Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Helen T. •

Frage an Dietmar Bartsch von Helen T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Lieber Herr Dr. Bartsch,

Das IFG war ein wichtiger Beitrag, um Transparenz des Verwaltungshandelns zu ermöglichen und die Demokratie zu stärken. Das Portal http://fragdenstaat.de bietet hier einen transparenten Überblicke darüber, was in diesem Bereich läuft. Dabei fällt auf, dass viele Bundesministerien wie das Bundeskanzleramt ( http://tiny.cc/1wf71x ), das BMAS ( http://tiny.cc/vxf71x ) oder das BMZ ( http://tiny.cc/0yf71x ) eine hohe Anzahl offener und unbeantworteter Anfragen nach dem IFG haben und vielfach hohe Hürden sowohl formaler Art (keine Beantwortung an fragdenstaat.de z.B.) oder finanzieller Art aufgebaut werden.
Ein besonders negatives Beispiel ist jedoch gerade der Deutsche Bundestag ( http://tiny.cc/b1f71x ) selbst. Von 1.322 Anfragen wurden gerade einmal 873 Anfragen erfolgreich beantwortet. Viele liegen offen herum und werden von der Bundestagsverwaltung verschleppt und anstatt einer inhaltlichen Antwort werden lange Schreiben verfasst, warum keine Auskunft gegeben werden soll (z.B. http://tiny.cc/q5f71x ). Dabei sind es Anfragen, die zwar tiefer gehen, aber eigentlich der Transparenz beitragen. Das Urteil des BVerwG vom 25.06.2015 spricht hier Bände, wo der Bundestag sich weigerte, Unterlagen heraus zu geben, die beim U.S.-Kongress von Haus aus veröffentlicht werden.

Wie steht Ihre Fraktion zu dem Thema und wie kann die Antwortbereitschaft der Behörden (auch des Bundestages) verbessert werden?

Herzlichst, Helen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Turabi,

vielen Dank für die Mail und das Interesse an den Positionen der LINKEN.

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ist ein wichtiger Beitrag, Transparenz in das Verwaltungshandeln zu bekommen und dadurch die Demokratie zu stärken. Leider erfahren Anträge auf Informationszugang gemäß dem IFG in der Praxis immer wieder Behinderungen.
Viele Behörden definieren die Begriffe Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis extrem weit und lehnen Anfragen auf Grundlage des IFG mit der Begründung ab, dass eben jener Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine Beantwortung der Anfrage nicht zulassen würde.

Dies müssen viele Fragesteller und auch das Portal fragdenstaat.de in schlechter Regelmäßigkeit erfahren.

Dass aber gerade der Deutsche Bundestag ein negatives Beispiel für die Auskunftsverweigerung bzw. engstirnige und schon lange nicht mehr zeitgemäße IFG-Beantwortungspraxis sein soll, hat mich doch überrascht und erschrocken gemacht.
Selbst wenn man zugutehält, dass die Bundestagsverwaltung mit vielen anderen wichtigen Dingen beschäftigt ist, gibt es dennoch keinen Grund, dass Anfragen verschleppt oder mit allerlei Wortakrobatik eine Auskunftsverweigerung begründet wird.

Ich gehe jedoch davon aus, dass dies nicht auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zutrifft und viele die Anfragen umfänglich und nach bestem Wissen und Gewissen beantworten wollen. Vermutlich müsste man sich die Anfragen in Detail ansehen, um die Vorgänge und die Begründungen der Bundestagsverwaltung genau beurteilen und die Ursachen für die mangelhafte Antwortpraxis identifizieren zu können.

Meine Fraktion tritt für einen Kultur- und Mentalitätswechsel in den Behörden (und natürlich auch beim Bundestag) ein. Dass dies nicht ganz einfach ist, liegt auch daran, dass Deutschland, anders als beispielsweise Schweden, eigentlich keinerlei Tradition bei behördlicher Transparenz besitzt. Bis zur Einführung des IFG im Jahr 2006 ging man hierzulande vom Aktengeheimnis und der Vertraulichkeit der Verwaltung aus. Bürgerinnen und Bürger hatten gefälligst ihre Nasen aus dem Verwaltungshandeln rauszuhalten und wenn überhaupt, dann nur ein Recht auf Akteneinsicht, wenn man in einem laufenden Verwaltungsverfahren die einen selbst betreffenden Akten einsehen musste, um seine rechtlichen Interessen vertreten zu können (§ 29 VwVfG, § 25 SGB X). Folgerichtig war Deutschland deshalb eines der letzten Länder, die sich überhaupt um ein solches Gesetz bemühten und auch dies geschah nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil erheblicher Druck da war.

Wir werden das Problem im Auge behalten und uns für Lösungen einsetzen, die, wie Sie sagen, die Antwortbereitschaft der Behörden verbessern.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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