Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Recht

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Klaus V. •

Frage an Dietmar Bartsch von Klaus V. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
unsere Frage bezieht sich auf die Drucksache 16/9922 im DB und auf die Drucksache 16/9663 der Fraktion DIE LINKE. Nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz endet die Investitionsfrist erst im Jahr 2022, hier aber 31.Dez.2006. Textauszug:
Aufgrund der ....... macht ein großer Teil der Nutzer von der Möglichkeit der eigenen Kündigung des Vertragsverhältnisses KEINEN Gebrauch. Viele der Nutzer, die in letzter Zeit gekündigt haben, verzichten ..... deshalb auf Entschädigungen ... u.a.m.
Müssen wir als Nutzer immer kündigen oder wie können wir das Nutzungsverhältnis sonst beenden?
Wir sind etwa in der gleichen Lage wie in der Drucksache geschildert. Wir möchten in ca. 5 Jahren das Nutzungsverhältnis beenden und dem Eigentümer Bungalow und Garten ohne Entschädigung überlassen und auch keine Kosten bzgl. Abriß überhehmen zu müssen. Der Eigentümer kann dann über das Grundstück und den Garten zu seinen Gunsten verfügen und auch bei einer Vermietung oder einem Verkauf werden wir keine Forderungen stellen.
Für Ihre Bemühungen bedanken wir uns voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Christel & Klaus Vollerthum

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Familie Vollerthum,

Danke für Ihre Anfrage zu einem Thema, das sehr viele Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern betrifft.

Zu den beiden von Ihnen gestellten Fragen ist festzustellen: Es ist richtig, im Schuldrechtanpassungsgesetz ist geregelt, dass die Investitionsschutzfristen für Erholungsgrundstücke zum 31.12.2022 enden. Die in der von Ihnen benannten Drucksache unserer Fraktion angegebene Frist 31.12.2006 betraf lediglich Nutzungsverträge für Garagen auf fremden Grund und Boden.

Leider ist es keine Ausnahme, dass die Lebensrealität viele Grundstücknutzer dazu zwingt, aus gesundheitlichen, aus Alters- oder vielfältigen anderen privaten Gründen, ihre Vertragsverhältnisse zu kündigen. Im Falle der Kündigung ist verständlich, dass die bisherigen Nutzer das, was sie auf dem Gründstück geleistet haben, wie etwa Investitionen und Arbeitsanstrengungen, die zur Steigerung des Wertes des Grundstückes nachhaltig beigetragen haben, gern anerkannt sehen wollen. Tatsache ist, mit der Beendigung des Nutzungsverhältnisses, unabhängig von welcher Vertragsseite die Kündigung erfolgt, geht das gesamte Eigentum auf den Bodeneigentümer übergeht.
Die Rechtslage - Schuldrechtsanpassungsgesetz - sieht hierzu folgendes vor:

Bei Kündigung durch den Grundstückseigentümer ist der Nutzer nach dem Zeitwert des Bauwerkes zum Zeitpunkt der Rückgabe zu entschädigen. Anders verhält es sich, wenn der Nutzer das Vertragsverhältnis beendet. Hier kann der Nutzer eine Entschädigung verlangen, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk einschließlich der getätigten Anpflanzungen, Grundstückseinrichtungen u.a. zum Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist. Neuere Rechtsurteile (BGH vom 12.3.2008 AZ XII ZR 156/05) bestärken die Position der Nutzer, so dass es sich als sinnvoll erwiesen hat, eine Entschädigung für die erbrachten Leistungen zu fordern. Danach hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Entschädigungsanspruch nicht nur auf den Zeitwert des Bauwerkes (und alles was darunter zu verstehen ist) beschränkt ist, sondern der Nutzer auch für die durch die Erschließung und Bebauung des Grundstücks eingetretener Erhöhung des Bodenwertes zu entschädigen ist. (Näheres zu diesem Thema finden Sie auch in der Rechtsbeilage der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 24.09.2009 und 05.05.2009).
Vor diesem Hintergrund sind Sie keineswegs in der Situation, mit dem Eigentümer einen Handel im Sinne von "Keine Entschädigung bei keinen Abrisskosten" eingehen zu müssen.
Außerdem gibt es Alternativen, ein bestehendes Nutzungsverhältnis auch ohne Kündigung zu beenden. In der Regel geschieht dies im Rahmen einer einvernehmlichen Einigung, also über einen sogenannten Aufhebungsvertrag. In einem solchen Vertrag lassen sich dann Fragen klären wie etwa der Zeitpunkt der Beendigung der Nutzung des Grundstückes, die Übergabemodalitäten, eine eventuelle Entschädigung, die Beteiligung an den Abrisskosten. Empfehlenswert ist hierbei in jedem Falle die Beratung durch einen juristischen Beistand.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Bartsch

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