Frage an Gregor Gysi bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Timo F. •

Frage an Gregor Gysi von Timo F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gysi,

mich würde Ihre Meinung bezüglich der Aussage von Jürgen Trittin vom 9.11.2012 interessieren, dass Frauen das "begabtere Geschlecht" seien, da sie bessere Schulabschlüsse besäßen. Für mich ist das eindeutig Sexismus gegen das männliche Geschlecht.

Ich denke, dass hierbei eher die Schulpolitik für die derzeitige Entwicklung verantwortlich ist, da Mädchen erst in den letzten 15 - 20 Jahren die Jungen überholt haben, was die Bildungsabschlüsse betrifft.

Ich selbst bin für Chancengleichheit unter den Geschlechtern und glaube, dass "Begabung" unter den Geschlechtern gleichmäßig verteilt ist. Der Bildungserfolg hingegen ist m.E. nach ein soziales Faktum. Es sind Menschen, die die schulischen Leistungen von Menschen in von Menschen geschaffenen Institutionen bewerten, weswegen eine biologische Zuschreibung von sozialen Fähigkeiten nicht angemessen ist. Ebenso ist Kriminalität eine soziale Zuschreibung und wird nicht angeboren.

Aus diesem Grunde kann ich die Aussage von Jürgen Trittin nicht teilen und werde die Grünen nicht wählen. Nun interessiert mich, was Sie, stellvertretend für die LINKE, dazu denken.

Mit freundlichen Grüßen

Timo Felkel

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Sehr geehrter Herr Felkel,

Ihre Nachricht vom 5. April hat mich erreicht.

Selbstverständlich ist die Aussage von Jürgen Trittin ziemlicher Blödsinn. Es gibt bei den Geschlechtern unterschiedliche Entwicklungsphasen. Mädchen sind zu einem bestimmten Zeitpunkt reifer als Jungen, lernen dann auch disziplinierter, stehen auch nicht unter dem Wettbewerbsdruck wie Jungen. Das alles hat folgen. Später holen dann wieder die Jungen auf. Natürlich unterscheiden sich die Geschlechter und es gibt durch die Art der Erziehung auch nach wie vor unterschiedliche Verhaltensweisen. Es ist ja nicht zufällig, dass Frauen sehr viel seltener kriminell werden als Männer, Männer sehr viel mehr zu Gewalttaten neigen als Frauen. Aber all das hat tatsächlich mit Sozialisation zu tun, mit vielen anderen Faktoren.

Ich bin strikt dagegen, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu leugnen, ich bin aber ebenso dagegen, unterschiedliche Begabungen festzumachen, dem einen Geschlecht andere Chancen einzuräumen als dem anderen. Das gilt in beide Richtungen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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