Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Georg Z. •

Frage an Dietmar Bartsch von Georg Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,

ich ersuche um baldige Mitteilung, ob Sie gegen das am 11.07.2014 vom Bundespräsidenten ausgefertigte 30. Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes klagen und dieses durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen werden.
Die Sprecherin des Bundespräsidenten selbst teilte dazu mit:

„Im Ergebnis waren die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht so durchgreifend, dass sie den Bundespräsidenten an einer Ausfertigung gehindert hätten.“
Wie Sie wissen, haben viele Bürger und anerkannte Staatsrechtler wie Herr Prof. v. Arnim weiter sehr große verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz.

Ich verweise hierzu auf
1.) die öffentliche Petition „Keine Diätenerhöhung für Abgeordnete“ https://www.openpetition.de/petition/online/keine-diaetenerhoehung-fuer-abgeordnete oder
2.) die Stellungnahme von Herrn Prof. v. Arnim zur verfassungswidrigen Diätenerhöhung für Abgeordnete
http://www.stern.de/politik/deutschland/staatsrechtler-von-arnim-die-diaetenerhoehung-ist-verfassungswidrig-2089942.html
Herr Prof. von Arnim stellt hierzu u. a. fest:
„Ich habe … keinen Zweifel (an der Verfassungswidrigkeit des Diätengesetzes), ebenso wie auch die ganz große Mehrheit der anderen staatsrechtlichen Autoren. Wir können uns dabei auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts stützen …
Die geplante Abgeordnetenrente ist ein großes Privileg, das sich die Volksvertreter in eigener Sache bewilligen. Für ein einziges Jahr im Parlament erwerben die Abgeordneten einen monatlichen Versorgungsanspruch von 227 €. Das ist achtmal so viel wie ein normaler Arbeitnehmer für ein Arbeitsjahr erwirbt. Der bekommt nämlich für ein ganzes Arbeitsjahr eine monatliche Rente von 28 €. Unabhängig davon gibt es im Gesetzentwurf eine größere Zahl von Regelungen, die mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unvereinbar und deswegen verfassungswidrig sind.“

Werden Sie auf rasche einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts dringen?

Viele Grüsse

Georg Zenker

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Zenker,

das 30. Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes wurde im Juli 2014 vom Bundespräsidenten ausgefertigt. Diesem Akt gingen eine langjährige Debatte und schließlich das dafür erforderliche parlamentarische Prozedere im Bundestag und im Bundesrat voraus. Eine Neuregelung zur Festlegung der Diäten der Bundestagsabgeordneten war überfällig.

Die Qualität dieses Gesetzes, das die Große Koalition als erste Initiative in dieser Legislaturperiode durch das Parlament gepeitscht hat, ist allerdings dürftig. DIE LINKE hat im März dieses Jahres gegen die Diätenerhöhung gestimmt. Die Anhebung um 830 Euro auf die Höhe eines Bundesrichtergehaltes innerhalb von sieben Monaten ist vor dem Hintergrund der langjährigen schwachen Lohnentwicklung in Deutschland nicht angemessen.
Hinzu kommt, dass aus Sicht der LINKEN im Zuge der neuen Regelungen zur Diätenentwicklung auch die Altersversorgung hätte grundlegend neu geregelt werden sollen.
Wir LINKE sind nicht der Meinung, dass Diäten niemals steigen sollten. Wir sehen eine maßvolle Erhöhung der Diäten im Rahmen der Lohnentwicklung durchaus als sinnvoll an. Wir wollen aber, dass Erhöhungsschritte weiterhin entsprechend dem Transparenzgebot, das das Grundgesetz für die Beschlussfassung zur Abgeordnetenentschädigung vorschreibt, im Parlament diskutiert werden.

Die Fraktion DIE LINKE hat im Übrigen beschlossen, die aktuelle Diätenerhöhung an SOS-Kinderdörfer zu spenden. Dazu werden wir 100.000 Euro in diesem Jahr übergeben.

DIE LINKE plant nach gründlicher Diskussion nicht, gegen das Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes zu klagen. Die Erfolgsaussichten werden von Fachleuten vorsichtig formuliert differenziert eingeschätzt. Dieses Rechtsmittel darf von Fraktionen nach meiner Ansicht nicht inflationär verwendet werden, wenn man sich mit der eigenen Position nicht gegen parlamentarische Mehrheiten durchsetzen konnte.
Die Wählerinnen und Wähler haben es in der Hand, für eine andere Zusammensetzung von Bundestag und Bundesrat zu sorgen. Im Übrigen ist mir nicht bekannt, ob Prof. v. Arnim seiner Überzeugung folgend Verfassungsklage eingereicht hat.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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