Frage an Gerda Hasselfeldt von Ute M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
Sie haben heute bei einer Diskussion im Bayerischen Fernsehen erklärt, daß es Abkommen mit anderen Ländern über doppelte Staatsbürgerschaften nur dann gibt, wenn das Rechtssystem in diesen Ländern mit dem deutschen Rechtssystem vereinbar oder vergleichbar ist. Können Sie mir bitte erklären, warum es mit Australien diese Möglichkeit nicht gibt? Andere Europäische Staaten haben dies. Ist Ihrer Ansicht nach Australien kein vergleichbarer Rechtsstaat? Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.
Vielen Dank
Sehr geehrte Frau Madl,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage zum Thema der doppelten Staatsbürgerschaft. In der von Ihnen angesprochenen Gesprächsrunde des Sonntags-Stammtisches im Bayerischen Fernsehen am 21. April hatte ich mich dahingehend geäußert, dass die CSU auch in Zukunft das Prinzip der Vermeidung der Mehrstaatigkeit befürwortet. Staatsbürgerschaft setzt ein Band der Loyalität und ein klares Bekenntnis zum Staat voraus. Mit dem Prinzip der einfachen Staatsbürgerschaft werden gespaltene Loyalitäten, insbesondere bei jungen Generationen, sowie zahlreiche konkrete praktische und rechtliche Probleme der generellen doppelten Staatsangehörigkeit, etwa bei den Themen Auslieferung, Abschiebung von Straftätern, Wehrpflicht, aber auch beim Wahlrecht und bei der Berechtigung zu Sozialleistungen, vermieden. Bei in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern gilt das Optionsmodell, bei der nach Erreichung der Volljährigkeit bis spätestens mit Vollendung des 23. Lebensjahrs eine Wahl der Staatsbürgerschaft getroffen werden muss. Aus unserer Sicht sollte der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses stehen. Zudem zeigen die kontinuierlich veröffentlichten Zahlen, dass sich die jungen Menschen, die in den Anwendungsbereich des Optionsmodells fallen, mit großer Mehrheit bereits weit vor ihrem 23. Geburtstag für die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden. Aus unserer Sicht stellt das Optionsmodell daher einen Kompromiss dar, der sich in der Praxis bewährt hat.
Davon abgesehen ist es richtig, dass es in Ausnahmefällen die Möglichkeit der mehrfachen Staatsangehörigkeit gibt. Wichtigster Fall ist die doppelte Staatsbürgerschaft von Angehörigen von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bzw. der Schweiz mittels völkerrechtlicher Verträge. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der fortgeschrittenen Integration innerhalb der Europäischen Union und dem rechtlichen Status der Unionsbürgerschaft gerechtfertigt. Sonstige Ausnahmen vom Prinzip der einfachen Staatsangehörigkeit bestehen, wenn nach dem Recht des ausländischen Staates eine Rückgabe bzw. Entlassung aus der Staatsangehörigkeit nicht möglich ist. Auch in diesen Fällen lässt das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht zwei Staatsangehörigkeiten zu. Von diesen Ausnahmen abgesehen gilt grundsätzlich sowohl für Deutsche als auch für ausländische Staatsbürger, dass der Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führt bzw. der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft die Aufgabe der anderen Staatsbürgerschaft voraussetzt. Bei deutschen Staatsbürgern kann der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft vermieden werden, wenn dem Einzelnen auf Antrag eine Beibehaltungsgenehmigung erteilt wird. Eine solche Genehmigung unterliegt einer individuellen Prüfung jedes Einzelfalls. Sie kann dann erteilt werden, wenn fortbestehende Bindungen an Deutschland etwa durch nahe Verwandte im Inland oder den Besitz von Immobilien glaubhaft gemacht werden können. Dies gilt auch für den von Ihnen angesprochenen Fall des Erwerbs der australischen Staatsangehörigkeit.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Erläuterungen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerda Hasselfeldt, MdB