Frage an Daniela Ludwig bezüglich Recht

Portrait von Daniela Ludwig
Daniela Ludwig
CSU
98 %
50 / 51 Fragen beantwortet
Frage von Oliver S. •

Frage an Daniela Ludwig von Oliver S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Ludwig,

in einem Gespräch am 18. April 2015 sagten Sie mir, daß Sie eine engagierte Unterstützerin und (Vor?)Kämpferin für die Vorratsdatenspeicherung seien und sich auf deren Umsetzung freuen!
Besorgte Bürger bezeichneten Sie als Gruppierungen mit hysterischer Intention.

Wie Sie nun wissen, gehöre ich der Fraktion datenbewußt handelnder Bürger an und bin sicherlich nicht hysterisch, jedoch besorgt!
Auch intensiv Social Media nutzende Mitbürger, sind grundsätzlich an informeller Unbescholtenheit intereressiert. Aber genau dieses ist mit Ihrer Gesetzesvorlage in Gefahr.

Das ist aus mehreren Gründen BEDAUERLICH und BEDENKLICH!

1. Sie IGNORIEREN EKLATANT AKTUELLE URTEILE HÖCHSTER GERICHTLICHER INSTANZEN sowohl des DEUTSCHEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHTES als auch des EUROPÄISCHEN GERICHTSHOFS (EuGH).
Frage 1: Warum aber schlagen Sie, wenn auch in Teilen, diese höchstrichterlichen Maßgaben in den Wind?

2. Sie REDUZIEREN BÜRGERRECHTE, zu Gunsten marginal erhöhter Sicherheit - marginal deshalb da es im Fall des Charlie Hebdo Attentats von Januar 2015 keine Prävention gegeben hat, mehr noch - nicht geben konnte. (In Frankreich ist die Vorratsdatenspeicherung aktiv).
Frage 2: Wieso soll Ihr System nun aber mehr Sicherheit liefern?

3. Sie stellen Ihren Standpunkt nicht ausführlich genug dar, um zu verstehen, warum wir unsere informelle Unversehrtheit BREITBANDIG zu Gunsten interessant erscheinender, aber eher marginaler, Sicherheitsgewinne abgeben sollen.
Frage 3: Wie stellen Sie für den unbescholtenen Bürger NACHVOLLZIEHBAR dar, dass seine Daten nicht gegen ihn ausserhalb der polizeilichen Massgaben verwendet werden?

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich will, dass Kriminelle und Terroristen rechtzeitig dingfest gemacht werden! Aber die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt werden. Ihre Gesetzesvorlage ist eine Breitseite gegen Demokratie!

Ich freue mich auf Ihre Antworten.
Überzeugen Sie uns!

Mit besten Grüssen,

Oliver Schubert

Portrait von Daniela Ludwig
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schubert,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Speicherfristen für Verkehrsdaten, auch bekannt als Vorratsdatenspeicherung. An unser Gespräch kann ich mich sehr gut erinnern. Dabei bleibe ich bei meiner Unterstützung für die Vorratsdatenspeicherung, möchte aber auch festhalten, dass ich die Bedenken vieler Bürger sehr gut verstehe und nicht als Hysterie abtue. Deswegen nehme ich gerne nochmals zu Ihrer Kritik Stellung.

Zu Frage 1:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung im März 2010 die anlasslose Erhebung und Speicherung von Kommunikationsdaten als ein wichtiges Instrument zur Aufklärung terroristischer und anderer schwerer Straftaten anerkannt. Auch der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung aus dem vergangenen Jahr die Einführung von Speicherfristen für Verkehrsdaten nicht ausgeschlossen, sondern lediglich die bestehenden Rechtsgrundlagen als nicht europarechtskonform angesehen. Die nun vorgesehene Regelung ist deutlich enger und grundrechtschonender als die ehemalige EU-Richtlinie. Es werden deutlich weniger personenbezogene Daten für einen deutlich kürzeren Zeitraum gespeichert. Die organisatorischen und technischen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs werden eingehalten.

