Frage an Ernst-Reinhard Beck bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Ernst-Reinhard Beck
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Frage von Leonard E. •

Frage an Ernst-Reinhard Beck von Leonard E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Beck,

ich würde gerne kurz noch ein mal auf ihre Antwort auf die Frage des Herrn Oßwald eingehen.

Zur Dauer der Konflikte: Ist es nicht so, dass der Konflikt in Georgien mindestens genauso lange, wenn nicht noch länger, bis zur Anerkennung angedauert hat wie der im Kosovo?

Zur UN: Warum hat die EU sich selbst nicht an die Resolution 1244 (?) gehalten, in der die terretoriale Integrität Serbiens garantiert wird? Ist der Westen moralischen überhaupt in der Lage Russland Völkerrechtsbruch vorzuwerfen, angesichts eigener Verstöße gegen das Völkerrecht, insbesondere seitens der USA?

Darüberhinaus wird Russland lautstark Unverhältnissmäßigkeit vorgeworfen. Erst vor kurzem kamen durch einen US Luftangriff sehr viele Zivilisten ums leben. Ist die Bombadierung afghanischer Dörfer verhältnissmäßig? Wenn nein, warum wird der USA nicht in derselben Weise Unverhältnissmäßigkeit vorgeworfen wie Russland?

Wäre, angesichts dieser letzteren Tatsachen, eine militärisch-sicherheitspolitische Distanzierung von der USA seitens der EU oder zumindestens Deutschlands nicht längst angebracht? Zumal, der Einfluss der USA in Europa einen destabilisierenden Faktor darstellt, und die Interessen der USA welt- und europapolitisch denen Deutschlands teilweise sehr entgegenstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Leonard Euler

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Euler,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Es ist schwierig, Aussagen über die Dauer von Konflikten zu treffen, da sie oftmals viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte zurückreichen. Dies ist gerade in Regionen wie dem Balkan oder dem Kaukasus der Fall. Daher kann die Konfliktdauer im Kosovo und in Georgien auch nur schwer miteinander verglichen werden. Meine Antwort an Herrn Oßwald bezog sich auch nicht auf die Dauer der Konflikte bzw. die Anerkennung der Konflikte. Vielmehr habe ich darauf hingewiesen, dass es auf dem Balkan nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen und dem Beginn der Uno-Mission neun Jahre ging, bis die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt wurde. Im Falle Georgiens und seiner Provinzen ging es nach Beginn der Angriffe nur wenige Tage bis zur Anerkennung durch Russland.

Zur VN-Resolution 1244 möchte ich anführen, dass diese nichts zum endgültigen Status des Kosovo aussagt und sein Rechtsstatus nicht explizit festgelegt wird. Allerdings haben die unterzeichnenden Staaten in der Resolution bekräftigt, die „Souveränität und territoriale Integrität“ zu wahren. Letzten Endes handelte es sich bei der Anerkennung zunächst um eine politische und nicht um eine juristische Frage. Es ist davon auszugehen, dass der Kosovo auf längere Zeit ein internationales Problem bleiben wird. Zum Unterschied zwischen der Anerkennung von Südossetien und Abchasien durch Russland und der des Kosovo durch den Westen verweise ich Sie auf meine Antwort an Herrn Oßwald vom 28. August 2008.

Nach meiner Ansicht dürfen der Georgien-Konflikt und die Lage in Afghanistan, wo die internationale Gemeinschaft gegen den Terrorismus kämpft, nicht in einen Topf geworfen und miteinander verglichen werden. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche Ausgangslagen. Nichtsdestotrotz ist im Falle Russlands der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit schwer von der Hand zu weisen ist. Im Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan ist der Gegner hoch technologisiert, mit moderner Waffentechnik ausgestattet und durch den „Einsatz“ von Selbstmordattentätern (zum Teil Frauen und Kinder) unberechenbar. Allein daher sind Attribute wie „verhältnismäßig“ oder „unverhältnismäßig“ hier unpassend. Allerdings darf es bei der Bekämpfung von Zielen in Afghanistan durch die USA keine zivilen Opfer geben, das steht außer Frage. Leider kommt dies in letzter Zeit viel zu oft vor. Dies führt natürlich zu einem Vertrauensverlust in der afghanischen Bevölkerung.

Für eine Distanzierung von den USA durch die EU oder Deutschland sehe ich keinen Anlass. Allerdings darf und muss man in der transatlantischen Partnerschaft auch Kritik üben dürfen. So hat beispielsweise Bundesverteidigungsminister Dr. Jung bei seinem Besuch in Pakistan Anfang September die USA mit deutlichen Worten für die Durchführung einer Militäraktion auf pakistanischem Boden kritisiert.

Ihre Auffassung, nach der der „Einfluss“ der USA in Europa einen destabilisierenden Faktor darstellt, teile ich nicht.

Mit freundlichen Grüßen,

gez. Ernst-Reinhard Beck