Frage an Gabriele Zimmer bezüglich Innere Sicherheit

Portrait von Gabriele Zimmer
Gabriele Zimmer
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gabriele Zimmer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Lutz E. •

Frage an Gabriele Zimmer von Lutz E. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Zimmer,
die aktuellen Ereignisse um die Bespitzelungspraxis des US-Nachrichtendienstes NSA und des britischen Geheimdienstes GHCQ berühren auch die Interessen der Menschen im Wahlkreis 195.
Es geht hier nicht um irgendwelchen technischen Schnick-Schnack, auch nicht um den Kampf gegen den Terrorismus, denn dann wären wir alle, die Internetnutzer Terroristen, es geht um unser verfassungsmäßig verankertes Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung. Datenerfassung und Datenspeicherung ohne richterlichen Beschluss und hinreichendem Tatverdacht machen uns zu gläsernen Menschen.
Schon vor etwa zwölf Jahren wurde mit der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichtes des EU-Parlaments bekannt, dass der US-Nachrichtendienst, Daten der privaten Kommunikation und Wirtschaftsdaten über das Programm ECHOLON abschöpfte.
Meine Frage an Sie als Bundestagsabgeordneter:

1.Haben Sie von der Ausspähpraxis der Geheimdienste, auch im Rahmen des Programms Echolon gewusst?
2.Wenn ja – was haben Sie dagegen unternommen, um die Grundrechte der Wähler ihres Wahlkreises zu schützen?
3.Welche Konsequenzen werden Sie aus den Ereignissen ziehen, um so etwas zukünftig zu verhindern bzw. zumindest beherrschbarer und transparenter zu gestalten?
4.Werden Sie dafür sorgen, dass die betroffenen Bürger Ihres Wahlkreises über Art und Umfang Ihrer Bespitzelung informiert werden?

Herzlichen Dank im Voraus – mit freundlichen Grüßen

Lutz W. Eichler

Portrait von Gabriele Zimmer
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Eichler,

Danke für ihre Anfrage.

Ich kann ihre Empörung absolut nachvollziehen. Über das Ausmaß waren auch hier in Brüssel alle überrascht.
Selbst EU-Büros, Botschaften von EU-Staaten und besonders Deutschland wurden in großem Stil ausspioniert.
Das Ausmaß ist unfassbar!

Gerade die letzten Ereignisse in London zeigen, dass die Pressefreiheit und fundamentale Grundrechte beim Vorgehen der Geheimdienste keine Rolle mehr spielen.
Der Lebensgefährte von Glenn Greenwald, der die Enthüllungen von Edward Snowden öffentlich gemacht, wurde am Londoner Flughafen neun Stunden ohne direkt betroffenen Terrorverdacht
und ohne juristischen oder konsularischen Beistand verhört. Somit werden im Namen von Terrorbekämpfung fundamentale Grundrechte ausgehebelt.
Bereits der NSU-Skandal hat dargelegt, inwieweit die Geheimdienste komplett versagt haben. Geheimdienste schützen die Demokratie nicht, sondern gefährden sie. Wir werden als EuropaparlamentarierInnen diesen Skandal im Europaparlament skandalisieren. Allerdings ist jetzt schon klar, dass hier die Kompetenzen des EP im Vergleich zu den nationalen Parlamenten eingeschränkter sind.

DIE LINKE fordert seit langem strikt die Abschaffung von Geheimdiensten. Denn Behörden dieser Art sind nur schwer unter demokratische Kontrolle zu stellen.
In Deutschland "überwachen" gerade einmal 12 Mitglieder des Bundestages die Arbeit der Geheimdienste und sind zu strengster Geheimhaltung verpflichtet.
Außerdem entscheidet die Bundesregierung, welche Informationen das Kontrollgremium erhält. Von Parlamentarischer Kontrolle kann hier kaum die Rede sein.
Somit ist ein Missbrauch der Verfassungsschutzämter für parteipolitische und Regierungszwecke vorprogrammiert.

DIE LINKE fordert die sofortige Offenlegung aller Ausspähvereinbarungen und die Beendigung dieser internationalen Zusammenarbeit der Geheimdienste, die weltweit die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger massenhaft verletzen. Aber das brutale Vorgehen der Geheimdienste in London zeigt auch, dass wir bei weitem noch nicht alles wissen.
Wir werden mit wertlosen "No Spy-Abkommen" abgefüttert ohne dass die Kooperationsvereinbarungen der Geheimdienste offengelegt werden. Somit werden wir selbst nach diesen Skandalen nicht über die Machenschaften der Dienste informiert und sind ihnen ausgeliefert.

Wenn Regierungen zusätzlich ihre Geheimdienste dazu einsetzen, um Kritiker einzuschüchtern, ist die Demokratie und nicht nur die Pressefreiheit gefährdet.
Im Anbetracht dieser Tatsachen ist es ein Versagen der Bundesregierung , wenn Merkels Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator Pofalla weiterhin vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium behauptet, alles sei in Ordnung.

All diese Enthüllung verdanken wir Edward Snowden und deshalb haben wir schon frühzeitig gefordert, dass Deutschland ihm politisches Asyl gewähren muss.

Mit freundlichen Grüßen

Gabi Zimmer