Zu Frage 2:
Angesichts der umfangreichen Nutzung moderner Telekommunikationsmittel durch die Organisierte Kriminalität und den internationalen Terrorismus, die sich beide häufig durch komplexe Täterstrukturen auszeichnen, stellt ein Zugriff auf gespeicherte Verkehrsdaten weiterhin ein effektives und auch sinnvolles Instrument der Sicherheitsbehörden zum Schutz der Bevölkerung dar. Ein Zugriff auf Verkehrsdaten ist zudem ein milderes Mittel als die vollständige Überwachung von Kommunikationsinhalten.

Nach den nunmehr vorgestellten Leitlinien des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sollen die Sicherheitsbehörden dann auf zuvor gespeicherte Verkehrsdaten zugreifen dürfen, wenn der begründete Verdacht für eine schwere Straftat vorliegt. Dazu gehören neben Terrorismus, Organisierter Kriminalität und Kapitaldelikten auch die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornographie sowie besonders schwere Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. Bei vielen der vorgenannten Straftaten ist der Zugriff auf gespeicherte Verkehrsdaten der einzige Ermittlungsansatz der Strafverfolgungsbehörden zur Aufklärung des Verbrechens. Mit anderen Worten: Ohne dieses Ermittlungsinstrument ist eine Verfolgung des oder der Täter nicht möglich und seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterblieben. Natürlich werden wir durch die Vorratsdatenspeicherung nicht alle Verbrechen und terroristischen Anschläge verhindern können - diese Sicherheit kann es nicht geben. Dennoch trägt die Vorratsdatenspeicherung in besonderer Weise zur Aufklärung von Gewaltverbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung bei. Das gleiche gilt bei der Verfolgung terroristischer Verbrechen, zur Namhaftmachung von Mitgliedern terroristischer Netzwerke oder von solchen in der Organisierten Kriminalität.

Zu Frage 3:
Damit es zu keinem Missbrauch der gespeicherten Daten kommt, müssen die Telekommunikationsanbieter die besonders hohen Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit umsetzen. Dies entspricht ebenfalls den Vorgaben der Rechtsprechung.

Die Speicherung der Verkehrsdaten hat im Inland zu erfolgen und es ist ein besonders sicheres Verschlüsselungsverfahren zu verwenden. Auch sind die Daten in gesonderten Einrichtungen mit einem hohen Schutz vor Zugriffen aus dem Internet zu speichern. Zugriffe auf die gespeicherten Daten sind revisionssicher zu protokollieren und das Vier-Augen-Prinzip kommt zur Anwendung. Die jeweiligen Speicherfristen variieren je nach Art und Grundrechtsrelevanz für den Bürger. Die Höchstspeicherfrist für Standortdaten, die mit der Benutzung eines Mobilfunkgerätes anfallen, beträgt daher nur vier Wochen. Nach den Vorgaben der ehemaligen EU-Richtlinie waren dies noch sechs Monate. Darüber hinaus darf auf Standortdaten nur einzeln zugegriffen werden. Das Erstellen eines dauerhaften Bewegungsprofils ist damit nicht möglich. Die übrigen Verkehrsdaten (z.B. Verbindungsdaten im Internet) werden zehn Wochen gespeichert. Auch für diese Daten betrugen die Vorgaben der ehemaligen EU-Richtlinie sechs Monate. Die Daten von Diensten der elektronischen Post sind komplett von der Speicherung ausgenommen. Der Zugriff auf die gespeicherten Verkehrsdaten unterliegt einem strikten Richtervorbehalt. Die Daten sind nach Ablauf der Speicherhöchstfrist zudem zwingend zu löschen.

Sehr geehrter Herr Schubert, ich hoffe, Sie können meine Position und die der CSU-Landesgruppe jetzt nicht nur nachvollziehen, sondern sie auch unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, dass den Sicherheitsbehörden für die Aufklärung schwerer Straftaten auch die entsprechenden Ermittlungsinstrumente zur Verfügung stehen, die sie für eine Aufklärung der Straftaten und den Schutz der Bevölkerung benötigen. Im Ergebnis liegt damit keine unangemessene Beeinträchtigung von Grundrechten, sondern ein angemessener Ausgleich zwischen konkurrierenden verfassungsrechtlichen Rechtsgütern vor.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Ludwig

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Daniela Ludwig
Daniela Ludwig
CSU