Sehr geehrter Herr Seidel,

vielen Dank für Ihre Frage, deren komplizierte innere, kantische Struktur sie für mich besonders reizvoll macht. Lassen Sie mich also versuchen Ihr Anliegen hermeneutisch auszulegen - ich vermute Sie spielen auf die Verlängerung der Autobahn 100 Richtung Osten an.

Wie Sie vielleicht wissen ist die CDU zu größten Teilen eine Partei aus Betonköpfen und Vertretern antiquierter Verkehrs- und Stadtplanungskonzepte; ihr Motto lautet seit den 1960er Jahren: Autos, Autos, Autos. Das führt unter anderem auch zu der Angst des Spitzenkandiaten Frank Henkel vor irgendwelchen „Linksterroristen“, die ihm angeblich seine teure Luxuskarosse anzünden wollen.

Verkehrs- und umweltpolitisch soll die Autobahn A 100 es also richten. Die CDU bezeichnet sie - man höre und staune - tatsächlich „als aktive Umweltschutzmaßnahme“ (CDU-Wahlpamphlet S. 17). Da kann man sich als umweltbewusster Bürger eigentlich nur noch fragen, ob bei denen im Oberstübchen nicht was Grundlegendes schief gelaufen ist...

Lassen Sie mich entsprechend dreigliedrig auf Ihre Frage antworten:

Erstens: Die Position der PARTEI und auch meine eigene stehen im krassen Kontrast zu den Plänen der CDU; die PARTEI fordert als aktive Umweltmaßnahme zum Beispiel den „Autoausstieg jetzt“. Ziel ist ein Rückbau der Autobahn bei Bevorzugung des Radwegeausbaus und der Fußgängersicherheit gegenüber unnötiger Spritfresserei und rasanten Rasern!

Zweitens: Die Autobahn soll laut Henkel & Co auch einen Nutzen für den Großflughafen BBI bringen. Der wirtschaftlich einseitige Ansatzpunkt der CDU: Flugzeuge, Flugzeuge, Flugzeuge. Weder die Umweltbelastung noch der Schlaf der Berliner Bürger zählen, solange nur genügend teure Waren und konsumfreudige, lärmende, betrunkene Touristen aus Übersee eingeflogen werden. Man hat sich aus folkloristischen Gründen ja schon mit der längst überfälligen Schließung des Rosinenbomberflughafens Tegel ziemlich schwer getan... Die PARTEI sagt: nein! Wir brauchen weder die Autobahn noch mehr Flugzeuge. Internationale Großflughäfen sind die nervliche Hauptbelastung des kleinen urbanen Mannes. Daher gibt es nur eine Möglichkeit, auch dieses Problem anzugehen. Lernen wir von Stuttgart 21 und bringen wir den gesamten Flughafen unter die Erde! Zudem sollten die kerosinverschlingenden Passagiermaschinen zum Wohle der Umwelt und der Nachtruhe der Berliner Bürger komplett durch Zeppeline ergänzt werden. Die sind heutzutage sicher, beim Start bedeutend leiser als Flugzeuge, sehen gut aus und eignen sich zudem als prima Werbeflächen für entsprechend finanzstarke Firmen wie Durex oder Chiquita.

Drittens: Zur Mauer. Die PARTEI lehnt jegliche Baumaßnahmen ab, welche die die bestehenden Mauerteile gefährdet. Wo die CDU unlängst programmatische Mauern in den Köpfen errichtet hat (z.B. die endgültige Teilung von Links und Rechts oder von Arm und Reich) gehen wir einen anderen und entscheidenden Schritt weiter: die „endgültige Teilung Deutschlands ist unser Auftrag“ - und das auch durch entsprechende Baumaßnahmen. Und dabei hat eine mauegerfährdende Autobahn 100 nichts zu suchen!

Mit huten Grüßen, Ihr

David Hamann