Frage an Gerhard Pfisterer bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Gerhard Pfisterer
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Frage von Hubert B. •

Frage an Gerhard Pfisterer von Hubert B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Gerhard Pfisterer,

als Betriebsratsvorsitzender nehme ich an, sind Sie Mitglied in der IG Metall? Meines Wissens pocht der IG Metall-Vorstand, allen voran der IG Metall Vorsitzende Bertolt Huber auf sogenannten "Unvereinbarkeitsbeschlüssen" gegenüber der MLPD. Bekommen Sie als BR-Vorsitzender da keine Probleme mit ihrer Kandidatur?

Wie stehen denn Ihre Kollegen in Betrieb und im Betriebsrat zu Ihrer Kandidatur?

Herzliche Grüße

Hubert Bauer

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Antwort von
MLPD

Vielen Dank für die Frage Herr Bauer.

In der Tat gibt es seit 1973 sogenannte "Unvereinbarkeitsbeschlüsse" des IG Metall Vorstandes, die die Mitgliedschaft bzw. bereits Unterstützung bestimmter linker Organisationen als "unvereinbar" mit der Mitgliedschaft in der IG Metall erklären. Angewandt wurden diese Beschlüsse in den 70er Jahren gegen verschiedene "K-Gruppen" u.a. auch gegenüber der Vorläuferorganisation der MLPD. Gegen diese Unvereinbarkeitsbeschlüsse gab es von Anfang an Protest innerhalb der IG Metall und auch entsprechende Anträge auf den jeweiligen Gewerkschaftstagen. Das hat den IG Metall Vorstand Anfang der 80er Jahren veranlasst, die Beschlüsse zu überprüfen. Dazu hat er ein Gutachten des Otto Suhr Instituts Berlin angefordert. Mit Hilfe dieses Gutachtens sollte die angebliche "Gewerkschaftsfeindlichkeit" der MLPD bewiesen werden. Die Gutachter wussten aber von dieser Aufgabenstellung überhaupt nichts und erklärten auch, dass ihr Gutachten nciht dazu geschrieben wurde, eine angebliche Gewerkschaftsfeindlichkeit der MLPD zu belegen. Der IG Metall Vorstand weigert sich bis heute, das Gutachten zu veröffentlichen.

Auf dem 20. Gewerkschaftstag hat die Antragskomission des Gewerkschaftstages die Anträge zur Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse zur Nichtabstimmung empfohlen mit dem Argument, "erledigt durch Praxis" - mit andern Worten, die Unvereinbarkeitsbeschlüsse würden nicht mehr angewandt. Würde das stimmen, hätten die ausgeschlossenen Mitglieder wieder aufgenommen werden müssen. Das ist aber nicht passiert. Auch zum 21. Gewerkschaftstag 2007 lagen von vier Verwaltungsstellen Anträge zur Aufhebung der UVB vor, darunter auch ein Antrag aus meiner Verwaltungsstelle Dortmund (Zustimmung mit über 90%).
Auf dem 21. Gewerkschaftstag argumentierte die Antragskomission, dass der
Gewerkschaftstag über diese Beschlüsse nicht abstimmen könne, da es in die
Richtlinienkompetenz des Vorstandes falle. In der Sache sei man sich "100%ig einig" -
nämlich, dass die Unvereinbarkeitsbeschlüsse fallen müssten.

Im Vertrauen auf diesen klaren Auftrag stellten verschiedene ausgeschlossene Mitglieder erneut einen Wiederaufnahmeantrag. Leider bekamen diese Kollegen eine ablehnende Antwort - mit dem Hinweis, dass der Vorstand die Beschlüsse noch nicht behandelt habe und sie deshlab noch Gültigkeit hätten. Also nichts mit "erledigt durch Praxis." Inzwischen hat der Ortsvorstand der IG Metall Essen einen Ausschlussantrag für die Vertrauenskörperleiterin der IG Metall Yazügül Meister und den BR Horst Dotten gestellt, weil sie auf der Liste der MLPD/Offene Liste zum Bundestag kandidieren.

In einem Brief des IG Metall Vorstandes vom Juli an die MLPD wurden nicht nur die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD gerechtfertigt, sondern auch die Diskussion und der Auftrag des 21. Gewerkschaftstages auf den Kopf gestellt. Das bewusste Übergehen des Willens des Gewerkschaftstages durch den IG Metall Vorstand bzw. zumindest einer Mehrheit verschärft die Auseinandersetzung und schadet der IG Metall. Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse widersprechen nicht nur dem bürgerlichen Recht, weil sie Marxisten-Leninisten aus weltanschaulichen Gründen das Koalitionsrecht verweigert.

Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse widersprechen vor allem dem Grundsatz und den Prinzipien der Einheitsgewerkschaft, die ausdrücklich weltanschaulich offen ist - mit Ausnahme der Faschisten - und ihre Wurzeln vor allem im wissenschaftlichen Sozialismus hat! Bisher ist es in keinem Fall möglich gewesen, Mitgliedern, Sympathisanten oder Kollegen, die mit der MLPD zusammen arbeiten, konkretes gewerkschaftsfeindliches Verhalten vorzuwerfen. Es sei denn, man will innerhalb der Gewerkschaft Kritik an Tarifabschlüssen, taktischen Verhalten, faulen Kompromissen, sozialpartnerschaftlcihen Betriebspolitik, Standortdenken usw. als "gewerkschaftsfeindlich" verbieten. Die angebliche Gewerkschaftsfeindlichkeit der MLPD wird damit "belegt", dass sie für den Sozialismus eintritt, in dem es angeblich keinen Platz mehr für die Gewerkschaften gibt. Wer solchen Unsinn verbreitet hat sich entweder noch nie mit der Politik und Prgrammatik der MLPD auseinandergesetzt, oder er weiß es besser und verdreht die Tatsachen bewusst.

Die MLPD hält die Gewerkschaften nicht nur im Kapitalismus für die wichtigste Selbstorganisation der Arbeiter. Im Sozialismus wächst die Bedeutung und Funktion der Gewerkschaften sogar noch. Sie sind ein wesentliches Mittel der Kontrolle der Arbeiter über die Funktionäre und Politik in Staat und Wirtschaft. Das hat nichts mit der Rolle der Gewerkschaften zu tun, wie wir sie nach der Herausbildung eines bürokratischen Kapitalismus in der DDR und der Sowjetunion kennen. Dort waren die Gewerkschaften ein Instrument der herrschenden bürokratischen Kapitalisten zur Unterdrückung der Arbeiter.

Die MLPD hat diese Entwicklung genau analysiert und die entscheidenden Schlussfolgerungen gezogen: über Sieg oder Niederlage beim Aufbau des Sozialismus entscheidet die Kontrolle der proletraischen Denkweise über die kleinbürgerliche Denkweise der Verwantwortlichen in Staat, Wirtschaft und Partei. Und hierbei spielen die Gewerkschaften eine entscheidende Rolle. Wie aus all dem eine angebliche Gewerkschaftsfeindlichkeit der MLPD konstruiert werden kann, ist mir ein Rätsel. Aber soffensichtlich geht es um was ganz anderes: offensichtlich will eine Mehrheit um Berthold Huber im IG Metall Vorstand die Anerkennung und Verteidigung des Kapitalismus zur Voraussetzung der Mitgliedschaft in den Gewerkschaften machen - das aber widerspricht der Einheitsgewerkschaft und würde auf eine Spaltung der Gewerkschaften hinauslaufen!

Innerhalb der Ortsverwaltung Dortmund gibt es auch Kräfte, die die Unvereinbarkeitsbeschlüsse unterstützen, die sind aber in der Minderheit und trauen sich nicht die Auseinandersetzung offen zu führen. Die Mitglieder der Ortsverwaltung waren zwar die einzigen, die bei der Abstimmung über die Anträge zum 21. Gewerkschafstag gegen die Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse stimmten. Sie lehnen es aber mehrheitlich ab, einen entsprechenden Ausschluss-Antrag wegen meiner Kandidatur zu stellen. Das geschieht bei einem Teil aus Überzeugung, bei einem andern Teil sicher aus taktischen Überlegungen, weil ein entsprechender Antrag so viel Staub weit über Dortmund aufwirbeln würde, dass der politische Schaden weit größer wäre als der Nutzen.

Unter meinen Kollegen stoßen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse auf breite Ablehnung - sie reicht von Unverständnis bis hin zu Empörung. Meine Kandidatur für die Bundestagswahl haben ca. 17% der Beschäftigten mit einer Unterschrift zur Unterstützung der Wahlzulassung unterstützt. D.h. natürlich nicht, dass diese Kollegen automatisch auch mich oder die MLPD wählen. Viele finden den Slogan gut, mit dem ich kandidiere: "Arbeiter in die Politik!". Für Kollegen, die vor allem auf das Parlament setzen, spielt die 5% Klausel eine große Rolle und werden deshalb uU der Linkspartei ihre Stimme geben. Dies geschieht weniger aus Überzeugung und Kenntnis des Parteiprogramms der Partei "Die Linke" sondern ist Ausruck des allgemeinen Linkstrends, der auch unter meinen Kollegen zu spüren ist.

Innerhalbd des Betriebsrates gibt es keine Probleme mit meiner Kandidatur - unsere BR-Arbeit ist in eine Gewerkschaftsarbeit eingebettet, die den Gedanken einer Einheitsgewerkschaft lebt. Trotzdem gibt es natürlich auch in unserer Belegschaft Vorbehalte gegen meine Kandidatur als Widerspiegelung der Wirkung des modernen Antikommunismus. Seine Schwäche kommt aber darin zum Ausdruck, dass die Auseinandersetzung nicht offen, sondern hinten herum geführt wird!

Ich wünsche mir, dass es innerhalb der IG Metall eine breite Bewegung zur Abschaffung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse gibt und dass der Antikommunismus an Einfluss verliert. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die "Dortmunder Erklärung" hinweisen, die auf einer Gewerkschaftskonferenz im Juni von betrieblichen und gewerkschaftlichen Funktionären zur Stärkung der Gewerkschaften verabschiedet worden ist. Sie kann unter http://www.gewerkschafter-aktiv.de nachgelesen und unterstützt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Pfisterer