Sehr geehrter Herr Rüddel,
da sie dem "Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" in der Abstimmung zugestimmt haben, möchte ich Sie fragen, inwieweit Sie sich überhaupt intensiv damit haben beschäftigen konnten.
Ihr werter CDU-Kollege, Herr Hans-Jürgen Irmer beschreibt die Vorgehensweise bei diesem Gesetz folgendermaßen:
"...Erste Lesung Anfang November, dann ein erster Änderungsantrag am 13.11., eine Sondersitzung am 16.11. nachmittags, alle Unterlagen dafür kamen per Mail um 12.59 Uhr mit elf Änderungsanträgen, einer fehlenden Synopse, so dass ein normaler Abgeordneter auch nicht ansatzweise seriös in der Lage ist, diesen Gesetzentwurf, der erhebliche Auswirkungen haben kann, durchzuarbeiten..."
Wie sehen Sie diese "Durchpeitschung" eines Gesetzes mit erheblichen Konsequenzen. Dazu dann noch die prompte positive Abstimmung im Bundesrat und Ratifizierung durch den Bundespräsidenten am gleichen Abend.
Bei solch einem Vorgang kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, das sich Abgeordnete ausreichend und gewissenhaft mit diesem Gesetz auseinandergesetzt haben konnten.
Und zum Schluß noch eine Frage. Wie sehen Sie die Kritik des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, bei der es heißt:
"...Der Deutsche Bundestag ist mithin frei, (jeweils) eigene Kriterien für die Ausrufung der epidemischen Lage zugrunde zu legen. Die in § 5 Abs. 1 S. 2 IfSG angesprochenen „Voraussetzungen für ihre Feststellung“ nach deren Wegfall die epidemische Lage aufzuheben wäre, sind nicht durch weitere Merkmale unterlegt. Der Beschluss des Bundestages ist also maßgebend, unabhängig davon, ob tatsächlich eine epidemische Lage angenommen werden kann..."
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold Schmidt