Frage an Ewald Schurer bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Ewald Schurer
SPD
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Frage an Ewald Schurer von Peter M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Kandidat,

Fast alle in Europa haben ihn. Warum wir nicht?
Ich meine den Mindestlohn in Deutschland.
Laut einer aktuellen Studie des DGB würde ein Mindestlohn millionen von Geringverdienern helfen und die Konjunktur ankurbeln. Fast vier Millionen ArbeitnehmerINNEN welche Vollzeit arbeiten und deren Familien würden davon profitieren. Zusätzlich etwa fünf Millionen ArbeitnehmerINNEN die geringfügig oder teilzeitbeschäftigt sind. Durch diesen Konsumschub würden bis zu 225 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Brauchen nur die Banken Rettungsschirme, oder brauchen nicht auch die Niedriglöhner einen Schutzschirm?
Wie ist Ihre Meinung zum Mindestlohn?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maier,

herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 13. August 2009, in der Sie mich um eine Stellungnahme zum gesetzlichen Mindestlohn bitten.

Wie meine ganze Partei trete ich ein für gerechte Löhne, für gute Arbeit. Jeder Mensch muss in Würde arbeiten können. Dazu gehört auch eine gerechte Entlohnung. Wettbewerb muss über bessere Produkte und Dienstleistungen, effizienteres Management und klügere Ideen stattfinden - nicht aber über Niedriglöhne. Nur so bringen wir den Standort Deutschland voran. Wer Dumpinglöhne zahlt, beutet doppelt aus: die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch alle Steuerzahler. Denn sie müssen für die ergänzenden Hilfen des Staates aufkommen. Die SPD hat bereits Erfolge in dieser Legislaturperiode im Bereich Mindestlohn gegen den erbitterten Widerstand der Unionsparteien erzielen können. Das reicht aber nicht, deshalb kämpfen wir weiter für einen flächendeckenden Mindestlohn.

Viele Unternehmen in Deutschland zahlen faire Löhne, so dass in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können. Eine steigende Anzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die voll erwerbstätig sind, müssen zur Sicherung des Lebensunterhalts aber auf ergänzende Leistungen des Staates zurückgreifen. Es handelt sich dabei um rd. 1,2 Millionen Menschen, die ergänzend zu ihrem Lohn oder Gehalt Arbeitslosengeld II erhalten. Es ist nicht nur ein gesellschaftlicher Skandal, dass Menschen, trotz Arbeit auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Es ist auch ökonomischer Unsinn, weil der Staat damit dauerhaft einen Teil der Löhne zahlt.

Diesen Unfug wollen wir beenden. Menschen, die Vollzeit arbeiten, müssen von ihrer Arbeit auch menschenwürdig leben können. Armutslöhne sind kein solides Fundament wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung. Ich gebe Ihnen völlig Recht, wenn Sie sagen, dass ein flächendeckender Mindestlohn die Binnennachfrage ankurbeln würde. Mehr Geld bei den ArbeitnehmerInnen und deren Familien bedeutet natürlich ein erhöhtes Konsumverhalten und somit eine stabilere Konjunktur. Dass damit neue Arbeitsplätze verbunden sind, zeigen die Mindestlohnregelungen in unseren europäischen Nachbarstaaten. Weder in Frankreich noch in England leidet der Arbeitsmarkt oder die Generierung von neuen Arbeitsplätzen unter den gesetzlich festgelegten Mindestlohnregelungen.

In unserer Regierungszeit ist es uns gelungen, wichtige Branchen in das sog. Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen. Insgesamt 9 Branchen mit über 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, haben jetzt Zugang zum Instrument der Mindestlohnverordnung und sind so vor Lohndumping geschützt.

Im Einzelnen handelt es sich um das Bauhauptgewerbe (einschließlich dem Maler- und Lackiererhandwerk, dem Dachdeckerhandwerk und dem Elektrohandwerk), das Gebäudereinigerhandwerk, die Briefdienstleistungen, die Pflegebranche, die industriellen Großwäschereien, das Wach- und Sicherheitsgewerbe, die Abfallwirtschaft, die Aus- und Weiterbildung sowie die Bergbauspezialdienste, für die ein Mindestlohn existiert. Gerade in der Großen Koalition war es nicht leicht, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auszuweiten. Gegen den massiven Widerstand der Union ist es uns aber gelungen, die rund 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzusichern.

Das ist ein erster Teilerfolg. Unser Ziel bleibt, in der nächsten Legislaturperiode für einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn zu sorgen. Die Novelle des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes soll dort, wo das Arbeitnehmerentsendegesetz nicht greift, nämlich in Branchen mit einem Organisationsgrad unterhalb von 50 Prozent, die Festlegung von allgemeinverbindlichen Mindestarbeitsbedingungen - insbesondere von Mindestlöhnen - ermöglichen. Das vertreten wir auch offensiv im Bundestagswahlkampf. Die Union versucht dies zu unterlaufen und vergisst dabei die arbeitende Bevölkerung.

Mit freundlichen Grüßen

Ewald Schurer, MdB