Frage an Eva Högl bezüglich Wirtschaft

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Eva Högl zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Bernd M. •

Frage an Eva Högl von Bernd M. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag,

Der Zuschaueranteil für ARD und ZDF liegt bei mageren 22%, bei den jungen Zuschauern (14-49 jährige) sogar nur bei ca.11%.
http://www.quotenmeter.de/n/96176/der-tv-markt-im-september-prosieben-erwacht-aus-dem-sommerschlaf-sat-1-nickt-ein
Klar, Kinder sehen Filme bei RTL und Pro Sieben (junger Zuschaueranteil 20%!, vergleichen Sie das mal mit ARD/ZDF) oder im Internet, aber doch nicht ARD und ZDF, schnarch…..

Und die ganzen Sender wie ZDF neo, usw. bringen uralte Wiederholungen, was soll das?

Kosten tut uns Bürgerinnen das Staatsfernsehen durch die Zwangsgebühren 8 Milliarden (!) im Jahr, für Programme, die nur noch wenige sehen: Schlechte Leistung, viel Geld! Und nun fordern die Sender noch höhere Zwangsgebühren, ein Unding. Wie lange soll das mit den Gebühren noch gehen? Wie stehen Sie dazu?

Die Versorgung (Gehälter, Pensionen, usw.) bei den Staatsendern liegt weit über der des öffentlichen Dienstes (FAZ, 2.10.17), da gehen also unsere Gebühren hin (FAZ, 2.10.17).

Nun wollen diese Sender von 2020 bis 2028 2 Milliarden einsparen. Mal rechnen: 8 Jahre mal 8 Milliarden = 64 Milliarden. Davon 2 Mrd. sparen = 3%, Toll, knapp 0,4% pro Jahr. Offensichtlich hat sich hier eine Selbstbedienungsmentalität durchgesetzt, unsere Politiker nicken dies offensichtlich alles ab.
Wie stehen Sie zur Luxusversorgung in den Staatssendern und zu den hohen Gebühren?

Ich meine, es sollte nur noch zwei Staatssender geben: ARZDFD und einen Regionalsender. Dort nur Politik, Wissenschaft, Verbraucherschutz, Lokalnachrichten u.ä. als Programm, Unterhaltung können die Privaten besser.

Unterstützen Sie das teure Staatsfernsehen mit geringen Zuschauerquoten oder streben Sie eine Reduzierung und Senkung der Gebühren an?

Oder stützen viele Politiker die teuren Staatssender, weil sie über die Verwaltungsräte politischen Einfluss auf die Programme nehmen können? Kommt mir glaubwürdig vor, wie denken Sie?

Wütend u. Grüße

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihr Schreiben auf abgeordnetenwatch.de zum öffentlich-rechtlich Rundfunksystem und den erhobenen Rundfunkgebühren.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Anspruch, hochwertiges und unabhängiges Programm für alle Menschen anzubieten, politische Willensbildung zu fördern und übergreifende politische Debatten zu ermöglichen. Vor allem in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung ist dies von herausragender Bedeutung. Am Tag der Bundestagswahl verzeichnete die „Tagesschau“ beispielsweise mit 9,60 Millionen die höchste Reichweite des Monats, gefolgt von der Übertragung des „TV-Duells“ am ersten September-Sonntag mit 9,33 Millionen. Ich bin daher der Überzeugung, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine zentrale Bedeutung zukommt und es sehr wichtig ist, dass es ihn gibt und dass wir ihn erhalten. Ich halte ich es daher für legitim und notwendig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanziell in Form der erhobenen Rundfunkgebühr zu unterstützen, damit dieser seine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen kann.

Ein rein privatorganisiertes Rundfunksystem mit dem dort vorherrschenden Quotendruck könnte diese Aufgabe nicht erfüllen. Zudem möchte ich nicht, dass rein wirtschaftliche Interessen entscheiden, welche Programme und Inhalte gezeigt werden und welche nicht. Denn hochwertige und vielfältige Medienangebote sind nur mit wirtschaftlicher und politischer Unabhängigkeit und langfristiger finanzieller Planbarkeit möglich.

Ihre Auffassung, dass über die finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Politiker*innen Einfluss auf seinen Inhalt genommen wird, teile ich nicht. Denn die von Ihnen angeführten Einsparungen, bei gleichzeitiger Wahrung des Auftrags von ARD, ZDF und Deutschlandradio, geschah gerade auf Veranlassung der Politik. Nur so kann der Rundfunkbeitrag in Höhe von derzeit 17,50 Euro stabil gehalten werden.

Eine mögliche Beeinflussung durch die Politik auf die inhaltliche Gestaltung des Programmes ist zudem nicht möglich, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk politisch und rechtlich Ländersache ist. Die 16 Bundesländer legen im Rundfunk- und Rundfunkgebührenstaatsvertrag den gesetzlichen Rahmen fest, den die Rundfunkanstalten dann autonom und politikfern ausfüllen. Dies gilt sowohl für die Rundfunkbeitragserhebung als auch für die programmliche Gestaltung. Es hat gute historische Gründe und ist bewährtes Prinzip, dass der Einfluss der Politik auf die Rundfunkausgestaltung auf ein Minimum begrenzt ist.

So fungieren beispielsweise beim Rundfunk Berlin-Brandenburg ein Rundfunkrat und ein Verwaltungsrat als Kontrollorgane. Sie überwachen die Einhaltung des im rbb-Staatsvertrag festgelegten Auftrages sowie die Geschäftsführung der Intendantin/des Intendanten und beraten in allgemeinen Angebotsangelegenheiten.
Der für vier Jahre gewählte Verwaltungsrat hat acht Mitglieder. Dem ebenfalls für vier Jahre gewählte Rundfunkrat gehören 29 Mitglieder an. Sie setzen sich aus Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammen. Im Verwaltungsrat stammt kein Mitglied aus dem politischen Bereich. Im Rundfunkrat werden sieben Personen aus dem Berliner Abgeordnetenhauses entsendet, ein Mitglied amtiert als Bürgermeisterin einer brandenburgischen Kreisstadt. Die Mitglieder des Rundfunkrates sind allerdings ausdrücklich nicht an Aufträge von Parteien oder Organisationen gebunden! Die pluralistische Zusammensetzung des Rundfunkrates garantiert, dass er das öffentliche Leben und damit die Allgemeinheit der Länder Berlin und Brandenburg vertritt!

Zum Reformbedarf der Rundfunkgebühren, zu der ich mich in einer vorherigen Antwort auf dieser Plattform geäußert habe, nehme ich gerne noch einmal Stellung:
Aus vielen Gesprächen mit Bürger*innen weiß ich, dass der Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht selten einen wesentlichen Anteil an dem monatlich zur Verfügung stehenden Einkommen ausmacht. Nicht jede*m ist es möglich, die Gebühren ohne weiteres zu bezahlen.

Deshalb fordere ich, dass wir den Rundfunkbeitrag dort besser und sozial gerechter ausgestalten müssen, wo Nachbesserungen nötig sind.

Die Berliner SPD hat einen Antrag beschlossen, dass nicht nur Empfänger*innen von staatlichen Transferleistungen vom Beitrag befreit werden sollten. Auch Geringverdienende mit einem Einkommen knapp über dem Transferleistungssatz, vor allem Studierende, Rentner*innen und Selbstständige sollten eine Befreiung oder Verringerung des Beitrags erhalten. Die Regelungen zu Schwerstbehinderten sind ebenso einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses wurden aufgefordert, sich bei der Evaluation und eventuellen Nachbesserungen für die Beachtung dieser sozialen Gesichtspunkte einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Eva Högl