Frage an Ernst Dieter Rossmann bezüglich Finanzen

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Ernst Dieter Rossmann
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Frage von Patrick L. •

Frage an Ernst Dieter Rossmann von Patrick L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Rossmann,

mich würde Interessieren warum sie, gerade als Mitglieder der Parlamentarischen Linken also quasi des linken SPD-Flügels, für die Schuldenbremse gestimmt haben.

Das Forum DL und die Jungsozialisten zum Beispiel sind vehement aus guten Gründen wie ich finde dagegen. Mich selber als jungen Menschen und Mitglieder ihrer Partei treibt bei der Schuldenbremse vor allem die Angst das in Zukunft gerade finanzschwächere Bundesländer (zu den SH wohl gehört^^) trotz Übergangstransfers die Nullverschuldung nur durch massive Einsparungen bei der Bildungspolitik (über andere Ressorts haben die Länder ja zumeist eher wenig Spielraum) realisieren können.

Zeiget nicht gerade die derzeitige Weltwirtschaftskrise das der Staat aktiv ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen muss und seine Handlungsfähigkeit im Notfall auch durch eine höhere Neuverschuldung sichern sollte?

Das für ernsthafte Krisen Ausnahmen vorgesehen sind ist mir klar aber dann verliert das Instrument der Schuldenbremse doch seine Wirksamkeit weil wer definiert schon was eine Krise ist und was nicht?

Meiner Generation werden selbstverständlich hohe Zinslasten die es zu zahlen gillt aufgelastet aber als junger Mensch bin ich auch an einem guten Bildungs- und Sozialsystem interessiert.

Mit solidarischen Grüßen
Patrick Lange

PS: Jetzt kann ich es mir nicht verkneifen auch noch eine Frage nach der Steuergerechtigkeit in unserem Land zu stellen^^ Für uns Sozialdemokraten gillt seit jeher die Starken müssen mehr tragen als die Schwachen, deshalb meine Frage:

Wieso werden diejenigen die im "Boom" von der Spekulation und Überakkumulation von Kapital profitiert haben mit einem niedrigen Steuersatz von 25 Prozent (Unternehmenssteuer und Kapitalertragssteuer soweit ich weiß) beglückt möchte man schon sagen während fast jeder Arbeitnehmer prozentual mehr zahlt. Wie stehen die Chancen diese gesellschaftlichen Missstände zu verändern und eine fortschrittliche Steuerpolitik in der SPD zu etablieren?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lange,

herzlichen Dank für Ihre Frage zu meinem Abstimmungsverhalten zur Schuldenbremse sowie zur Steuerpolitik insgesamt.

Zunächst zur Frage des Abstimmungsverhaltens und der Fraktionsdisziplin.

Ich stimme Ihnen in Ihrer Kritik an der Schuldenbremse zu. Ich halte die jetzt beschlossene Verfassungsänderung für in der Form und im Textumfang einer Verfassung nicht angemessen und für inhaltlich wie verfassungsrechtlich problematisch. Ich habe mich deshalb im Vorfeld wie auch in den Sitzungen der SPD-Bundestagsfraktion offensiv für eine andere Lösung zur Schuldenbegrenzung eingesetzt. Meine Kritikpunkte habe ich auch gemeinsam mit einigen Fraktionskollegen aus dem Kreis der Parlamentarischen Linken im unten angehängten Diskussionspapier „Für eine bessere, zukunftsfähige Verfassung“ ausführlicher dargelegt. Weitere Ansatzpunkte, auch aus speziell schleswig-holsteinischer Sicht, finden sich auch in der persönlichen Erklärung, die ich gemeinsam mit den anderen schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten bei der Abstimmung zur Schuldenbremse abgegeben habe. Diese habe ich Ihnen auch beigefügt.

Für mich als Abgeordneten, der in einem Wahlkreis, aber auch für eine Partei gewählt worden ist, gilt als Grundregel, dass ich für meine Position so zu streiten versuche, dass sie eine Mehrheit in meiner Fraktion erhält. Dann ist sie nicht nur eine Einzelmeinung, sondern erhält durch den Fraktionsbeschluss größere Aufmerksamkeit und Durchsetzungskraft. Deshalb sind wir als Abgeordnete ja Mitglieder von Parteien und Fraktionen: Dadurch, dass wir andere für unsere Auffassungen mit überzeugen, verstärken wir im Interesse sowohl unserer Wählerinnen und Wähler als auch unserer eigenen Ideale und Zielvorstellungen die Wirksamkeit unserer politischen Forderungen. Dies hat jedoch zwei Seiten. Genauso wie ich erwarte, dass meine Mehrheitsmeinung von der Minderheit mitgetragen wird, gilt diese Regel auch für mich selbst. Das heißt grundsätzlich also, dass ich mich einer Mehrheitsentscheidung in der Fraktion anschließe, selbst wenn ich in der Sachauseinandersetzung in der Minderheit geblieben bin. Wer sich an eine solche Regel nicht hält, wird schwerlich von Anderen Respekt und Unterstützung für seine eigenen Anliegen einfordern können.

Leider hat sich die SPD-Bundesfraktion in ihrer Mehrheit für die jetzt auch so beschlossenen Grundgesetzänderungen ausgesprochen. Nachdem wir also nicht damit erfolgreich waren, habe ich mich dann im Plenum entsprechend dieses kategorischen Imperativs eines Fraktions- und Parlamentsabgeordneten verhalten.

Zu Ihrer Frage zur Kapitalertragsbesteuerung: Es geht hier um die pauschale Abgeltungssteuer von 25% auf Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne, die im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2007 eingeführt wurde. Ich habe dieses Instrument schon damals sehr kritisch gesehen. Durch die Abgeltungssteuer werden Einkünfte aus Kapital nicht mehr im Rahmen des der Progression unterliegenden Einkommenssteuersatz des Kapitaleigners besteuert, sondern durch eine von der Bank abzuführende Pauschale von 25 %. Je höher die Haushaltseinkommen sind, desto höher ist auch der Anteil der Einkünfte aus Kapital gegenüber denjenigen aus Lohn bzw. Gehalt. Bisher wurden also Einkünfte aus Kapital regelmäßig mit einem deutlich höheren Steuersatz als 25% besteuert. Durch die Abgeltungssteuer hat insofern eine weitere Entlastung großer Einkommen stattgefunden.

Ich plädiere sehr dafür, die steuerpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung nicht mehr isoliert vom steuerpolitischen Gesamtzusammenhang zu betrachten. Ziel muss es sein, die Investitionskraft der öffentlichen Hand hinsichtlich der notwendigen Investitionen in Bildung und Forschung, Klimaschutz und Kinderbetreuung zu erhöhen bzw. wiederherzustellen. Das gilt umso mehr, als dass uns hier durch die Einführung der Schuldenbremse ganz massive Auseinandersetzungen in der Zukunft ins Haus stehen, auf die wir uns in der/ /gesamten SPD einstellen müssen. Sozialdemokratische Politik kann jedenfalls nicht die weitere Entlastung hoher Einkommen und Vermögen sein, sondern muss gerade im Gegenteil in der weiteren Heranziehung dieser zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben bestehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ernst Dieter Rossmann