung von Drogenkonsument*innen. 2014 Unterschrieben 122 Professor*innen einen Aufruf, in dem es hieß, Die strafrechtliche Verfolgung sei „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch. Nicht die Wirkung der Drogen ist das Problem, sondern die repressive Drogenpolitik schafft Probleme.“ Jene Menschen die sich ihr ganze Leben mit Gesetzen beschäftigen, halten unsere Betäubungsmittelgesetze für eine Fehlkonstruktion. Auch in anderen Ländern, wie den USA mit Bernie Sanders, gibt es prominente Akteure, die den „War on Drugs“, wie er in den USA genannt wird, für gescheitert erklären. Eine andere Drogenpolitik, die diametral zur bürgerlichen Spießgesellschaft steht, ist zum greifen nah.
Das bedeutet jedoch nicht, das man Drogen verharmlosen sollte. Ganz im Gegenteil. Egal ob Tabak, Alkohol, Kokain, Heroin oder eine andere Droge, das wichtigste bleibt die Aufklärungsarbeit. Deswegen muss das Netz an Beratungsstellen, Drugcheckpoints und mehr ausgeweitet werden. Dafür tritt die Linke an: Für eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung. Doch was sind die Vorteile der Legalisierung von Cannabis und einer möglichen Entkriminalisierung jeglichen Drogenkonsums? Zunächst das offensichtliche: Durch eine Legalisierung von Cannabis würde der Staat Steuern in Höhe mehrere Milliarden Euro einnehmen, Schätzt man zumindest. Damit könnte man nicht nur die bisherige Drogenpolitik finanzieren, sondern die Ausgaben sogar verdoppeln. Dieses Geld wäre ein guter Start für ein neues Präventionsprogramm. Gleichzeitig könnte das nun legale „Gras“ kontrolliert werden: Streckmittel wie Haarspray und andere gesundheitsschädliche Substanzen würden damit der Vergangenheit angehören. Gleichzeitig würde man Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter massiv entlasten: Jedes Jahr werden zwischen 106.000 und 175.000 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet, die mit „Cannabis“ zu tun haben. Bei der überwältigenden Mehrheit der Fälle handelt es sich um Bagatelldelikte. Zwar gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, bei Mengen unter zehn (RLP, NRW, BER und THÜ) bzw. sechs Gramm von einer Anzeige abzusehen. Doch die Regel ist dies nicht. Der ehemalige Richter Wolfgang Neskovic hat deshalb bereits vor 27 Jahren nach einheitlichen Angaben verlangt.
Das beste Beispiel für eine bessere und vorwärtsgewandte Drogenpolitik ist Portugal. Dort wurde am 1. Juli vor 16 Jahren das Gesetz 30/2000 verabschiedet. Es war der Beginn der Entkriminalisierung des Drogenkonsums im iberischen Land. Der Konsum wurde dabei völlig entkriminalisiert. Man unterschied nicht zwischen sogenannten weichen und harten Drogen. Im Rückblick war diese Politik sehr erfolgreich und lässt sich am besten mit Zahlen illustrieren: Die Kleinkriminalität, die sogenannte Beschaffungskriminalität ist laut der portugiesischen Polizei erheblich zurückgegangen. Gleichzeitig stiegen die Fahndungserfolge der Polizei gegen Drogendealer im großen Stil: Das kleine Land stellte fast doppelt so viele Drogen sicher wie Deutschland wie am das Beispiel Kokain zeigt: Während Portugal 2,4 Tonnen beschlagnahmte, waren es in Deutschland nur 1,3 Tonne. Gleichzeitig benötigten die Portugiesen nur halb so viele Ermittlungsverfahren.
Seit 2001 ist die Anzahl der Heroinabhängigen von 100.000 auf weniger als 1/3 gefallen, welchen größtenteils durch staatliche Programme geholfen wird. Auch die Anzahl der Drogentoten ist um 75 Prozent gefallen, ebenso wie der Anteil der HIV Infektionen durch Drogenkonsum: Waren es 2007 noch 20 Prozent, ist es bis 2014 auf vier Prozent gesunken. Zahlen, die für eine sofortige Entkriminalisierung des Drogenkonsums sprechen.
„Mit dem Verbot von Drogen werden die Risiken für Konsumierende und Gesellschaft nicht wirksam reduziert. Es verhindert weder den Drogenhandel noch senkt es wirksam den Konsum. Die Gesundheitsgefährdung durch Streckmittel, die Finanzierung der Mafia, Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie HIV/AIDS und Hepatitis – viele drogenbezogene Probleme werden mehr durch die Repression verursacht als durch die Drogen selbst.“ Die Mittel die durch die repressive Politik gebunden sind, könnten statt dessen in Prävention- und Suchtberatung fließen.
Auch sollte die Überlegung mit einfließen, Cannabis nicht dem Markt zuzuführen, sondern eine Legalisierung über sogenannte Cannabis Social Clubs anzugehen. Damit würde der Eigenanbau in Vereinen zum Eigenverbrauch legalisiert. Quasi eine fast demokratische Kontrolle im regionalen Bereich ohne teure Marktpreise.
Wer den Konsum von Drogen reduzieren will, muss an die sozialen Ursachen des Konsums. Wie beim Alkohol sind es allzu oft soziale Notsituationen, die einen Menschen in die Sucht treiben: Arbeitslosigkeit, ein zerrüttetes Zuhause, Überarbeitung. Wer sich also den sozialen Problemen stellt, lässt lediglich den Konsum als selbstbestimmten Faktor über und dieser kann es dann mit den Worten von KIZ sagen: „Du willst einen rauchen? Dann geh dir was pflücken im Garten. Doch unser heutiges Leben lässt sich auch nüchtern ertragen.“
Beste Grüße