Frage an Georg Eisenreich bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Georg Eisenreich
CSU
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Frage von Elisabeth H. •

Frage an Georg Eisenreich von Elisabeth H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Eisenreich,

ich habe das Gefühl, dass die CSU bei Europafragen und bei der Zuwanderung immer schimpft, wenn es zu spät ist.
Statt sich über die "Armutszuwanderer" aufzuregen, könnten Sie die EU-und Zuwanderungspolitik ändern. Außerdem keine neuen Länder mehr in die EU aufnehmen, die dafür untauglich sind.
Erstmals werde ich daher künftig nicht mehr die CSU wählen.

Wie man in diesem Beitrag sah, kam ein ganzes Dorf nach Berlin:

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2013/rumaenien-fantanele-100.html

Warum ist die Politik nicht so ehrlich und sagt: " Das ist der Preis für Europa"?

Vielleicht wäre es mal an der Zeit, die Bevölkerung zu fragen, ob sie noch mehr solche Zuwanderung und noch mehr EU-Staaten möchte, die aus meiner Sicht nicht EU-reif sind. Was meinen Sie dazu?

Von 240.000 neuen Stellen sollen in diesem Jahr laut diesem Bericht nur 37.000 neue Stellen an Arbeitslose, aber der Großteil an Zuwanderer gehen:
http://www.rp-online.de/wirtschaft/auch-2014-wird-es-keinen-job-boom-geben-aid-1.3708096

Ich finde es nicht gut, dass man sich in Deutschland damit abgefunden hat, dass manche Menschen offensichtlich keine Chance auf einen Arbeitsplatz haben. Finden Sie so eine Entwicklung gut? Wenn die eigenen Arbeitslosen abgeschrieben sind?

Worin besteht der Unterschied zwischen "Armutszuwanderer" und Arbeiter? Für die Stelle die ein Zuwanderer bekommt, müssen wir doch einen hier lebenden Menschen mit Sozialhilfe ausstatten, wenn er die offene Stelle nicht bekommt, oder?

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Huber

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CSU

Sehr geehrte Frau Huber,

vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte.

Zunächst einmal bekennt sich die CSU-Fraktion natürlich zur Freizügigkeit in der Europäischen Union. Das allen Unionsbürgern zustehende Recht auf Freizügigkeit zählt zu den wichtigen Errungenschaften der Europäischen Einigung. Den unbestrittenen Vorzügen dieser Freizügigkeit stehen allerdings auch einige nicht unerhebliche Probleme gegenüber. Wie immer gilt: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit soll freien Zugang zum Arbeitsmarkt gewährleisten, sie soll allerdings nicht den Zugang zu unseren Sozialsystemen eröffnen. Daher gilt es zu verhindern, dass ausländische Unionsbürger allein zum Zwecke des Sozialleistungsbezugs nach Deutschland kommen, ohne dabei ernstzunehmende Bemühungen um einen Arbeitsplatz zu zeigen. In diesen Fällen wird das vornehme Recht auf Freizügigkeit missbräuchlich ausgenutzt. Das aber erschüttert wiederum die gesamteuropäische Solidarität und gefährdet auf diese Weise die europäische Integration. Wenn wir den Zusammenhalt in der Europäischen Union dauerhaft sicherstellen wollen, dann müssen wir offensichtlichen Missbrauch wirksam verhindern.

Die uns vorliegenden Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Zahl der Hartz-IV-Bezieher aus dem EU-Ausland ist auf Bayern bezogen von 2007 bis 2013 um 11,6 Prozent angestiegen, bei Bulgaren und Rumänen beträgt der Anstieg sogar 141,6 Prozent. Im selben Zeitraum ist die Zahl der deutschen Hartz-IV-Bezieher in Bayern dagegen um 25,3 Prozent gesunken. Auf das gesamte Bundesgebiet bezogen stellt sich die Lage sogar noch eindeutiger dar: Die Zahl der deutschen Hartz-IV-Bezieher ging seit 2007 um 18,2 Prozent zurück, während bei den EU-Bürgern eine Steigerung um 20,2 Prozent, bei den Rumänen und Bulgaren sogar um 280 Prozent zu verzeichnen war. Diese Entwicklung stellt nicht zuletzt auch die Kommunen vor erhebliche Schwierigkeiten, denn sie müssen zumindest Notunterkünfte, Grundversorgung bei der Ernährung und medizinische Notversorgung sicherstellen. Die zunehmende Dynamik des Zuzugs von erwerbslosen Rumänen und Bulgaren verschärft diese Problematik zusätzlich und bringt für viele Kommunen erhebliche finanzielle Belastungen.
Davon zu unterscheiden ist u.a., wenn Menschen nicht aus der EU kommen und politisch verfolgt sind. Diese Menschen haben nach unserer Verfassung ein Recht auf Asyl.

Unsere Glaubwürdigkeit bei der Frage nach der Zukunft der Europäischen Integration hängt davon ab, dass wir Missbrauch abstellen. Deshalb wollen wir Anreize zur Zuwanderung in unsere Sozialsysteme abbauen und Missstände wirksam verhindern. Bayern hat hierzu bereits eine Reihe von Vorschlägen entwickelt, die nun auf nationaler und europäischer Ebene diskutiert und umgesetzt werden müssen. Die Palette reicht dabei von der europarechtlichen Absicherung des dreimonatigen Leistungsausschlusses bis zur Schaffung effektiverer Strukturen gegen die Scheinselbständigkeit und der Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern.

Das angeschlagene Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU kann nach unserer Auffassung nur dadurch zurückgewonnen werden, wenn Missbrauch der Arbeitnehmerfreizügigkeit bekämpft wird. Das Recht auf Freizügigkeit ist ein hohes Gut in einer starken europäischen Gemeinschaft, es ist Garant für wirtschaftliche Prosperität und einen liberalen Arbeitsmarkt. Wir werden uns aber weiter mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Erfolge nicht durch die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen gefährdet werden.

Leider wurden in der Vergangenheit Länder in die EU aufgenommen, die nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllt haben. Aus meiner Sicht muss daher, bevor über die Aufnahme weiterer Länder nachgedacht wird, erst eine Konsolidierung der EU stattfinden. Außerdem trete ich dafür ein, dass es zur Frage von zukünftigen Erweiterungen der EU auch in Deutschland Volksabstimmungen gibt.

Die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt nach meiner Überzeugung nicht verschlechtern. Wir haben in Bayern im März 2014 mit 4,1 Prozent eine niedrige Arbeitslosenquote und mit 3,4 Prozent sogar die niedrigste Jugendarbeitslosenquote. Für die Zukunft stehen wir vielmehr vor der großen Herausforderung, dass wir nach entsprechenden Prognosen einen Mangel sowohl an beruflich qualifizierten Fachkräften als auch an Akademikern haben werden.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Georg Eisenreich, MdL

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